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„Gatter“ steht hier für Lettner. Vor ihm stand unter der Vierung der Altar des hl. Johannes des
Täufers26. Am rechten östlichen Vierungspfeiler erhob sich der Fronleichnamsaltar, der nach
1366 mit der Lambertuspfründe verbunden und daher auch Lambertusaltar genannt wurde27.
Wahrscheinlich war an der rechten Chorwand in der Nähe dieses Altars das Sakramentshäuschen,
denn 1479 stiftete Meister Wiesel von Marbach ein Ewiges Licht vor „dem Heiligen Sacrament
in Unser Lieben Frauen Münster . . . und ab das Heilig Sacrament in Änderung des Baues an
ander Ort gestellt wird, soll dies Licht auch allwegen nachfolgen“28. Zu jener Zeit war der neue
Chor im Bau, und vor der Niederlegung der alten romanischen Apsis wurde vermutlich 1506
der Tabernakel in Form einer Sakramentsnische neben dem Heiliggrab-Chörlein im Frauen-
chörle errichtet29. Daß heute noch das Allerheiligste an dieser Stelle verwahrt wird, erfolgt
sicher in Anlehnung an den seit Anfang des 16. Jahrhunderts geübten Brauch. Von dem ur-
sprioedc-hen Tabernakel ist leider nur noch das schöne schmiedeeiserne Gitter des 16. Jahr-
hunäUTS' vorhanden. Weitere zwölf Altäre verteilten sich an der Ost-, Süd- und Nordwand des
Querhauses, in den Kapellen unter den Hahnentürmen, der Peter-und-Pauls-Kapelle, vor den
westlichen Vierungspfeilern und an den Stirnwänden der Seitenschiffe. Der Altar im Frauen-
chörle, das sich im östlichen Joch des südlichen Seitenschiffs befindet und das ein schmiede-
eisernes Gitter abschloß, war nicht der Mutter Gottes, sondern dem hl. Martin geweiht, dessen
Bild die rechte Wand oberhalb des Altars füllte. An diesem Altar stand auch „Unsere Liebe Frau“,
wahrscheinlich ein Bildwerk, denn in der „Ordnung Wegen der Ampeln und Lichtern in dem
Münster“ heißt es: „Item das Licht vor Sant Martins Altar das vor Unser Frauen brennet . . . das
soll Tag und Nacht brennen.“30

Nach dem Präsenzstatut von 1400 zählte man außer dem Fronaltar 16 Altäre, 1482 sogar 2431.
An diesen wurden täglich mehrere Messen gelesen. Am Hohen- oder Fronaltar zelebrierten der
Pfarr-Rektor, der „kilchherr“ und seine vier Kapläne, die „Vierherrn“. An den Nebenaltären
lasen in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts über vierzig Weltgeistliche Tag für Tag die
heilige Messe. Sie waren die Inhaber der von den Freiburgern gestifteten Meßpfründen, die im
Auftrag und in Erfüllung ihrer übernommenen Verpflichtung jeden Morgen im Sinne der
Patrone die Liturgie feiern mußten. Diese Geistlichen, „Präsenzherren“ genannt, durch die
Pfründe fmt dem Münster verbunden, durften keine andere Tätigkeit übernehmen. Sie hatten
nur die Pflicht, sich am gemeinsamen Chorgebet zu beteiligen.

Es ist verständlich, daß die Vielzahl der gottesdienstlichen Aufgaben auch eine große Anzahl von
liturgischen Geräten erforderte. Häufig gaben die Stifter der Pfründe auch das Kultgerät dazu.
Für uns ist dieser gottesdienstliche Brauch heute ungewohnt, aber es ist gut, sich daran zu erinnern,
daß im Mittelalter im Münster täglich von 5 Uhr in der Frühe bis in die späten Morgenstunden
die Messe gefeiert wurde. Im Laufe des 15. Jahrhunderts verringerte sich die Zahl der Präsenz-
herren, da die Einkünfte der im 13. und 14. Jahrhundert gestifteten Pfründen durch wirtschaftliche
Veränderungen sehr zusammenschmolzen, so daß man sich genötigt sah, mehrere zu vereinen32.

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