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leichtem Schmerz verzogen. Es liegt eine elegische Stimmung auf

dem Antlitz - doch sollte der nicht ganz gesicherte Erhaltungs-

10)

zustand vor allzu weitgehender Deutung warnen

Stilistisch wird der Zusammenhang mit der Stilstufe des ein
Vierteljahrhundert früheren Gerokreuzes und zugleich der Abstand
davon deutlich. Es stimmt überein die weich-quellende Modellie-
rung der Muskulatur, die bei aller Rundheit im eigentlich Pla-
stisch-Körperlichen letzthin unbestimmt bleibt. Gegenüber dem
Gerokreuz ist alles aber differenziert-feinfühlig geworden. Ver-
schwunden ist jetzt auch der Gegensatz der gratigen Schurzfalten
zu der Modellierung des Körpers, das Lendentuch liegt den Ober-
schenkeln auf und läßt deren Rundheit deutlich werden, senkrech-
te Falten rahmen diese Partien. Die Entwicklung scheint - soweit
wir nach dem Erhaltenen urteilen dürfen - im Sinne einer Verein-
heitlichung der plastischen Form vor sich gegangen zu sein.

Ikonographisch vertritt der Ringelheimer Kruzifixus den Gegen-
typ des Gerokreuzes. Doch würde die Benennung "der Herr als Sieger
über den Tod" dem Denkmal nicht gerecht werden. In der Neigung des
Hauptes und in den Gesichtszügen klingt auch bei ihm das Leiden
an.

Zwischen diesen beiden ikonographisch gegensätzlichen Werken
lassen sich nun die weiteren Großkruzifixe des elften Jahrhunderts
einordnen - denn die Darstellung des Triumphierenden kommt in der
Monumentalskulptur, soweit wir sehen, im Gegensatz zur Kleinkunst
nicht vor. Von den folgenden Stücken ist kaum eines so genau zu
datieren wie die beiden Besprochenen, die Daten wollen mehr die
Entwicklung veranschaulichen, als absolute Festlegungen sein.

Zu den schönsten Bereicherungen unseres Bildes ottonischer
Kunst gehört ein Kruzifixus aus der ehemaligen Sammlung Schuster
in München, getzt im Kölner Schnütgen-Museum (Abb.3,19)* den Ri-

chard Hamann-MacLean als erster in die Skulptur des elften Jahr-

11)

hunderts eigeordnet hat . Das Corpus aus Lindenholz ist 1,34- m
hoch, ist also etwas kleiner als das Gerokreuz oder der Ringel-
heimer Kruzifix. Es enthält kein Reliquienrepositorium. Leider

ist es bis jetzt nicht gelungen, diesen Kruzifixus in einen be-

11a)

stimmten Kunstkreis zu lokalisieren .
 
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