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„Schuld und Sorge" („Guilt and sorrow") trägt seltsam
den Stempel dieses unsteten Lebens. Einzelne Teile waren
schon in Frankreich begonnen, wesentlich aber wurde es
auf diesen Wanderungen ausgeführt. Besonders der äufse-
ren Gruppierung des Stoffes hat diese Unstetheit geschadet.
Das sehr umfangreiche Gedicht — es zählt neunundsiebzig
neunzeilige Strophen — fällt ganz auseinander. Er selber
hat dies eingesehen und damals nur einen Teil heraus-
gehoben, den er unter dem Titel „die Vagabundin" („the
fcmale vagrant") veröffentlichte. Dieses Stück, die Ge-
schichte eines vom Schicksal umhergeworfenen und ver-
folgten Weibes, hängt mit der Haupterzählung gar nicht
zusammen, und zieht das Interesse von dieser viel zu sehr
ab, als dafs man nicht wünschen müfste, dafs auch bei
der späteren Veröffentlichung die Trennung beibehalten
worden wäre.

Der Held in Schuld und Sorge ist einer jener edlen
Verbrecher, wie sie seit Schillers Eäubern, die alsbald
auch in England übersetzt und viel gelesen wurden, be-
liebt waren. Nach qualvollen Jahren, die er als Matrose,
zu verhafstem Kriege gezwungen, verbracht hat, hofft er
die reiche Beute Weib und Kindern als Entgelt in den
Schoos legen zu können. Als er sich auch um diese
Aussicht betrogen sieht, kennen, seine Wut und Verbitte-
rung keine Grenzen. Nicht mit leeren Händen will er
heimkommen; er erschlägt und beraubt einen Wandrer.
Doch gleich nach der That ergreift ihn das Entsetzen; er
flieht heimatlos, mit dem Kainsfluch beladen.1 Schauer-

1) Brandl, Coleridge p. 206 sieht hierin einen direkten
Einflufs von Gefsners Tod Abels, der Wordsworth, wie aus
einer Erwähnung im Prelude lib. V hervorgeht, bekannt war.
Doch ist die Ähnlichkeit wohl zu schwach, als dafs man auf he-
 
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