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— 253 —

der Omniana, einer Art von Sentenzen- und Anekdoten-
sammlung, die Southey herausgab, veröffentlichte.

Wordsworth war diese Unterscheidung zu allge-
mein; er wollte nicht jeder dieser Fähigkeiten ein abge-
sondertes Gebiet der Geistesarbeit zuschreiben; in seinen
Augen kommen beiden zugleich die schöpferische und die
kombinierende Thätigkeit zu. Er legte vielmehr den Nach-
druck auf die Verschiedenheit der Ziele und Wirkungen:
Während die Einbildungskraft das Erhabene zum Aus-
druck bringe, die Dinge in ihren wesentlichen, ewigen
Bedingungen zeige, weise die Phantasie mehr auf das
Zufällige, Schmückende, Anmutige. Ohne hier auf einen
direkten Einflufs hindeuten zu wollen, fällt doch eine
Gleicheit der Behandlung des Erhabenen und Schönen bei
Kant und Schiller sofort ins Auge. Coleridge hat in
seiner Biographia litteraria diese Anschauung als einen Irr-
tum, ja als ein Müs Verständnis seiner Worte bei Words-
worth berichtigen wollen, und seine Ansicht, seinen
früheren Prinzipien getreu, jedoch vertieft und eingehen-
der nochmals ausgesprochen. Doch liegt der Gegensatz
■weit eher darin, dafs Wordsworths Anschauung mehr
dichterisch ist, während Coleridge sich durchaus auf
philosophisch-spekulativem Boden bewegt.1

1) Der Ansicht Brandls, dafs Coleridge von Jean Pauls
Unterscheidung von Einbildungskraft uud Phantasie oder Bildungs-
kraft ausgegangen sei, steht schon der Umstand entgegen, dafs
der ohen erwähnte Brief an Sharp am 25. Januar 1804 geschrie-
ben ist, während die Vorschule der Ästhetik erst im Laufe des
Jahres 1804 in Deutschland gedruckt worden ist. Aufserdem läuft
die Erklärung Jean Pauls, die in der Einbildungskraft nur eine
Erinnerung, die auch den Tieren zukommt, sieht, derjenigen Cole-
ridges zuwider.
 
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