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DIE BEIGABEN AUS FRAUENGRÄBERN

BÜGELFIBELN

Vorkommen: 39 (Einzelstück), 70 (Knopf), 82
(Knöpfe), 83 (Knöpfe), 198 (Paar), 201 (Paar), 212
(Einzelstück), 213 (Paar), 219 (Paar).
Trageweise
Die Fibeln der Gräber 198 und 213 lagen jeweils im
Becken der Toten, in Grab 198 etwa parallel zuein-
ander, quer zum Körper, in Grab 213 untereinan-
der. Die Fibeln der Gräber 39, 201 und 219 wurden
zwischen den Oberschenkeln gefunden, die Kopf-
platten wiesen nach unten.
Die Lage auf dem Becken, zum Teil sogar wie bei
Grab 198 auf der Schmalseite stehend, ist vor allem
für Bügelfibeln des 5. Jahrhunderts und der ersten
Hälfte des 6. Jahrhunderts belegt1. Die großen Bü-
gelfibeln der Mitte und des späteren 6. Jahrhun-
derts, vor allem solche des „nordischen Typs", fin-
den sich dagegen meist zwischen den Oberschen-
keln2. Die Fibeln in Brust- und Beckenlage unter-
scheiden sich von jenen in Oberschenkellage deut-
lich in Größe und Gewicht. Während die größten
„Beckenfibeln" in Unterthürheim nur eine Länge
von 6,3 cm und ein Gewicht von 12,36 g erreichen
(Grab 198), sind die kleinsten „Oberschenkelfibeln"
8,5 cm lang und 32,7 g schwer (Grab 201).
Entgegen G. Zeller3 ist u. E. davon auszugehen, daß
die Bügelfibeln in Brust- und Beckenlage eine reale
Funktion zum Schließen eines Gewandes innehat-
ten. Besonders der fast regelhafte Befund in

Schretzheim4, wo die Fibeln quer auf der Brust oder
im Becken mit den Kopfplatten gegeneinander ge-
funden wurden, deutet an, daß sie wohl ein auf der
Brust weit überlappendes Obergewand zweifach
schlossen. Daß an den Fibeln das Gehängeband
befestigt wurde5, erscheint aus praktischen Erwä-
gungen unwahrscheinlich — schon bei geringem Zug
an dem Band, welcher während der Benutzung oft
aufgetreten sein muß, wären die Fibeln abgerissen.
Das Gehängeband wird man sich wohl wie einen
Gürtel umgebunden oder mittels einer Schlaufe am
Gürtel befestigt vorstellen müssen; nur so wäre eine
ausreichende Stabilität gewährleistet.
Die großen, schweren Bügelfibeln des späten 6.
Jahrhunderts konnten diese Verschlußfunktion nicht
mehr wahrnehmen. Zum einen sind sie oft so schwer
(Unterthürheim, Grab 219, z. B.: 81,5 g pro Stück),
daß sie einen Mantel zu stark nach unten ziehen
würden, zum anderen schließt ihre Lage zwischen
den Oberschenkeln eine solche Funktion aus. Einen
Mantel nur an den Oberschenkeln zu schließen,
wäre rein technisch unpraktisch; es würde einen
weiteren Verschluß im Becken nötig machen. Zu-
dem dürfte ein Mantelverschluß an den Oberschen-
keln oder in Kniehöhe die Bewegungsfreiheit stark
eingeengt haben. Die Reihung verschiedener Ge-
genstände meist unterhalb der Bügelfibeln (in Grab
201 und 219 jeweils ein Messer, in Grab 39 ein
Wirtel) sowie der in Grab 201 und Grab 219 auftre-
tende Befund zweier unter der Fibel verlaufender,
schmaler Lederbänder (Abb. 8) zeigt, daß auch die-

1) Hemmingen, Gräber 10; 14;20;24;35: Müller, Hemmingen Abb. 8; 11; 17;22; 31. - Fellbach-Schmiden, Grab 24:
H. Roth, Ein Reihengräberfeld bei Fellbach-Schmiden (Rems-Murr Kreis). Fundber. Baden-Württemberg 7, 1982,
517 Abb. 20. — Schretzheim, Grab 472: Koch, Schretzheim 57.

2) Schretzheim, Gräber 26; 31; 70; 219; 513: Koch, Schretzheim 57. - Donzdorf, Grab 78: Neuffer, Donzdorf Taf. 37.
- Köln-Müngersdorf, Grab 127: Fremersdorf, Köln-Müngersdorf Taf. 60 b. - Sontheim/Brenz, Grab 92: Neuffer-
Müller, Sontheim Taf. 39,1.3.

3) G. Zeller, Zum Wandel der Frauentracht vom 6. zum 7. Jahrhundert in Austrasien. Festschr. J. Werner, II. München
(1974) 381 ff.

4) Koch, Schretzheim 57.

5) Christlein, Alamannen 80 f.

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