sam war ihnen nur die Benutzung eines Gräberfel-
des. Eine einheitliche Planung und Organisation
scheint nur in geringem Maße erfolgt zu sein.
Als Vergleich sei hier auf Klettham-Altenerding ver-
wiesen, wo der Charakter der Anfangsbevölkerung
- Neusiedler aus verschiedenen Regionen — ähnlich
ist. Auch hier fällt die Regellosigkeit der Friedhofs-
anlage auf. Der fehlende Zusammenhalt unter den
Siedlern könnte für die unstrukturierte Belegung
verantwortlich sein. Man betrachtete sich nicht als
Gemeinschaft und mußte daher nur wenig Rücksich-
ten auf andere nehmen. So wären auch Überschnei-
dungen und Grabzerstörungen durch Neubestattun-
gen erklärlich.
Anders dagegen das Bild des östlichen Friedhofs-
teils. Die Anlage und die Belegungsabfolge machen
einen durch und durch einheitlichen, planvollen Ein-
druck. Vorherrschend ist von Anfang an alamanni-
sches Fundgut mit fränkischer Überprägung. Zum
Zeitpunkt des Beginns dieses Gräberfeldteils (ca.
530/540) war das Umland schon weitgehend besie-
delt. Neben dem Unterthürheimer Gräberfeld be-
standen bereits die großen Gräberfelder nördlich
der Donau wie Schretzheim und südlich der Donau
wie im nahe gelegenen Nordendorf, die Siedlungs-
landschaft war weitgehend vorgeprägt.
Einheitlichkeit in Grabbau, Beigaben und Gräber-
feldanlage lassen in diesem Bereich an einen engen
Zusammenhalt der Siedler untereinander und eine
straffere Organisationsform schließen, hier wird
man eine einzige, geschlossene Siedlung vorausset-
zen dürfen. Dabei könnte man eine planmäßige
Ansiedlung vermuten, belegen läßt sich dies aber
nicht2. Von Beginn bis zum Ende der Belegungszeit
blieben die Unterschiede zwischen beiden Gräber-
feldteilen deutlich.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die
Struktur des Gräberfeldes eine Scheidung in zwei
unabhängige Teile nahelegt. Während die Gemein-
schaft, die im Westteil des Friedhofs bestattete, als
lockerer Zusammenschluß von Menschen verschie-
denster Herkunft zu betrachten ist, die nur densel-
ben Friedhof benutzten, kamen die Siedler, die im
Ostteil des Gräberfeldes bestatteten, als fertige, fest
gefügte Gemeinschaft an und bewahrten ihre Identi-
tät und Gemeinsamkeiten bis zum Abbruch der
Belegung auf dem Friedhof. In welchem Verhältnis
die beiden Siedlungen zueinander standen und wie
sie sich gegenseitig beeinflußten, sei mit Gegenstand
der Überlegungen im folgenden Kapitel.
Bei dem geringen Teil der ausgegrabenen Fläche
(ca. 20%) und den allgemeinen Unsicherheiten
solch weitreichender Interpretationen muß aber
nochmals der hypothetische Charakter dieser Über-
legungen betont werden.
Landschaftsforschung. Veröffentl. Schwäb. Forschgem. Komm. Bayer. Landesgesch. 1. Augsburg (1950) 36 ff., bes.
46 ff. Es ist wohl möglich, daß ein gewisser Bezirk seinen Namen nach demjenigen von Thürheim erhielt, da die erste
Siedlung eine der frühesten im Gebiet zwischen Iller und Lech war, beweisbar ist dies aber wohl weder auf
archäologischem noch auf historischem oder sprachwissenschaftlichem Wege. Die spätere Geschichte des Ortes bietet
keinerlei Hinweise auf eine zentralörtliche Funktion von Ober- oder Unterthürheim.
2) Stellt man wiederum ein Gedankenspiel zur historischen Situation an, so könnte man die Neuansiedlung mit einer
planmäßigen Bevölkerungsverlagerung nach der Abtretung Raetiens durch Witigis an die Franken 536/7 in Verbindung
bringen. Spricht auch das Verhältnis der Siedlungen zueinander dafür, daß die Neuankömmlinge eine beherrschende
Rolle in ihrem Umfeld einnahmen, gäbe es neben dem historischen sicher noch andere Erklärungsmodelle. Aus dem
Fundmaterial eines einzigen, zudem noch in Ausschnitten ergrabenen Friedhofs lassen sich solch weitreichende
Schlüsse nicht beweisen, trotzdem sollte zumindest die Möglichkeit hier nicht unerwähnt bleiben.
- 212 -
des. Eine einheitliche Planung und Organisation
scheint nur in geringem Maße erfolgt zu sein.
Als Vergleich sei hier auf Klettham-Altenerding ver-
wiesen, wo der Charakter der Anfangsbevölkerung
- Neusiedler aus verschiedenen Regionen — ähnlich
ist. Auch hier fällt die Regellosigkeit der Friedhofs-
anlage auf. Der fehlende Zusammenhalt unter den
Siedlern könnte für die unstrukturierte Belegung
verantwortlich sein. Man betrachtete sich nicht als
Gemeinschaft und mußte daher nur wenig Rücksich-
ten auf andere nehmen. So wären auch Überschnei-
dungen und Grabzerstörungen durch Neubestattun-
gen erklärlich.
Anders dagegen das Bild des östlichen Friedhofs-
teils. Die Anlage und die Belegungsabfolge machen
einen durch und durch einheitlichen, planvollen Ein-
druck. Vorherrschend ist von Anfang an alamanni-
sches Fundgut mit fränkischer Überprägung. Zum
Zeitpunkt des Beginns dieses Gräberfeldteils (ca.
530/540) war das Umland schon weitgehend besie-
delt. Neben dem Unterthürheimer Gräberfeld be-
standen bereits die großen Gräberfelder nördlich
der Donau wie Schretzheim und südlich der Donau
wie im nahe gelegenen Nordendorf, die Siedlungs-
landschaft war weitgehend vorgeprägt.
Einheitlichkeit in Grabbau, Beigaben und Gräber-
feldanlage lassen in diesem Bereich an einen engen
Zusammenhalt der Siedler untereinander und eine
straffere Organisationsform schließen, hier wird
man eine einzige, geschlossene Siedlung vorausset-
zen dürfen. Dabei könnte man eine planmäßige
Ansiedlung vermuten, belegen läßt sich dies aber
nicht2. Von Beginn bis zum Ende der Belegungszeit
blieben die Unterschiede zwischen beiden Gräber-
feldteilen deutlich.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die
Struktur des Gräberfeldes eine Scheidung in zwei
unabhängige Teile nahelegt. Während die Gemein-
schaft, die im Westteil des Friedhofs bestattete, als
lockerer Zusammenschluß von Menschen verschie-
denster Herkunft zu betrachten ist, die nur densel-
ben Friedhof benutzten, kamen die Siedler, die im
Ostteil des Gräberfeldes bestatteten, als fertige, fest
gefügte Gemeinschaft an und bewahrten ihre Identi-
tät und Gemeinsamkeiten bis zum Abbruch der
Belegung auf dem Friedhof. In welchem Verhältnis
die beiden Siedlungen zueinander standen und wie
sie sich gegenseitig beeinflußten, sei mit Gegenstand
der Überlegungen im folgenden Kapitel.
Bei dem geringen Teil der ausgegrabenen Fläche
(ca. 20%) und den allgemeinen Unsicherheiten
solch weitreichender Interpretationen muß aber
nochmals der hypothetische Charakter dieser Über-
legungen betont werden.
Landschaftsforschung. Veröffentl. Schwäb. Forschgem. Komm. Bayer. Landesgesch. 1. Augsburg (1950) 36 ff., bes.
46 ff. Es ist wohl möglich, daß ein gewisser Bezirk seinen Namen nach demjenigen von Thürheim erhielt, da die erste
Siedlung eine der frühesten im Gebiet zwischen Iller und Lech war, beweisbar ist dies aber wohl weder auf
archäologischem noch auf historischem oder sprachwissenschaftlichem Wege. Die spätere Geschichte des Ortes bietet
keinerlei Hinweise auf eine zentralörtliche Funktion von Ober- oder Unterthürheim.
2) Stellt man wiederum ein Gedankenspiel zur historischen Situation an, so könnte man die Neuansiedlung mit einer
planmäßigen Bevölkerungsverlagerung nach der Abtretung Raetiens durch Witigis an die Franken 536/7 in Verbindung
bringen. Spricht auch das Verhältnis der Siedlungen zueinander dafür, daß die Neuankömmlinge eine beherrschende
Rolle in ihrem Umfeld einnahmen, gäbe es neben dem historischen sicher noch andere Erklärungsmodelle. Aus dem
Fundmaterial eines einzigen, zudem noch in Ausschnitten ergrabenen Friedhofs lassen sich solch weitreichende
Schlüsse nicht beweisen, trotzdem sollte zumindest die Möglichkeit hier nicht unerwähnt bleiben.
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