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XIV. Albrecht Dürer „Unterricht zur Befestigung“

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sen war, ohne die der „Unterricht“ nicht denkbar ist. Mit der Schlußredak-
tion des Textes war Dürer im Juni 1527 befaßt. Die Drucklegung erfolgte
vier Monate später.
Das Traktat ist als fortlaufende Abhandlung geschrieben, ohne Unter-
gliederung in Bücher oder Kapitel und ohne Zwischenüberschriften. Auch
die sparsam eingestreuten Zierinitialen dienen keiner sachlichen Untertei-
lung. Ihnen kommt nur schmückender Charakter zu. Den Text begleiten
21 Holzschnitte, 13 davon erstrecken sich auf eingefaltete Doppelblätter. Im
Unterschied zur „Unterweisung“, die sich mit einzelnen Architekturele-
menten befaßt, stellt der „Unterricht“ vollständige Baukomplexe vor, die
eingehend, bis in praktisch-technische Details hinein, ausgearbeitet sind.
Dürer handelt vier Einzelbereiche ab:
- drei unterschiedliche Arten von Basteien
- ein Schloß mit Residenzstadt
- eine Sperrfestung in Kreisform
- die Verstärkung (Remparierung) einer älteren befestigten Stadt.
Bevor sich Dürer den einzelnen Teilbereichen der Fortifikation zuwen-
det, stellt er allgemeine Grundsätze auf, die generell bei der Errichtung
von Festungsanlagen zu berücksichtigen sind. Er fordert, daß Wehrmauern
nur noch geböscht angelegt werden dürfen. Die älteren Erd- und Holz-
wehranlagen läßt er lediglich als Behelfsbauten sowie als Feldbefestigun-
gen zu. Er plädiert für bleibende Befestigungen aus massivem Mauerwerk.
Eventuellen Einwänden, daß seine Entwürfe nur mit großem Aufwand an
Material und Kosten in die Praxis umsetzbar seien, begegnet er von vorn-
herein mit dem Hinweis auf die ägyptischen Pyramiden. Dürer meint, daß
seine Anlagen eher noch zu bescheiden seien „bei dem harten Anklopfen,
das jetzt im Krieg Gebrauch ist“. Bereits Vitruv betonte im Zusammen-
hang mit der Forderung nach Festigkeit der Bauwerke, „daß die Baustoffe,
welcher Art sie auch immer seien, sorgfältig ohne Knauserei ausgesucht
werden“ müßten (Buch I, Kap. 3).
Der Beschreibung der Bastei widmet Dürer mehr als die Hälfte des Trak-
tates. Dieser Teil liefert zugleich die grundlegenden Kenntnisse, die zum
Bau zeitgenössischer Fortifikationen überhaupt nötig sind.
Bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts glichen Stadtbefestigungen in Deutsch-
land im wesentlichen noch ihren antiken Vorbildern: Ein oder mehrere
Mauerringe, unterbrochen von Toren und schlanken, hochaufragenden
Türmen, legen sich um die Stadt. Ein Graben, trocken oder naß, sowie ein
zwischen Mauer und Graben gelegener gangartiger Zwinger vervollständi-
gen die Verteidigungsanlage. Dürers Zeichnung „Nürnberg von Westen“
vermittelt einen Eindruck davon, wie Wehranlagen mittelalterlicher Städte
ausgesehen haben. Der zerstörenden Wirkung der neuen Feuergeschütze
mit ihrem horizontalen Schuß und ihrer starken Durchschlagskraft waren
 
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