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fehlt zu dieser stattlichen Eeihe von Aufzeichnungen nur
noch die Krone, die der Dichter ihnen in seinen acht-
unddreifsig „Erinnerungsgedichten an die Eeise auf den
Kontinent" aufsetzte.

Ein beträchtlicher Teil dieser Gedichte besteht wieder
aus Sonetten, die an einzelne hervorstechende Züge der
Landschaft oder des Volkslebens anknüpfen. Die wenig-
sten entstanden übrigens auf der Eeise selber; die erneute
Anregung schöpfte er vielmehr auch jetzt aus Dorothys
Tagebuch, aus dem er dann auch breite Auszüge als
erläuternden Text mit veröffentlichte. Seltsam, wie er
auf dieser Eeise zum erstenmal von der Poesie des katho-
lischen Kultus berührt ward! Er, der sich daheim zu
immer heftigerer Opposition gegen die katholischen An-
sprüche rüstete, verherrlichte hier in einer Eeihe von Ge-
dichten die berühmten Wallfahrtsorte und Marienkirchen
der katholischen Lande, wie Engelberg und Maria-Schnee
auf dem Eigi:

„Schlecht steht's uns an, den Altar zu verachten,
Wo sich der Leidende vertrauend beugt",

heifst es in einem Gedicht, das in den Urkantonen ver-
fafst ist. Eein ästhetisch betrachtet sind diese Gedichte
ungleich; wenige halten sich auf der Höhe, wie das schöne
Sonett am Handeckfall,1 bei anderen zieht der Stoff und
die Weise des Urteils an. In Mailand ist er tief ergriffen
von Leonardos Abendmahl, vor dem er die traurigen Spuren
der Zerstörung vergifst, und das für ihn „ein Werk wert
ewiger Jugend" ist.

Noch kurz vor der Heimkehr betraf die Eeisenden
ein Unfall. Unfern des Hafens von Boulogne strandete

1) Nr. LXXVm.
 
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