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Für gewisse Zwecke braucht man nun aber eine weit höhere Spannung, als ein Accu-
mulator besitzt, so z. B. zum Betrieb elektrischer Beleuchtungsanlagen. Soll eine solche mit
Accumulatoren betrieben werden, so giebt man denselben die erforderliche Betriebsspannung
dadurch, dass man eine Anzahl von Zellen hintereinander schaltet. Die Hintereinander-
schaltung geschieht in der Weise, dass die positiven Platten der einen Zelle mit den negativen
der anderen durch Bleistreifen Ieitend verbunden werden. Da die geringste Entladespannung
einer Zelle 1,8 Volt betragen darf, so muss man, um eine Spannung von 110 Volt zu erzielen,
— 61 Zellen hintereinander schalten. Da die Spannung aber bei Beginn der Entladung
1,0
zum mindesten 1,95 Volt beträgt, welche Spannung 3 Stunden lang nahezu konstant bleibt,
so würden die 61 Zellen zu Anfang eine Spannung von 61 • 1,95 = 129 Volt haben. Es
müssen daher anfangs 19 Volt durch Ausschaltung einiger Zellen beseitigt werden. Der
Spannungsabnahme entsprechend sind die Zellen dann wieder nach und nach einzuschalten.
Die bei der Ladung bezw. Entladung anzuwendende Stromstärke darf nicht beliebig
gewählt werden, sondern es giebt für jede Zelle einen der Grösse ihrer Plattenoberfläche ent-
sprechenden Maximalbetrag, den man ohne Schaden für die Platten nicht überschreiten darf.
Die Stromdichte d. h. die auf der Flächeneinheit (1 Quadratdecimeter) angehäufte Strommenge,
darf nicht zu gross werden. Um so viel Flächeneinheiten nun die Plattenoberfläche des einen
Elementes grösser ist als die eines anderen, um so viel mehr Strom kann ihr zugeführt werden
oder entnommen werden. Will man also eine grosse Stromstärke erzielen, so vereinigt man
eine Anzahl von Platten in einer Zelle und bildet, indem man alle gleichnamigen Elektroden
durch einen Bleistreifen untereinander verbindet, aus sämtlichen Platten derselben Art gleichsam
eine einzige Platte von grosser Oberfläche. Genügt die so erzielte Stromstärke den An-
forderungen noch nicht, so Iässt sie sich durch Parallelschaltung mehrerer Zellen weiter
steigern. Die Parallelschaltung geschieht in der Art, dass man die gleichnamigen Platten
aller Zellen durch angelötete Bleistreifen verbindet. — Das Maximum der Stromdichte ist
beim Laden etwa 0,8 Ampere für das Quadratdecimeter, beim Entladen etwa 1 Ampere, so
dass also ein Accumulator von 20 Quadratdecimeter Plattenoberfläche im Maximum mit
16 Amperen geladen, mit 20 Amperen entladen werden darf.
Die Leistungsfähigkeit eines Accumulators bemisst sich nun danach, wie lange er
in vollständig geladenem Zustande die oben genannte maximale Stromstärke zu liefern vermag.
Diese Fähigkeit bezeichnet man mit dem Namen Kapacität oder Aufnahmefähigkeit. Die
Kapacität eines Accumulators ist also das Produkt aus dem maximalen Entladestrom und
der Zeit vom Beginn bis zur Beendigung des Entladens. Dabei misst man die Stromstärke in
Ampere, die Zeit in Stunden, also die Kapacität in Amperestunden. Es hat demnach eine Zelle,
die 7 Stunden lang einen Strom von 5 Ampere geben kann, eine Kapacität von 35 Amperestunden.
Die Kapacität ein und derselben Zelle ist jedoch nicht immer die gleiche, sondern
sie wird, mit je geringerer Stromstärke man die Entladung vornimmt, um so grösser. Ent-
ladet man z. B. einen Accumulator der Accumulatorenfabrik Hagen i. W. (System Tudor) in
3 Stunden mit 16 Ampere, so zeigt er eine Kapacität von 48 Amperestunden. Wenn man
aber denselben Accumulator mit einer Stromstärke von 8 Ampere entladet, so steigert sich
die Kapacität von 48 auf 60 Amperestunden, so dass der Accumulator erst in 7J/2 Stunden
entladen ist, also 25 °/0 mehr Strom abgiebt als bei seiner Entiadung mit maximaler Strom-
stärke. Diese Erscheinung hat darin ihren Grund, dass bei der längeren Zeitdauer der
Umwandlungsprozess tiefer in die Masse eindringen kann, während bei der Entladung mit
maximaler Stromstärke der Prozess nur die Plattenoberfläche ergreift.
Übrigens erhält man bei der Entladung nicht die gleiche Menge elektrischer Energie
wieder, als man zur Ladung aufgewendet hat; denn es geht ein Teil davon bei dem chemischen
Umwandlungsprozesse verloren. Daher ist die Zahl der Amperestunden bei der Ladung stets
grösser als bei der Entladung. Das Verhältnis zwischen den beiden Strommengen bezeichnet

man als Güteverhältnis oder Wirkungsgrad. Für den praktischen Betrieb kann man nur einen
Wirkungsgrad von 75 — 80 °/0 annehmen, so dass also etwa 20—25 °/0 Energie verloren geht.
Durch das Laden und Entladen der Zelle tritt auch eine Veränderung des Elektrolyts
ein. Es steigt nämlich während der Ladung das specifische Gewicht der Säure, während es
bei der Entladung fällt. Der Grund davon ist eine chemische Veränderung der Masse an den
beiden Elektroden, wodurch bei der Entladung Schwefelsäure als Bleisulfat chemisch gebunden
und Wasser erzeugt vvird, während bei der Ladung das Elektrolyt an Wassergehalt verljert
und Schwefelsäure ihm zufliesst. Infolge dieser Veränderungen beträgt das specifische Gewicht
der Säure am Ende der Ladung etwa 1,16 (Säuregehalt etwa 22°/0 = 20° Baume), am Ende
der Entladung aber etwa 1,14 (Säuregehalt ungefähr 19 °/0 = 180 Baume).
In betreff der Behandlung der Accumulatoren ist folgendes zu bemerken: der Accu-
mulatorenraum muss trocken, hell und kühl sein; die Wände sind mit säurefester Emaillefarbe
anzustreichen, der Fussboden ist zu asphaltieren. Ferner hat man für eine gute Ventilation
zu sorgen, damit die am Ende der Ladung durch die starke Gasentwicklung entstehenden
Säuredämpfe leicht Abzug finden. Die Temperatur ist möglichst gleichmässig zu halten, dem-
gemäss also sind der Sonne ausgesetzte Räume thunlichst zu vermeiden. Die Accumulatoren
müssen so aufgestellt werden, dass sie bequem untersucht werden können. Die Untersuchung
selbst hat häufig und gewissenhaft zu geschehen; hauptsächlich ist am Ende der Ladung
darauf zu achten, dass die Gasentwickelung in allen Zellen eine gleichmässig kräftige ist.
Bleibt etwa eine Zelle zurück, so liegt dies gewöhnlich daran, dass herabfallende Massen-
teilchen oder andere Gegenstände sich zwischen Platten geklemmt und einen Kurzschluss
herbeigefiihrt haben. Zur Entfernung der störenden Körper darf man niemals Metallstäbe,
sondern nur Holz- oder Glasstäbe gebrauchen. Ist dagegen ein Krümmen einzelner Platten
die Ursache des Zurückbleibens, so muss man nach Ausschaltung der Zelle die Platten
herausnehmen und vorsichtig wieder gerade richten. Dass die Zellen gegen den Boden gut
isoliert werden müssen, ist bereits hervorgehoben worden. Als Untergestelle verwendet man
mit heissem Teer getränkte Holzböcke mit Glasfüssen. Mess- und Kontrollapparate dürfen
in dem Accumulatorenraume nicht aufgestellt werden, da die Säuredämpfe sie bald zerstören
würden. Die Verbindungsdrähte mit der Dynamomaschine sind auf Porzellanisolatoren blank
zu verlegen und zum Schutze gegen die Dämpfe durch einen säurefesten Anstrich zu sichern.
Das Elektrolyt, das sich infolge der Gasentwickelung und Verdunstung verbraucht, muss von
Zeit zu Zeit durch Nachfüllen von 5—6 prozentiger Schwefelsäure ersetzt werden.
Ihre Hauptverwendung finden die Accumulatoren bei elektrischen Beleuchtungsanlagen.
Hier dienen sie dazu, die Dynamomaschine bei starkem Strombedarfe zu unterstützen, bei
geringem Bedarfe ganz zu ersetzen. In der Zeit, in welcher die Maschine nur wenige Lampen
zu speisen hat, giebt sie den grössten Teil des von ihr erzeugten Stromes zum Laden der
Accumulatorenbatterie ab. Während des grössten Strombedarfes kann dann die geladene
Batterie durch Parallelschaltung mit der Dynamo zur Stronilieferung mit herangezogen werden.
Sinkt später der Strombedarf wieder, so kann man die Maschine ganz abstellen und die
Batterie speist allein die geringe Anzahl von Lampen. Durch ein derartiges Zusammenarbeiten
stellt sich der Betrieb billiger und praktischer; bei dieser Anordnung kann es nicht vor-
kommen, dass die Maschine weniger Lampen wegen stundenlang laufen muss und der über-
schüssige Strom nicht nutzbar verwendet wird. Da ferner die Batterie zur Zeit des grössten
Strombedarfs einen Teil des Stromes liefert, so kann auch die Maschinenanlage entsprechend
kleiner gewählt werden. Die Verwendung der Batterie bietet aber auch noch den Vorteil,
dass sie bei ihrer Parallelschaltung mit der Maschine alle Strom- und Spannungsschwankungen
ausgleicht, wodurch ein ruhiges und gleichmässiges Brennen der Lampen erzielt wird, und
dass sie für den Fall einer Beschädigung der Maschine eine stets sichere Reserve ist.
Ferner finden die Accumulatoren auch noch vielfach Verwendung als Pufferbatterie bei Kraft-
übertragungsanlagen; im kleineren dienen sie auch als Kraftquelle für elektrische Automobilwagen.
 
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