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BEIGABEN AUS MÄNNER- UND FRAUENGRÄBERN

GEBRAUCHSGEGENSTÄNDE UND WERKZEUGE

Gebrauchsgegenstände, Geräte und Werkzeuge kom-
men auch in Frauengräbern vor, sind dort aber
seltener als in Männergräbern. Aus diesem Grunde
sollen alle zu dieser Fundkategorie zählenden Ge-
genstände zusammen besprochen werden, auch
wenn einzelne davon, wie etwa Feilen, nur in Män-
nergräbern gefunden wurden. Bei Männern wie
Frauen wurden Gebrauchsgegenstände und Geräte
in der Gürteltasche getragen.
PFRIEME, AHLEN UND ÄHNLICHES
Vorkommen: Männergräber: 8; 18; 26; 49; 88/89;
104; 130; 134; 174; 238.
Frauengräber: 2.
Unbestimmt: 61.
Am häufigsten unter den Gebrauchsgegenständen
sind stabförmige Eisengeräte. Ihre genaue Funktion
ist im Einzelfall schwer zu bestimmen, zumal sie
meist schlecht erhalten sind. Es kann sich um Sti-
chel, Pfrieme, Stecheisen oder Durchschläge han-
deln.
Ein Stecheisen zur Holzbearbeitung war wohl das
Gerät aus Grab 238 (Taf. 53 A,2), das sich durch
eine kurze, löffelartige Spitze auszeichnet1. In vielen
Fällen dürften einfache, spitzzulaufende Geräte als
Durchschläge, die etwa für die in der Merowinger-
zeit häufigste Metallverbindungstechnik, das Nie-
ten, unerläßlich waren oder als Körner, die sowohl
in der Metall- als auch in der Holzverarbeitung
Verwendung finden konnten, benutzt worden sein.

Mehrfachfunktion für ein und dasselbe Gerät ist
dabei nicht auszuschließen. In denselben Funktions-
zusammenhang könnten auch einzelne Nägel ge-
hören.
Als Pfriem oder Ahle zur Lederbearbeitung könnte
vielleicht das eiserne Gerät mit endständiger Öse
aus Grab 130 (Taf. 29 D,2 d) angesprochen werden,
wenn auch formal fast gleiche Stücke in der Latene-
zeit zum Aufbau eines Wagenkastens gehörten2.
Stellt man sich, wie H. Ament3 vorschlug, ein Quer-
stück aus Holz in der Öse vor, wäre auch eine
Verwendung als Bohrer möglich. Geräte gleicher
Form sind aus merowingerzeitlichem Zusammen-
hang allgemein geläufig und — wie die meisten durch
ihre Funktion bestimmten Werkzeuge — für eine
chronologische Einordnung nicht aussagekräftig4.
Durch eine über das übliche Maß hinausgehende
Gerätebeigabe zeichneten sich die beiden Männer
aus der Vierfachbestattung 131—134 aus. Zwei ver-
schiedene Messer sowie ein ganzes Bündel von Ei-
sengeräten, darunter wohl auch Stecheisen und
Durchschläge, sowie einen Wetzstein besaß der
Mann aus Grab 134 (Taf. 30 C). Neben mehreren in
ihrer Funktion nicht mehr zu bestimmenden eiser-
nen Geräten trug der Mann aus Grab 132 in seiner
Tasche ein Werkzeug, das nur als Flachfeile (Taf.
29 E,4) angesprochen werden kann. Feilen dieser
und ähnlicher Form sind sowohl aus der Merowin-
gerzeit5, als auch aus römischer6 und vorrömischer
Zeit7 bekannt. Sie gehören zur Ausrüstung von Fein-
schmieden und wurden vor allem in Goldschmiede-
gräbern gefunden8.

1) Vgl. dementsprechende Stücke bei: Koch, Runder Berg 5, 139 Taf. 37,1—4.

2) G. Jacobi, Werkzeug und Gerät aus dem Oppidum von Manching. Wiesbaden (1974) 204 Taf. 62.

3) Ament, Mayen 115.

4) z. B. Garscha, Südbaden Taf. 82,8—13. — Moosbrugger-Leu, Schweiz zur Merowingerzeit Taf. 71,7—8. — Böhner,
Trierer Land Taf. 60,8. — Ament a. a. O. (Anm. 3) Taf. 92,8; 93,8.

5) Koch a.a. O. (Anm. 1) Taf. 31,17-19.

6) W. Gaitzsch, Eiserne römische Werkzeuge. Studien zur römischen Werkzeugkunde in Italien und den nördlichen
Provinzen des Imperium Romanum. BAR, Intern. Ser. 78, 1980, Taf. 44,205—206.

7) Jacobi a.a. O. (Anm. 2) Taf. 5.

8) Etwa Poysdorf, Grab 6: Arch. Austriaca 40, 1966, Taf. 6,2.

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