Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Haussherr, Reiner
Der tote Christus am Kreuz: zur Ikonographie des Gerokreuzes — 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31126#0126
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
124

ren nur Stephaton, Maria, Johannes, Sol und Lun.a. Im Rahmen einer
grcßen historischen Szene tritt dieser Kruzifixus mit dem Schurz-

motiv der Adalberoplatte auf dem Passionselfenbein des Louvre

54)

(Abb.117) auf^ . Hier ist aber nicht zu entscheiden, ob Ghristus
lebend oder tot dargestellt ist, da die Köpfe stark abgerieben
sind. Um den Kruzifixus Longinus und Stephaton sowie Maria und Jo-
hannes. An den Seiten die Schächer mit den Armen nach hinten über
die Kreuzquerbalken, gerahmt von je zwei Tortores. Erst um 1000
wird also in die Metzer Kreuzigungsdarstellungen, die sonst in
beinahe allen Einzelheiten Werke der älteren und jüngeren Metzer
Schule kopieren, weshalb söe jja Goldschmidt direkt im Anschluß an
die ältere Metzer Schule bespricht, der tote Christus am Kreuz
eingefügt.

In der Kunst von Reims um 830-850 hat sich in sakramentalen
Szenen ein Typus des toten Gekreuzigten entwickelt, der dann in
den Ausläufern dieser Schule auch in historisch-repräsentative
Szenen übertragen wurde.In der Kunst des mittleren neunten Jahr-
hunderts werden in Kruzifixdrrstellungen Motive herausgebildet,
die für den abendländischen Typus des toten Christus am Kreuz kon-
stituierend sind: das Hängen des schweren Körpers an herabsinken-
den Armen, die heruntergebogenen Finger und das auf die Brust ge-
sunkene Haupt. Dieser neue Typus entsteht im Reims in sakramenta-
len Darstellungen. Erst später wird er in das das Historische zu-
sammenfassende, repräsentative Kreuzigungsbild übernommen. In
Metz wird er erst um 1000 und dann unterschiedslos in mehr sakra-
mentalen und mehr historisch-repräsentativen Szenen verwendet.

Für die Deutung müssen also die Ansatzpunkte im sakramentalen Be-
reich gesucht werden. Das Interesse an der Darstellung des toten
Gekreuzigten im "Historienbild" ist offenbar erst durch seine sa-
kramentale Bedeutung möglich geworden.
 
Annotationen