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XIII. DIE KRIEGSKUNST IN DER RENAISSANCE

Militärwesen und Kunst erscheinen heute wohl als Gegensätze. Aber im
Mittelalter und in der Renaissance waren sie durchaus eng miteinander ver-
bunden.
Kriegführen gehörte zu den vornehmsten Aufgaben des Adels. Die gro-
ßen italienischen Condottieri vom Schlage eines Federico da Montefeltre
versammelten an ihren Höfen die ersten Künstler und Literaten ihrer Zeit.
Mariano Taccola (s. unten) fordert, daß der Heerführer „doctus scientis“
sei (De rebus mil. Ed. Knobloch, 57). Im Haus der „Tugenden und La-
ster“, das Filarete in seinem Architekturtraktat beschreibt, streben Literat,
„Kriegsheld“ und Architekt gleichermaßen nach der Tugend der umfassen-
den Bildung. Zur hohen Kultur des Höflings, wie ihn Baldassare Casti-
glione (1478-1529) im „Cortegiano“ beschreibt, gehörte die Beschäftigung
mit der Kriegswissenschaft ebenso wie mit Architektur, Kunst und Litera-
tur. Die beiden bedeutendsten Werke der italienischen Frührenaissance
zur Architektur und zur Kriegswissenschaft wenden sich an ein gebildetes,
aber mehr als der reine Literat auch praktisch interessiertes Publikum, wie
es an den italienischen Fürstenhöfen zusammenfand: Leone Batt. Alberti,
„De re aedificatoria“ (1452,1485 erstmals gedruckt) und Roberto Valturio,
„De re militari“ (um 1455, 1472 erstmals gedruckt). Beide Werke sind in ge-
schliffenem Latein abgefaßt, beide glänzen in der Verarbeitung antiker
Quellen, trotzdem erschöpfen sie sich nicht in Rhetorik, sondern behan-
deln ihre Materie sachlich.
Viele Künstler des Mittelalters und der Renaissance haben sich mit dem
Militärwesen beschäftigt. Die Dombaumeister der mittelalterlichen Städte
Italiens leiteten zugleich den Wehrbau (Braunfels 1953). Dabei waren sie
keineswegs als reine Techniker ausgebildet, sondern zumeist als Maler
oder Bildhauer. Auch in der Renaissance arbeiteten Maler und andere
Künstler als Festungsbaumeister. Prominente Florentiner Beispiele für die
Tätigkeit auf beiden Gebieten sind Giotto, Filippo Brunelleschi, Leonardo
und Michelangelo. Als sich Leonardo um eine Stellung im Dienst des Her-
zogs von Mailand bewarb, empfahl er sich in erster Linie als Ingenieur.
Die Lehre von den Säulenordnungen räumt in der deutschen Renais-
sance dem Militärwesen einen festen Platz ein. Seit Hans Blum wird die
Dorica mit dem Krieger bzw. der Wehrarchitektur verbunden, und dahin-
ter steht italienischer Gebrauch (vgl. Kap. IX, XI, XII mit Abb. 4).
Die allzu strikte Trennung zwischen Nutzarchitektur, die nicht auf
 
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