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XII. WENDEL DIETTERLIN

„Architectura. Von Außtheilung, Symmetria und Proportion der fünff Seu-
len, und aller darauß volgender Kunst Arbeit, von Fenstern, Caminen,
Thürgerichten, Portalen, Bronnen und Epitaphien.“ Nürnberg (Verl. H.
und B. Caymox) 1598.
Die „Architectura“ Dietterlins ist in technischer Hinsicht als „Markstein
in der Geschichte der deutschen Druckgraphik“ (Forssman 1983, 5) anzu-
sehen, denn es handelt sich um die erste Serie von Radierungen dieser
Größe, die innerhalb so kurzer Zeit produziert worden ist. Zum anderen
bildet sie nach den Arbeiten des Hans Vredeman de Vries den Höhepunkt
der „Säulenspekulation des Manierismus“ überhaupt und ist „rein künstle-
risch allen vorhergehenden und nachfolgenden Säulenbüchern überlegen“
(Forssman 1956, 160).
Wendling Grapp, genannt Dietterlin, ist 1550 oder 1551 als Sohn eines
protestantischen Pfarrers in Pfullendorf in der Nähe des Bodensees geboren.
Über seine künstlerische Ausbildung oder eventuelle Wanderschaften ist
nichts bekannt. Außer einem kurzen Aufenthalt in Stuttgart (1590-1593)
hält er sich seit 1570 in Straßburg auf, wo er 1599 stirbt.
Neben einem signierten Gemälde der „Auferweckung des Lazarus“ aus
dem Jahre 1587 (Martin 1954, 14-29) hat sich aus dem Gesamtoeuvre Diet-
terlins, das wohl zahlreiche Wandmalereien einschloß, ausschließlich die
„Architectura“ erhalten. Aus diesem Grund wird Dietterlin in der älteren
Forschung oft als Architekt oder Baumeister bezeichnet, obwohl er, wie er
selbst angibt, eigentlich Maler war.
Der erste Teil der „Architectura“ erschien 1593 in Stuttgart: „Architec-
tura und Austheilung der V. Seüln. Das Erst Buch.“ In Text und etwa
50 Kupferstichen werden die Lehre von den fünf Säulenordnungen und mög-
liche Verzierungen derselben einschließlich der dazugehörigen Bauglieder
wie Kapitelle, Gebälke, Pilaster etc. angegeben (Abb. 1-2).
Das zweite, als Ergänzungsband gedachte Buch, „Architectura von Por-
talen und Thürgerichten“, erschien im darauffolgenden Jahr bei Bernhard
Jobins Erben in Straßburg. Im Stile der Säulenordnungen entwirft Dietter-
lin darin Portale. Diesmal sind es insgesamt 50 Kupferstiche, wobei fünf
mit den Konstruktionen der Säulen aus dem vorherigen Band übernom-
men werden.
Im Jahre 1598 wird die endgültige Gesamtausgabe ediert. Neben der Zu-
 
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