54
abgesehen davon, wie sollten die Spielleute deshalb nouveaux jongleurs
genannt werden, weil sie a 11 e (!) Erzählungsstoffe entstellt hätten?! Nou-
veaux jongleurs soll wohl nur einen Ausdruck der Verachtung darstellen,
ähnlich wie das alte homo novus. Wenn F. übrigens sagt „par leurs
devanciers“, als ob diese Verunglimpfungen nur Vorgängern gälten, so muss
demgegenüber darauf hingewiesen werden, dass diese Polemiken oft genug
in Präsens gehalten, wohl auch Zeitgenossen gelten, die die Epiker als Kon-
kurrenten mehr zu fürchten hatten als ihre Vorgänger. Gautier scheint in
einer seiner Darstellungen (Epop. franç. I2, 379) der F.’schen Auffassung bei-
zupflichten, in seiner anderen (Hist, de la langue et de la litt, franç. I, 124)
dagegen den oben dargelegten Standpunkt einzunehmen. Auch die — bei
Freymond, Jongl. und Menestr., S. 6 zitierte — Auffassung der Hist. litt,
spricht gegen die F.’schen Annahmen. Auch Tobler sagt, wie wir nach-
träglich sehen (Im neuen Reich 1875 I, 337): Die Invektiven, die sie gegen
Berufsgenossen im allgemeinen, aber die anwesenden (T. schreibt „An-
wesenden“) nicht ausgeschlossen, richteten, zumeist gegen solche, die die
nämliche Sage besungen. . . . Also nur „zumeist“.
17) Bei den sogen. Ergänzungsepen, Fortsetzungen und Nachahmungen
begegnen wir der Namensmitteilung des Verfassers, richtiger des Fort-
setzers oder Ueberarbeiters, schon in früherer Zeit, so z. B. in Bataille
Loquifer, Moniage Rainouart. Sonst aber findet sich die Namensangabe mit
einer gleich zu nennenden Ausnahme erst in späterer Zeit. Gautier hat in
seinen Epop. 12, 205 neunzehn namentlich überlieferte Heldenepen, etwa
ein Fünftel aller Volksepen angeführt (in demselben Bande S. 379 f. nennt
er nur dreizehn!). Aus früherer Zeit ist als namentlich überliefertes Epos
Raoul de Cambrai zu erwähnen, wo aber nicht der Verfasser sich selber
nennt, sondern von einem späteren Bearbeiter genannt wird. P. Meyer
meint freilich in der Ausg. der Dichtung (S. d. a. t.) Einl. S. 25, die Namens-
nennung müsse von Bertolais selber stammen. Ein ähnlicher Fall liegt
im Prolog des Perceval vor, dessen erste 1282 Verse nicht von Chrétien
stammen, die aber trotzdem für die Biographie des Meisters des höfischen
Romans stark verwertet worden sind.
18) Wir vermögen in der Angabe des Verfasser- oder Ueberarbeiter-
namens nur eine leise Regung dichterischen Selbstgefühls zu erblicken.
Denn abgesehen davon, dass infolge der öfter in die Erscheinung tretenden
Kopistentücke die Ueberlieferung mit und ohne Verfassernamen keinen
Prüfstein bilden darf für das mehr oder minder entwickelte Persönlichkeits-
bewusstsein des Autors, muss ja nicht stets und überall die Angabe des
Namens als eine Aeusserung dichterischer Eitelkeit aufgefasst werden, wie
es z. B. geschieht bei Gautier, Epop. I -, 204 und bei G. Lanson, Hist, de
la litt. frç. 12 S. 32, eine Ansicht, die auch Gröber teilt, denn er sagt (Grund-
riss 11,485): Nannte der geistliche Dichter den seinen (sc. Namen) nur erst
im Gefühl der Verantwortlichkeit . . . , so gibt sich der mit seiner Per-
sönlichkeit hervortretende Dichter ritterlichen Standes . . . aus Ehrgeiz . . .
zu erkennen. (Was übrigens hier bei der Darstellung des zweiten Zeit-
abgesehen davon, wie sollten die Spielleute deshalb nouveaux jongleurs
genannt werden, weil sie a 11 e (!) Erzählungsstoffe entstellt hätten?! Nou-
veaux jongleurs soll wohl nur einen Ausdruck der Verachtung darstellen,
ähnlich wie das alte homo novus. Wenn F. übrigens sagt „par leurs
devanciers“, als ob diese Verunglimpfungen nur Vorgängern gälten, so muss
demgegenüber darauf hingewiesen werden, dass diese Polemiken oft genug
in Präsens gehalten, wohl auch Zeitgenossen gelten, die die Epiker als Kon-
kurrenten mehr zu fürchten hatten als ihre Vorgänger. Gautier scheint in
einer seiner Darstellungen (Epop. franç. I2, 379) der F.’schen Auffassung bei-
zupflichten, in seiner anderen (Hist, de la langue et de la litt, franç. I, 124)
dagegen den oben dargelegten Standpunkt einzunehmen. Auch die — bei
Freymond, Jongl. und Menestr., S. 6 zitierte — Auffassung der Hist. litt,
spricht gegen die F.’schen Annahmen. Auch Tobler sagt, wie wir nach-
träglich sehen (Im neuen Reich 1875 I, 337): Die Invektiven, die sie gegen
Berufsgenossen im allgemeinen, aber die anwesenden (T. schreibt „An-
wesenden“) nicht ausgeschlossen, richteten, zumeist gegen solche, die die
nämliche Sage besungen. . . . Also nur „zumeist“.
17) Bei den sogen. Ergänzungsepen, Fortsetzungen und Nachahmungen
begegnen wir der Namensmitteilung des Verfassers, richtiger des Fort-
setzers oder Ueberarbeiters, schon in früherer Zeit, so z. B. in Bataille
Loquifer, Moniage Rainouart. Sonst aber findet sich die Namensangabe mit
einer gleich zu nennenden Ausnahme erst in späterer Zeit. Gautier hat in
seinen Epop. 12, 205 neunzehn namentlich überlieferte Heldenepen, etwa
ein Fünftel aller Volksepen angeführt (in demselben Bande S. 379 f. nennt
er nur dreizehn!). Aus früherer Zeit ist als namentlich überliefertes Epos
Raoul de Cambrai zu erwähnen, wo aber nicht der Verfasser sich selber
nennt, sondern von einem späteren Bearbeiter genannt wird. P. Meyer
meint freilich in der Ausg. der Dichtung (S. d. a. t.) Einl. S. 25, die Namens-
nennung müsse von Bertolais selber stammen. Ein ähnlicher Fall liegt
im Prolog des Perceval vor, dessen erste 1282 Verse nicht von Chrétien
stammen, die aber trotzdem für die Biographie des Meisters des höfischen
Romans stark verwertet worden sind.
18) Wir vermögen in der Angabe des Verfasser- oder Ueberarbeiter-
namens nur eine leise Regung dichterischen Selbstgefühls zu erblicken.
Denn abgesehen davon, dass infolge der öfter in die Erscheinung tretenden
Kopistentücke die Ueberlieferung mit und ohne Verfassernamen keinen
Prüfstein bilden darf für das mehr oder minder entwickelte Persönlichkeits-
bewusstsein des Autors, muss ja nicht stets und überall die Angabe des
Namens als eine Aeusserung dichterischer Eitelkeit aufgefasst werden, wie
es z. B. geschieht bei Gautier, Epop. I -, 204 und bei G. Lanson, Hist, de
la litt. frç. 12 S. 32, eine Ansicht, die auch Gröber teilt, denn er sagt (Grund-
riss 11,485): Nannte der geistliche Dichter den seinen (sc. Namen) nur erst
im Gefühl der Verantwortlichkeit . . . , so gibt sich der mit seiner Per-
sönlichkeit hervortretende Dichter ritterlichen Standes . . . aus Ehrgeiz . . .
zu erkennen. (Was übrigens hier bei der Darstellung des zweiten Zeit-