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Einleitung

Das Gerokreuz im Kölner Dom (Abb. 1,17) ist der früheste erhal-
tene monumentale Kruzifixus. Obgleich es die Kölner Lokaltradi-
tion schon immer für eine Stiftung des Erzbißchofs Gero von Köln
(969-976) an den Kölner Dom gehalten hatte ', wurde es von der

kunstgeschichtlichen Eorschung zunächst ins ausgehende zwölfte

2)

Jahrhundert datiert In einem bahnbrechenden Aufsatz, der die
Entdeckung der ottonischen Monumentalskulptur brachte, begründete
Richard Hamann 1924- eine Ansetzung ins elfte Jahrhundert -", die
er 1930 noch korrigierte, indem er den Kruzifixus in die Zeit

h )

des Erzbischofs Gero datierte Die kunstgeschichtliche Bedeu-
tung des Gerokreuzes und die Reichweite seiner Nachfolge ist erst
durch eine Reihe von Großkruzifixen deutlich geworden, die in der
Zeit nach dem zweiten Weltkrieg entdeckt oder ins elfte Jahrhun-
dert umdatiert wurden-". Bei der Bedeutung des Gerokreuzes als
des ersten uns überlieferten Monumentalkruzifixus ist es verwun-
derlich, daß es keine umfassende Arbeit gibt, die alle Probleme
durchdenkt, die dieses Werk stellt^. Von den vielfältigen dabei
zu behandelnden Fragen sei hier nur eine gestellt und zu beant-
worten versucht: die Frage seiner Ikonographie. Der Kruzifixtyp,
den das Gerokreuz vertritt, soll auf seine Entstehung und Bedeu-
tung hin untersucht werden.

Das Gerokreuz stellt den toten Christus am Kreuz dar. Der

Schmerz und die Qual des Todes sind aber nicht zu einem Schrei

gesteigert wie später in gewissen gotischen Kruzifixen oder bei

7)

Grünewald. Stille Verhaltenheit beherrscht den Kruzifixus''.

Wie anders die ottonische Kunst den Gekreuzigten zu gestalten
vermochte, zeigt uns ein Vergleich mit einem Werke der Kleinkunst,
dem um 1006 enstandenen Giselakreuz in der Schatzkammer der Mün-
chener Residenz (Abb.54-). Der Herr ist lebend dargestellt, auf-
recht am Kreuz in jener eigentümlichen Haltung, die halb ein Ste-
hen, halb ein Schweben ist.

Für diese beiden grundverschiedenen Typen stellt sich die Frage
nach ihrer Herkunft und Bedeutung. Für den Typ des Gerokreuzes
hat man in den letzten Jahren immer wieder auf eine der Haupt-
 
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