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Die Dampfkolben sind leicht gehalten und mit selbstspannenden Kolbenringen ver-
sehen. Die Kolbenringe sind bequem zugänglich und zwar ohne die Kolben herausnehmen
zu müssen. Die Kolbenstangen sind aus Gussstahl und gehen durch den oberen Cylinder-
deckel. Dem Beschmutzen der Cylinder durch Wasser und Ö! ist durch besondere Schutz-
hülsen vorgebeugt.
Das Gestell nebst Grundpiatte ist kräftig gehalten. Die Grundplatte ist breit-
sohlig, mit ringsherumlaufender Ölrinne versehen und mit dem Fundament durch kräftige
Anker verbunden; die Kurbellager sind sehr breit dimensioniert, die Schalen sind rund, her-
ausdrehbar und mit Weissmetall ausgefüttert. Die Verbindung zwischen Grundpiatte und den
Cylindern wird durch die Gestellbalken und Säulen gebildet. Die Gestellbalken dienen zur
Geradführung der Kreuzköpfe; deren Führungsleisten sind nach Lösung der Schrauben nach
unten abziehbar, um so die Gleitflächen revidieren zu können. Die Säulen sind schräg-
stehend, aus zähem Gussstahl, blank gedreht und mit angeschmiedeten Flanschen versehen.
Die aus Gussstahl gefertigte gekröpfte Kurbelwelle hat bei Zweicyiindermaschinen
unter 90° und bei Dreicylindermaschinen unter 120° versetzte Kurbeln und wird ausserhalb
noch mit einem Lager unterstützt.
Die Pleuelstangen und Kreuzköpfe sind gieichfalls aus zweckentsprechendem
Material hergestellt und mit Lagern aus Phosphorbronze und Weissmetall versehen. Die Lauf-
flächen sind sehr reichlich gehalten, so dass ein Warmlaufen der Lager fast ausgeschlossen ist.
Die Steuerung erfolgt am Hochdruckcylinder durch Kolbenschieber, während die

anderen Cylinder Meyersche Doppelschieber und Kanalschieber haben. Die ganze Ausführung
ist aus bestem Material, die Bolzen sind aus Werkzeugstahl, gehärtet und geschliffen, die
Lager und Büchsen aus harter Phosphorbronze und nachstellbar. Die Regulierung erfoigt
mittelst eines äusserst empfindlichen Federreguiators, der sich infolge seiner geringen Ge-
wichtsmassen schnellstens den jeweiligen Beanspruchungen anpasst und somit eine hohe
Regulierfähigkeit und einen hohen Ungleichförmigkeitsgrad gewährleistet.
Der Kondensator wird durch ein besonderes Rohr gebildet, welches vom Dampf-
cylinder zu dem Bassin der Luftpumpe führt. Letztere ist einfach wirkend und stehend an-
geordnet, sehr gross im Volumen und wird mittelst Baiancier von dem Kreuzkopf angetrieben.
Ein Wechselventil gestattet nötigenfalls auch mit Fiochdruck zu arbeiten.
Die Schmierung sämtlicher Lager des Triebwerks erfolgt von den Centralstellen
am Cylinder aus. Die Schmierung der Steuerungsreibflächen wird als Einzelschmierung
bewirkt. Die Dampfcylinder erhalten eine Ölpresse.
Das Schwungrad der Maschine hat einen innerhalb liegenden Zahnkranz und Schalt-
werk. Die Räder sind kräftig konstruiert und so im Gewichte bemessen, dass ein gleich-
mässiger Gang erzielt wird. Die Grösse der Räder richtet sich nach der Örtlichkeit und den
Betriebsverhältnissen.
Die Bedienung der Maschine erfolgt in allen Teilen vom Fussboden oder von der
hinten Iiegenden Seitengalerie aus und sind alle hochgelegenen Maschinenteile durch Züge
oder Wellen von unten aus erreichbar.

Die GaS'Kraftmaschinen.

Dei der Ausnutzung der Maturkräfte und speciell bei der Ausnutzung der in der Natur vor-
gefundenen Kraftquellen ist der theoretisch einfachste Weg nicht immer der ktirzeste. Die
in der Kohle oder anderen Brennstoffen enthaltene Kraft wird in der Dampfmaschine auf
grossem Umwege zur Entwickelung und praktischen Anwendung gebracht: Sie muss, indem
sie verbrennt, Wärme erzeugen, diese Wärme muss im Kessel Wasser zum Sieden bringen,
und erst der Dampf kann, indem er im Cylinder auf den Kolben drückt, die Kraft in brauch-
barer Form geben.
Eine sehr lange angewandte andere Art der Ausnutzung der Kohle als Kraftquelle
zeigte längst die Möglichkeit eines geraderen Weges, nämlich die Verwendung der Kohle im
Schiesspulver zum Fortschleudern des Geschosses. Im Laufe des Geschiitzes oder der Flinte
wird die Kohle, fein verteilt und vermischt mit Sauerstoff enthaltender Substanz, zur Ent-
zündung gebracht, die Verbrennungsgase suchen einen weit grösseren Raum einzunehmen, als
vorher die festen Substanzen, dieses Missverhältnis wird noch vergrössert durch die Erhitzung
der Gase, die einen um so grösseren Raum einnehmen wollen, also einen um so grösseren
Druck entwickeln, je heisser sie sind, und das Hinausfliegen des Geschosses aus dem Lauf
ist die Wirkung dieses hohen Druckes.
Nach der Erfindung der Dampfmaschine lag es nahe, an Stelle des Dampfes die
Explosionsgase von Schiesspulver zu verwenden, an Stelle des Geschosses in den Lauf einen
Kolben einzufügen, um eine Explosionskraftmaschine, welche mit Schiesspulver gespeist wird,
zu erhalten, aber derartige Maschinen giebt es heute noch nicht, einesteils weil Schiesspulver

ein teuerer Verbrennungsstoff ist, andererseits weil der Druck im Cylinder unpraktisch hoch
sein würde, die Rückstände hinderlich wären u. s. w.
Indessen haben wir heute Explosionsmotoren, welche mit anderen explosiblen Ma-
terialien gespeist werden, die zuweilen, wenn sie nicht gut gehütet werden, ebenso schreck-
liche Zerstörungen hervorbringen können wie Schiesspulver, nämlich Knallgas, das ist Leuchtgas
oder anderes brennbares Gas vermischt mit Luft, oder Benzin, Petroleum etc. in Dampf-
form, ebenfalls vermischt mit Luft.
Die Dampfmaschine war jahrzehntelang im Gebrauch, ehe man brauchbare Gas-
motoren herstellte, ein weiteres jahrzehnt verging, ehe man die flüssigen Brennstoffe zum
Treiben von Motoren verwenden konnte, und erst der Anfang des neuen Jahrhunderts sah die
Theorie verwirklicht, nach welcher der einfachere Weg der Ausnutzung einer Kraftquelle,
welchen die Explosionsmotoren der Dampfmaschine gegenüber darstellen, sich auch in den
wirkiich erhaltenen Resultaten abspiegelte.
Heute treten Explosionsmotoren mit bestem Erfolge in Konkurrenz gegen die grössten
und besten Dampfmaschinen, und es scheint, als ob wirklich die Aussichten für die Explosions-
motoren diejenigen für die Dampfmaschinen übertreffen.
Eigentümlicherweise gingen die Gasmotoren einen ähnlichen Entwickelungsgang wie
die Dampfmaschinen, abgesehen von wenig oder gar nicht ausgeführten Versuchen von Vor-
gängern stellt die Ottosche Atmosphärische Gasmaschine die erste praktische Verwendung
dieser neuen Kraftmaschinen dar. Mach der 1867 er Pariser Weltausstellung wurden nach

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