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eine lebendige Vorstellung vom täglichen Tun im Münster vermitteln. Die Münsterpfleger,
denen die Aufsicht über die Verwaltung des breit gestreuten Vermögens oblag und die verant-
wortlich zeichneten für alles, was die Pfarrkirche betraf, wurden „von einem ersamen rat zu
Freyburg gesetzt und erwelt“36, mußten an der Zahl drei und Mitglieder des Rats sein. Es waren
hochangesehene Persönlichkeiten, oft der Bürgermeister selbst oder sein Vorgänger im Amt,
Herren des Stadtadels, Obrist- und Zunftmeister, also Männer, die sich des Vertrauens nicht nur
des Rates, sondern auch der Bürgerschaft erfreuten. Nach ihrer Wahl gelobten sie vor der Rats-
versammlung dem Bürgermeister in die Hand, ein jeder „bi seinem eid und seiner sei heil,
Unser Frauen das best (zu) tun, iren schaden (zu) wenden und iren nutz (zu) fürteren noch ihrem
vermugen, doch mit hilf des rats, wo inen ein sach zu schwere sein wolt“. Dieses hohe Amt
reicht schon in frühe Zeiten zurück. Zum erstenmal wird ein Münsterpfleger in einer Urkunde
von 1325 erwähnt: „ein pfleger unsere frowen werches ze dem münster ze Friburg“37. Konrad
Schnewlin als Pfleger ist urkundlich 1332 bezeugt38. Auffallend ist, daß damals anscheinend nur
ein Pfleger im Aufträge der Stadt handelte, während in den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts
drei Herren in dieses Amt gewählt wurden.

Ihr Aufgabenbereich war in „Unser Liben Frauen pfleger pfligt“ Umrissen39. Aufmerksam hatten
sie darüber zu wachen, daß sämtliche Einnahmen, die aus dem Vermögen des Münsters erwuch-
sen, gewissenhaft vom Schaffner auf der Hütten eingezogen wurden, auch wenn es sich um
„pfenning“ handelte. Halbjährlich war eine Prüfung der Rechnungsbücher vorzunehmen,
„also das sie alle drei wissent, was ingenommen und usgeben wird“. Sie waren gehalten, dafür zu
sorgen, daß alle Schenkungen und Erbschaften, die dem Münster zufielen, sorgfältig vom
Schaffner angenommen und eingetragen wurden, der ihnen durch Eid verpflichtet war, sie
jederzeit über die Vorgänge zu unterrichten. Wahrscheinlich in weiser Erkenntnis menschlicher
Schwäche und auf Grund vielfach gemachter Erfahrungen durften die drei Pfleger nur gemein-
sam das „gewelb, stocken, bedbugsen, trogen und kisten“, also die Schatzkammer, die Opfer-
stöcke, Sammelbüchsen, Truhen und Kisten öffnen, „darin Unser Frauen gut behalten ist“.
Alle diese Behältnisse waren mit drei verschiedenen Schlössern verriegelt. Jeder Pfleger hatte
jedoch nur einen Schlüssel zu einem Schloß, „das keiner on den andern über kein schloß körnen
mög“. Zudem mußte bei jeder Überprüfung der Münsterschaffner zugegen sein. Durch diese
Vorschrift wurde nicht nur der Besitz des Münsters auf einfachste Weise vor Diebstahl gesichert,
sondern auch die Ehre der Persönlichkeit des Pflegers konnte nie durch eine unbegründete An-
schuldigung angetastet werden. Es war ihnen untersagt, dem Pfarrer und seinen Kaplänen die
Schlüssel zur Kirche auszuhändigen, die nur die Sigristen und der „Bruder vorm Kreuz“ be-
sitzen durften. Zweimal im Jahr leerten sie gemeinsam die Opferstöcke, deren Einnahmen durch
Ratsbeschluß für „Unser Frauen Bau“ bestimmt waren. Dem Schaffner durften sie das Zählen
des Geldes nicht überlassen. Sie gaben diesem nur die eingenommene Summe schriftlich zur
Kenntnis. Nicht eigens erwähnt wird die Überprüfung der Schatzkammer, die alle paar Jahre

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