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Die Teiephonie in allgemeiner Betrachtung.

Zu den unentbehrlichsten Verkehrsmitteln für den Gedankenaustausch räumlich getrennter
Personen, hat sich neben der schnellfördernden Telegraphie die volkstümlichere Telephonie
emporgeschwungen; sie hat der ersteren das voraus, dass durch sie die Sprache direkt und
ohne Mittelsperson übertragen wird.
Man kann behaupten, die Telephonie habe zum grossen Teil dazu beigetragen, dass
sich Industrie und Handel in dem Masse entwickeln konnten, wie dies in den letzten Decennien
der Fall war.
Das Telephon findet Verwendung: im Geschäftsleben, bei Behörden, Sicherheits- und
Gesundheitspolizei, Wohlfahrtseinrichtungen, sogar beim Privatmann und kurz überail da, wo
ein rascher Gedankenaustausch nicht anders möglich ist und Vorteil bringt.
Was ist nun Telephonie resp. der Vorgang bei derselben? — Telephonie ist die
Übertragung von Lauten speciell der menschlichen Sprache auf mehr oder weniger grosse
Entfernung durch eine dünne Drahtleitung mittels den Wirkungen des elektrischen Stromes,
wobei die durch die Sprache erzeugten Schallwellen oder Luftschwingungen auf der Ausgangs-
stelle in elektrische Wellen, und diese auf der Empfangsstelle wiederum in Schallwellen um-
gewandelt werden.
Um diese Umwandlung zu ermöglichen, ist es nötig, dass die Membrane des
Sprech' und Hörapparates, Zahl und Stärke der Luftschwingungen genau nachahmt, und
dass dies der Fall, zeigt die Thatsache, dass man durch das Telephon eine bekannte Stimme
wiedererkennt.
Nun ist es vielleicht dem Leser erwiinscht, etwas über das Zustandekommen resp.
die Fortpflanzung der Sprache zu hören; es möge daher kurz erwähnt sein, dass im luftieeren
Raum eine Fortpflanzung des Schalles nicht möglich ist, dass dieser vielmehr durch eine
Wellenbewegung der Luft entsteht, welche das Trommelfell des Ohres in Thätigkeit setzt, und
durch die weiteren Einrichtungen des letzteren vermittelst des Hörnerven dem Gehirn zum
Bewusstsein gebracht wird. Die Höhe des erzeugten Tones ändert sich mit der Anzahl der
Luftschwingungen derart, dass ein um so höherer Ton erzeugt wird, je mehr Schwingungen
in der Zeiteinheit gemacht werden. Der niedrigste musikalische Ton entsteht durch 24, der
höchste wahrnehmbare Ton bei 15000 Schwingungen in der Sekunde. Weniger als 24
Schwingungen pro Sekunde verursachen nur Geräusch.
Die Entstehung der elektrischen Wellen aus den Membranschwingungen geschieht
durch veränderten Magnetismus in der Weise, dass bei Annäherung der Membrane an den
Stahlmagnet resp. dessen Polschuhen, der Magnetismus desselben geschwächt, und bei Ent-
fernung der Membrane verstärkt wird. Durch diese Veränderlichkeit des Magnetismus ent-
stehen in der aufgeschobenen Drahtspule durch magnetische Induktion elektrische Ströme
verschiedener Richtung, welche auf der Empfangsstelle ini Telephon den umgekehrten Vor-
gang hervorrufen; der in abwechselnder Richtung fliessende Strom wirkt verstärkend oder
schwächend auf den dortigen Magneten, so dass dieser die Membrane verschieden stark an-
zieht und loslässt, genau der Zahl und Stärke der Membranschwingungen am Aufgabeort ent-
sprechend. Aus den daraus entstehenden Luftschwingungen resp. Schallwellen setzen sich
wieder die Laute zusammen.
Das Princip der Telephonie entdeckte im jahre 1862 ein deutscher Lehrer, namens

Philipp Reis, nachdem er durch die wissenschaftlichen Vorträge von Helmholtz in den
Stand gesetzt war, das Entstehen und Wesen der Sprache, sowie die Bedingungen zu deren
Fortpflanzung zu studieren.
Er war es, der zuerst eine mit Platinkontakt versehene Membrane anwandte, um
durch deren Schwingungen, entsprechend den Luftschwingungen, Stromunterbrechungen her-
beizuführen.
Das praktisch anwendbare Telephon aber, wie es noch heute in verbesserter Aus-
führung allgemein gebräuchlich ist, erfand im Jahre 1876 Alexander Graham Bell; das-
selbe bestand aus einem Stahlstabmagneten, auf dessen einem Ende eine mit vielen feinen
Drahtwindungen versehene Spule aufgeschoben war, vor welcher eine dünne Eisenblech-
membrane rings mit dem Rand befestigt wurde.
in dieser Form wurde das Telephon sowohl zum Sprechen, wie auch zum Hören
benutzt; dasselbe hat im Laufe der Zeit ganz bedeutende Verbesserungen erfahren, ins-
besondere dadurch, dass man seine Leistung durch Benutzung beider Magnetpole verdoppelte;
heute dient es nur noch als Hörer.
Die Benutzung des Bellschen Telephons als Sprechapparat war der äusserst schwachen
Induktionsströme wegen nur auf verhältnismässig kleine Entfernungen möglich, da auf grössere
Entfernung eine dem Ohr wahrnehmbare Übertragung der Sprache nicht stattfand.
Die ersten Telephonstationen bestanden nur aus Telephon und Wecker. Die Ver-
ständigung geschah nach erfolgtem Anruf mittels des Magnetinduktionsstromes, welcher von
der Spule des Gebertelephons zu der des Empfängers und von dieser wieder zurück zum
Ausgangspunkte floss.
Es war ein bedeutender Fortschritt in der Telephonie, als in den Jahren 1877 und 78
das Mikrophon durch Hughes und den Amerikaner Edison erfunden wurde, welches nur
zum Sprechen dient, und die Schallwellen ohne Zuhilfenahme von Magnetismus direkt, des'
halb auch wenig geschwächt in elektrische Welien umwandelt.
Das Mikrophon besteht aus einer Membrane, welche so mit 2, sich nur leicht be-
rührenden, gut leitenden Rörpern in Verbindung steht, dass diese ihre gegenseitige Lage durch
die geringste Bewegung der Membrane ändern, resp. mit mehr oder weniger Druck auf-
einander lagern; hierdurch wird natürlich auch der Übergangswiderstand verändert, und mit
diesem die Stromstärke; liegt nun eine solche Rontaktvorrichtung mit einem Telephon in einem
Stromkreise, so wird die Membrane des Telephons die kleinsten Erschütterungen der ersteren
als Ton oder Geräusch wiedergeben.
Am besten geeignet für die Mikrophonkontakte ist die Kohle, und findet dieselbe in
Form von Stäbchen, Cylindern oder als grobkörniges Pulver Verwendung; in letzterem Faile
wird der zweite leitende Körper durch die Membrane selbst gebildet, die hierbei aus einem
dünnen Kohlenstäbchen besteht, das eventueil in der Mitte noch einen Stanioibelag hat.
Die direkte Schaltung des Mikrophons, der Batterie und des Telephons in einen
Stromkreis, macht man nur noch in Haustelephonanlagen, und wendet auf grössere Entfernung
den Induktionsstrom eines Transformators (der induktionsrolle) an.
Die Induktionsrolle besteht aus einem weichen Eisenkern (ein Bündel dünner Eisen-
drähte), auf welchem eine Anzahl Windungen von isoliertem starkem Eisendraht, und auf

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