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— 149 —

und am Atiend des Hochzeitstages, an dem alle drei
zusammen gleich nach dem Frühstück in einem Postwagen
abgereist waren, schreibt der junge Gatte ein Sonett, das
eine verspätete Ankunft auf den Hamiltonhügeln und tief-
sinnig den Eindruck der durchleuchteten, seltsam ge-
formten Abendwolken auf den Beschauer schildert,1 aber
mit Liebe und Braut gar nichts zu thun hat. Man darf
weder Wordsworth noch seine Schwester mit dem ge-
wöhnlichen Mafsstabe messen. Sie hätten es wohl beide
für eine Profanation angesehen, die eigne persönliche
Leidenschaft — was man landläufig hierunter versteht —
zum Gegenstand ihrer Schilderungen zu machen, und mehr
noch eine Profanation der Dichtung als ihres Gefühls.

In den schnellsten Tagereisen eilten sie nun der ge-
liebten Heimat zu. Es waren drei Monate verflossen, seit
der Dichter mit einem langen Lebewohl sich von Dove-
cottage losgerissen hatte. Die Wartezeit, die zur Vor-
bereitung der Hochzeit nötig war, hatten die Geschwister
zu einer Eeise nach Calais benützt; nun konnten sie das
Wiedersehen gar nicht mehr erwarten. „Ich kann nicht
beschreiben, was ich fühlte", schreibt Dorothy. „Wir
gingen bei Kerzenlicht in den Garten und waren erstaunt,
"wie hoch der Ginster und der Lorbeer gewachsen waren."
Am nächsten Tage wurden noch Kisten und Kasten aus-
gepackt; und dann begann das alte Leben, nur reicher,
yon neuem. Die beiden Frauen teilten die Hausarbeit,
um nur möglichst schnell damit fertig zu werden und
dann mit der Natur und ihrem Dichter leben zu können.
Dorothy war nach wie vor seine unermüdliche Begleiterin
auf den Streifereien. In die Sekretärdienste teilten sich

1) Nr. LXV.
 
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