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CHRONOLOGIE UND BELEBUNGSABFOLGE

Aus verständlichen Gründen kann für Unterthür-
heim keine eigene Stufengliederung entwickelt wer-
den. Zu groß sind die Unwägbarkeiten und Mate-
rialverluste, die durch Beraubung und Ausgrabungs-
stand hervorgerufen werden. Es wird daher auf
die Stufengliederung des Schretzheimer Gräberfel-
des zurückgegriffen, die U. Koch erst jetzt jüngst
erarbeitete1. Dieses Gräberfeld ist wohl relativ kom-
plett ausgegraben und — wenn überhaupt — nur zu
einem geringen Prozentsatz beraubt. Die räumliche
Nähe zu Unterthürheim, Schretzheim ist nur ca.
20 km entfernt, erlaubt eine Parallelisierung der
Entwicklung im Formengut. Allerdings muß den
Schretzheimer Stufen jeweils ein Zeithorizont vor-
bzw. nachgestellt werden, da die Belegung in Unter-
thürheim früher beginnt und später endet als in
Schretzheim. Um terminologische Verwirrungen
auszuschließen, wurden trotzdem die Schretzheimer
Stufenbezeichnungen beibehalten und die zusätzli-
chen Horizonte mit absoluten Datierungsansätzen
bezeichnet.
Bei der Betrachtung der Belegungsabfolge muß man
sich immer die Untergliederung in zwei Friedhofstei-
le vor Augen führen, die die Interpretation des
Kartenbildes (Taf. 119,2—122,2) neben den großen
Lücken im ausgegrabenen Areal noch weiter er-
schwert. Diese Grenze verläuft etwa in Nord-Süd-
Richtung westlich der Gräberreihe mit den bisheri-
gen Endpunkten Grab 1 und Grab 51/52. Jeder
Gräberfeldteil hat seine eigene Belegungsabfolge,
die gesondert betrachtet werden muß. Zwar kann
für keinen der beiden Teile eine ungebrochene Kon-
tinuität sicher nachgewiesen werden, da aber An-
fang und Ende jeweils einigermaßen faßbar sind,
kann diese Kontinuität vorausgesetzt werden. Es
verbieten sich aber jegliche quantitativen Analysen
hinsichtlich der Siedlungsentwicklung, auch Schät-
zungen zur Größe der Siedlungen können nur hypo-
thetischen Charakter haben.
Um 500 bis erstes Viertel
6. Jahrhundert
Gräber (54); 198; 200; 213; 214.
Vor Belegungsbeginn des Schretzheimer Friedhofs
1) Koch, Schretzheim 15 ff.

wurden mindestens vier Unterthürheimer Gräber
angelegt (Taf. 119,2). Sie tragen z. T. noch vorrei-
hengräberzeitliche Züge wie etwa das Saxgrab 214
(Taf. 45, B) mit massiver Silberschnalle und Brat-
spieß oder Grab 198 (Taf. 38; 39 B) mit einem stark
an spätrömische Ware erinnernden Krug. Grab 213
(Taf. 45 A) ist durch Miniaturzangenfibeln datiert.
Von dem Frauengrab 200 (Taf. 37 D) konnten leider
nur die unteren Extremitäten ausgegraben werden,
eine Wadenbindengarnitur mit lanzettförmigen Rie-
menzungen weist aber in die Childerich- und Chlod-
wigzeit. Wichtig für die Datierung sind weiterhin die
Bügelfibeln mit rautenförmiger Fußplatte und die
Gürtelschnalle mit leicht rechteckigem Bügel aus
Grab 198. Nach verschiedenen Parallelen muß man
die Herstellung der Bügelfibeln noch im 5. Jahrhun-
dert, die Grablege der maturen Frau allgemein um
500 n. Chr. oder ganz früh im 6. Jahrhundert anneh-
men. Es handelt sich demnach um die früheste Un-
terthürheimer Bestattung. Über den genauen Zeit-
punkt ihrer Ankunft — und somit wohl auch der
Siedlungsgründung — geben aber die Funde keine
Auskunft. Solange nicht weitere Gräber dieser
Gründergeneration erforscht sind, sollte man es da-
her bei der Angabe „um 500" belassen.
Etwas später, in das erste Viertel des 6. Jahrhun-
derts zu datieren ist Grab 214, vielleicht noch etwas
später Grab 213. Als vorreihengräberzeitlich muß
wahrscheinlich auch der Topf aus Grab 54 bezeich-
net werden, dessen Form noch entfernt an Terra-
nigra-Gefäße erinnert. Eine exakte Datierung des
einzeln gefundenen Gefäßes kann aber nicht ange-
geben werden.
Alle Fundtypen der genannten Gräber fehlen in
Schretzheim und finden ihre Parallelen in früh be-
ginnenden Gräberfeldern wie Hemmingen oder
Klettham-Altenerding. Zylindrische Perlen mit ge-
kreuzter Fadenauflage und bearbeitete Bernstein-
perlen treten nur in dieser Phase auf. Mit den Grä-
bern des entwickelten 6. Jahrhunderts ist diese Pha-
se aber durch einfache, kugelige, transluzid farblose
und schwarzblaue Perlen verbunden (Kombinations-
gruppe A).
Die wenigen Gräber dieser Zeit finden sich in einem
relativ kleinen Areal im Westen des Friedhofs

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