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Kapitel III: Kruzifixtypen und Kreuzigungsdarstellungen in der

deutschen Schatzkunst des zehnten und elften Jahrhunderts

In der deutschen "Schatzkunst" (Hanns Swarzenski) des zehnten
und elften Jahrhunderts gehört die Kreuzigung zu den häufigsten
Themen. In der karolingischen Buchmalerei war sie - wie überhaupt
der neutestamentliche Zyklus - selten. Dagegen war sie schon da-
mals eines der Hauptthemen der Elfenbeinplastik. In ottonischer

Zeit kommen die Kruzifixe der Goldschmiedekunst und des Bronze-

1)

gusses und die vielen Miniaturen hinzu . Aus der Uberfülle der
Denkmäler ’muß im Folgenden eine Auswahl getroffen werden. Vieles,
besonders an Handschriften, ist noch nicht richtig publiziert wor-
den. Doch ermöglichen die bekannten Denkmäler einen klaren Über-
blick über die Möglichkeiten der ottonischen Kreuzigungsikonogra-
phie.

Köln

In Köln, wo das Gerokreuz entstand, läßt sich in der Buchmale-

rei eine sehr einheitliche Kreuzigungs- und Kruzifixdarstellung

2)

vom Ende des zehnten Jahrhunderts bis gegen 1060 beobachten .

Die früheste Handschrift ist das Sakramentar aus St. Gereon, Pa-
ris BN lat.817^. Im Gebet pro rege wird OTTO REX NOSTER genannt,
was eine Datierung der Handschrift in die Königszeit Ottos III.

Zj.')

983-996 ermöglicht . Die Kreuzigung erscheint nicht wie sonst so
oft in Sakramentaren am Beginn des Meßkanons, sondem vor den Prä-
fationen auf fol.59. (Abb.27) Auf den beiden nächsten Seiten fol.
59v und 60 sind Pilatus mit den Grabeswächtern und die beiden
Frauen am Grabe dargestellt (nach Mt 27,62-28,1)^. Vor purpurnem
Hintergrund, der sich hinter Maria und Johannes zu hügelartigen
Gebilden aufhellt, erhebt sich auf dem als "Golgatha locus" ge-
kennzeichneten Boden das goldene Steckkreuz. Der Herr steht und
hängt zugleich am Kreuz. Der Körper zerrt die Arme tief nach un-
ten, die Finger sinken schlaff herab. Das Haupt ist auf die rech-
te Schulter gesunken, die Augen geschlossen. Der Oberkörper sackt
 
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