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mehr zu trennen. Der Realismus des Gerokreuzes hat seine Voraus-
setzung in dem sakramental begründeten Interesse an der histori-
schen Realität von Leiden und Tod Christi, von dem das Heil ab-
hängt. 55° a^

Das Interesse an der historischen Abfolge der Ereignisse auf
Golgatha führte kurz vor 1000 auf der Reichenau zum Auseinanderle
gen des überkommenen Breitbildes der Kreuzigung in zwei Szenen
(Abb.42-45). Der lebende undder tote Gekreuzigte werden mit den
zugehörigen Episoden dargestellt. In dem gleichen Skriptorium
stellte man auf zwei Bildseiten die himmlische Herrschaft Christi
der Kirche in ihren Sakramenten gegenüber. Auf der einen Seite
der Himmelsherrscher inmitten der Engelshierarchien, auf der ande
ren der tote Gekreuzigte, von dessen Seitenwunde die Sakramente
ausgehen (Abb.47). Der Bezug der Eucharistie zum Kreuzestod war

schon bei Paschasius Radbertus immer wieder hervorgehoben und in

BB1)

karolingischer Zeit auch bildlich dargestellt worden ^ . Diese

Gedanken leben im Zeitalter der Ottonen weiter, wie diese Minia-
tur der Hohenliedhandschrift Bamberg Staatsbibl.Ms.Bibl.22 zeigt.
Daß aaneben weiterhin die Vorstellung des himmlichen verklärten
Leibes auch im eucharistischen Bereich zur Geltung kommt, braucht
nicht eigens her' rorgehoben zu werden. Gerade das Nebeneinanderher
laufen verschiedenf-r Ansichten ist die Ursache für die Vielfältig
keit der Biidiypen.

Ausblick

Die theologische Entwicklung wird erst nach der Mitte des elf-

552)

ten Jahrhunderts im Berengarschen Abendmahlsstreit faßbar^ y.

Das Bekenntnis, das Berengar 1059 in Rom unterschreiben mußte,

555)

ist von Humbert von Silva Candida verfaßt worden und wurde
offizielle, kirchliche Lehre. Humbert, der die theologischen
Grundlagen des byzantinischen Kreuzigungsbildes so scharf ange-
griffen hatte und dabei auf der körperlichen Realität des Kreuzes
todes als Voraussetzung für Auferstehung und Erlösung bestanden
hatte, bestimmt den Inhalt des Sakramentes noch stärker christo-
logisch und christozentrisch, als das Radbert getan hatte. Er
 
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