1897
Heidelbekger Akademische Mitteilungen
Nr. 13
Hoclisclmliiachricliten.
Heidelberg-, 23. Juli 1897.
* Excellenz Eisclier. Herr Geheime Rat Prof. Dr.
Kuno Pisclier Exc. begeht heute seinen 74. Geburtstag.
Die Hörer des gefeierten Lehrers werden Sr. Excellenz heute
naehmittag 4 Uhr im festlicli geschmückten Hörsaale ihre
Geburtstagswiinsche darbringen, denen wir uns aufricbtigst
anschliessen.
* Ehrung. I)ie Studentenschaft veranstaltet heute Frei-
tag Abend anlässlich des 70. Geburtstages des Herrn Geh.
Rat Prof. Dr. J. Bekker einen Fackelzug. — Am Sonntag,
I. August nachmittags 2 Uhr, findet zu Ehren des Seniors
unserer Juristen ein Festmahl im Museum statt, zu welchem
die juristische Fakultät die Yerehrer und Freunde des Jubi-
lars einlädt. Wie wir vernehmen, werden auch Vertreter
fremder üniversitäten zur Feier erscheinen.
* Eruenming. Herr Geh. Rat Professor Dr. G e g e n b a ur
wurde von der Akademie der Naturwissenschaften in Wien
zum korrespondierenden Mitglied ernannt.
* Berufung. Der ausserordentliche Professor der Minera-
logie und Geologie Herr Dr. Osann ist an Stelle des mit
Ende des Semesters nach Würzburg übersiedelnden Professors
Dr. Beckenkamp an die Chemieschule in Mülhausen berufen
wurden.
* Der Bacliverein und akad. Gesangverein werden
in dem Universitätsgottesdienst, der am nächsten Sonntag
(25. Juli) in der Providenzkirche stattfindet, dieKirchen-
musik übernehmen und folgende Tonstücke zum Vortrage
bringen: Motette zu 4 Stimmen und Basso continuo (Orgel)
iiber das Kirchenlied „Nun lob mein’ Seel“ von J. S. Bach;
Choral zu 4 Stimmen „Sei Lob und Preis mit Ehren“ von
J. S. Bach; „Nun bitten wir den hl. Geist“, altdeutsche
Leise in 8 Strophen zu 5 Stimmen von Ph. Wolfrum. — Es
ist für diesen Tag eine Collecte in Aussicht genommen fiir
die in der St. Peterskirche neu zu erstellende Orgel.
* Dank der Deutschböhmen. Am Sonntag Nach-
mittag hielt der Nationalverein in Tetschen-Bodenbach
eine öffentliche Vereinsversammlung ab, in welcher nach Er-
stattung des Berichts iiber die politische Lage seitens des
Vereinsmitgliedes Dr. von Görner Professor Müller be-
antragte, folgendes Telegramm an den Prorektor der Uni-
versität in Heidelberg abzusenden: „Der deutsche
Nationalverein in Tetschen spricht durch seine heutige Ver-
sammlung der Universität inHeidelberg für die von
ihr ausgehende grossartige Kundgebung den tiefsten Dank
aus.“ Der Antrag wurde unter ausserordentlichem Beifalle
einstimmig angenommen.
<$ Lawu-Tennis. Am Samstag, den 17. und Sonntag, den
18. Juli fand in Strassburg zwischen sechs Studenten der
dortigen Universität und sechs Heidelberger Studenten, An-
gehörigen des hiesigen Tennis-Clubs, ein Lawn-Tennis-Turnier
statt. Aus dem interessanten Kampfe ging Heidelberg mit
zehn Punkten zu fünf als Sieger hervor. Von sechs Einzel-
spielen gewann Heidelberg vier, von neun Doppelspielen sechs
Spiele. Der in jeder Beziehung gelungene Verlauf des Turniers
lässt eine häufigere Wiederholung derartiger friedlicher Wett-
streite in den Kreisen deutscher Studenten erhoffen. Zum
Schluss sei noch der äusserst liebenswürdigen und kamerad-
schaftlichen Aufnahme gedacht, die die Strassburger der
Heidelberger Mannschaft zu Teil werden liessen.
SocialökonoDiisclie Yereinignng zn Heidel-
berg.
Ein jeder, der socialökonomischen Problemen bereits ein
tiefergehendes Studium zugewendet hat, erkennt, welch liohen
Wert diese Richtung der Geistesbethätigung für das gesamte
heutige Leben bietet, und welch hoher Rang ihr besonders
unter den praktischen Wissenschaften zusteht. Die Allgemein-
heit ihrer Bedeutung wird es erklärlich erscheinen lassen,
dass sich auch an hiesiger Universität ein reges Bedürfnis
geltend maehte, die Kenntnis der Socialökonomie nach Kräften
zu förderu, und den Studierenden aller Fakultäten auf diesem
Boden für ihre Bestrebungen Mitwirkung und Unterstützung
zu eröffnen.
So konstituierte sicli denn am 9. Juli d. J., im Bewusst-
sein der Zustimmung Sr. Magnificenz des Herrn Prorektors
und der Herren Dozenten der Staatswissenschaften, die social-
ökonomische Vereinigung.
Gemäss ihres wissenschaftlichen Charakters, der, als
unvereinbar mit politischen oder religiösen Parteirichtungen,
diesen gegenüber volle Neutralität bewahrt, entsprechend
ihrem Ziele, das Interesse fiir die Volkswirtschaft möglichst
auszudehnen, weshalb der korporative Charakter ausgeschlossen
wird, setzte die Vereinigung ihre Statuten folgendermassen
§ I. Die Yereinigung verfolgt die Aufgabe, das socialökono-
mische Wissen ihrer Mitglieder zu pflegen.
§ 2. Die Vereinigung beobachtet in konfessionellen und poli-
tischen Fragen unbedingte Neutralität. Sie trägt keinen studentisch-
korporativen Charakter und verzichtet dementsprechend auf eine
Yertretung im Ausschusse der Studentenschaft.
§ 3. Als Mittel zur Durchführung der in § 1 gekennzeich-
neten Aufgabe dienen:
1) von Mitgliedern oder Giisten zu haltende Yorträge;
2) hieran sich anschliessende oder freie Diskussionen;
3) Exkursionen zur Inaugenscheinnahme wirtschaftlich wich-
tiger Betriebe;
4) ein einzurichtender Lesezirkel.
Die Sitzungen finden in der Regel allwöchentlich statt.
§ 4. Die Vereinigung besteht aus Ehrenmitgliedern und ordent-
iichen Mitgliedern. Khrenmitglieder sind zunächst die Dozenten
der Staatswissenschaften der Universität Heidelberg. Die Ehren-
mitgliedschaft wird im übrigen durch eine 2/3 Majorität in geheimer
Abstimmung der ordentlichen Mitglieder gewährt. Ordentliches
Mitglied ltann Jeder werden, der akademischer Bürger der Heidel-
berger Universität ist. Die Aufnahme ist Folge einos in ge-
heimer Abstimmung herbeigeführten Majoritätsbeschlusses. Wer als
ordentliches Mitglied beizutreten wünscht, hat vorher an zwei Sitz-
ungen teilzunehmen. Die Mitglieder haben das Recht, Gäste ein-
zuführen.
§ 5. Der Vorstand besteht aus fünf Mitgliedern: einem Vor-
sitzenden, einem stellvertretenden Vorsitzenden, dem Schriftftihrer,
dessen Stellvertreter und dem Schatzmeister. Die Vorstandsmit-
glieder ergänzen sich in ihren Funktionen. Der Schriftführer liat
das Recht, die Protokollführung einem beliebigen ordentlichen Mit-
gliede zu übertragen. Der Schatzmeister verwaltet das gesammte
Vereinseigentum. Die Wahl der Zeitschriften für den Lesezirkel
obliegt dem Vorstande.
Die Wahl des Vorstandes geschieht gegen Schluss des Se-
mesters für das kommende in geheimer Abstimmung.
§ 6. In der Semesterschlusssitzung erstattet der Vorstand einen
Geschäftsbericht.
§ 7. Der Beitrag der ordentlichen Mitglieder beträgt Mk. —.50
pro Monat; die Ehrenmitglieder zahlen keinen Beitrag.
§ 8. Statutenänderung, Auflösung der Vereinigung und Aus-
schliessung eines Mitgliedes bediirfen der Zustimmung von 3/i der
Mitglieder und können nur in einer ausserordentlichen unter An-
gabe des Zweckes berufenen Sitzung beschlossen werden.
§ 9. Im Falle der Auflösung der Vereinigung ist das Ver-
mögen dem voikswirtschaftlichen Seminar der Universität Heidelberg
zu iiberweisen.
Das rege Interesse, welches der Vereinigung entgegen-
gebracht wurde, zeigt der Verlauf der ersten ordentlichen
Sitzung, die Montag, den 19. Juli, 8 h. c. t. im Bremeneck
stattfand. Erschienen waren S. Magnificenz der Herr Pro-
rektor, Geheimer Hofrat Dr. Georg Meyer, die Herren Professor
M.Weber, Prof. Schäfer, Prof. E. Leser, Dr. Kindermann und
Dr. Affolter, sowie üher 40 Studierende aller Fakultäten.
Der Vorsitzende, Freiherr von Maderny, eröffnete die
Sitzung mit einer Antrittsrede, in welcher er S. Magnificenz
dem Herrn Prorektor und den Herren Dozenten den Dank
Heidelbekger Akademische Mitteilungen
Nr. 13
Hoclisclmliiachricliten.
Heidelberg-, 23. Juli 1897.
* Excellenz Eisclier. Herr Geheime Rat Prof. Dr.
Kuno Pisclier Exc. begeht heute seinen 74. Geburtstag.
Die Hörer des gefeierten Lehrers werden Sr. Excellenz heute
naehmittag 4 Uhr im festlicli geschmückten Hörsaale ihre
Geburtstagswiinsche darbringen, denen wir uns aufricbtigst
anschliessen.
* Ehrung. I)ie Studentenschaft veranstaltet heute Frei-
tag Abend anlässlich des 70. Geburtstages des Herrn Geh.
Rat Prof. Dr. J. Bekker einen Fackelzug. — Am Sonntag,
I. August nachmittags 2 Uhr, findet zu Ehren des Seniors
unserer Juristen ein Festmahl im Museum statt, zu welchem
die juristische Fakultät die Yerehrer und Freunde des Jubi-
lars einlädt. Wie wir vernehmen, werden auch Vertreter
fremder üniversitäten zur Feier erscheinen.
* Eruenming. Herr Geh. Rat Professor Dr. G e g e n b a ur
wurde von der Akademie der Naturwissenschaften in Wien
zum korrespondierenden Mitglied ernannt.
* Berufung. Der ausserordentliche Professor der Minera-
logie und Geologie Herr Dr. Osann ist an Stelle des mit
Ende des Semesters nach Würzburg übersiedelnden Professors
Dr. Beckenkamp an die Chemieschule in Mülhausen berufen
wurden.
* Der Bacliverein und akad. Gesangverein werden
in dem Universitätsgottesdienst, der am nächsten Sonntag
(25. Juli) in der Providenzkirche stattfindet, dieKirchen-
musik übernehmen und folgende Tonstücke zum Vortrage
bringen: Motette zu 4 Stimmen und Basso continuo (Orgel)
iiber das Kirchenlied „Nun lob mein’ Seel“ von J. S. Bach;
Choral zu 4 Stimmen „Sei Lob und Preis mit Ehren“ von
J. S. Bach; „Nun bitten wir den hl. Geist“, altdeutsche
Leise in 8 Strophen zu 5 Stimmen von Ph. Wolfrum. — Es
ist für diesen Tag eine Collecte in Aussicht genommen fiir
die in der St. Peterskirche neu zu erstellende Orgel.
* Dank der Deutschböhmen. Am Sonntag Nach-
mittag hielt der Nationalverein in Tetschen-Bodenbach
eine öffentliche Vereinsversammlung ab, in welcher nach Er-
stattung des Berichts iiber die politische Lage seitens des
Vereinsmitgliedes Dr. von Görner Professor Müller be-
antragte, folgendes Telegramm an den Prorektor der Uni-
versität in Heidelberg abzusenden: „Der deutsche
Nationalverein in Tetschen spricht durch seine heutige Ver-
sammlung der Universität inHeidelberg für die von
ihr ausgehende grossartige Kundgebung den tiefsten Dank
aus.“ Der Antrag wurde unter ausserordentlichem Beifalle
einstimmig angenommen.
<$ Lawu-Tennis. Am Samstag, den 17. und Sonntag, den
18. Juli fand in Strassburg zwischen sechs Studenten der
dortigen Universität und sechs Heidelberger Studenten, An-
gehörigen des hiesigen Tennis-Clubs, ein Lawn-Tennis-Turnier
statt. Aus dem interessanten Kampfe ging Heidelberg mit
zehn Punkten zu fünf als Sieger hervor. Von sechs Einzel-
spielen gewann Heidelberg vier, von neun Doppelspielen sechs
Spiele. Der in jeder Beziehung gelungene Verlauf des Turniers
lässt eine häufigere Wiederholung derartiger friedlicher Wett-
streite in den Kreisen deutscher Studenten erhoffen. Zum
Schluss sei noch der äusserst liebenswürdigen und kamerad-
schaftlichen Aufnahme gedacht, die die Strassburger der
Heidelberger Mannschaft zu Teil werden liessen.
SocialökonoDiisclie Yereinignng zn Heidel-
berg.
Ein jeder, der socialökonomischen Problemen bereits ein
tiefergehendes Studium zugewendet hat, erkennt, welch liohen
Wert diese Richtung der Geistesbethätigung für das gesamte
heutige Leben bietet, und welch hoher Rang ihr besonders
unter den praktischen Wissenschaften zusteht. Die Allgemein-
heit ihrer Bedeutung wird es erklärlich erscheinen lassen,
dass sich auch an hiesiger Universität ein reges Bedürfnis
geltend maehte, die Kenntnis der Socialökonomie nach Kräften
zu förderu, und den Studierenden aller Fakultäten auf diesem
Boden für ihre Bestrebungen Mitwirkung und Unterstützung
zu eröffnen.
So konstituierte sicli denn am 9. Juli d. J., im Bewusst-
sein der Zustimmung Sr. Magnificenz des Herrn Prorektors
und der Herren Dozenten der Staatswissenschaften, die social-
ökonomische Vereinigung.
Gemäss ihres wissenschaftlichen Charakters, der, als
unvereinbar mit politischen oder religiösen Parteirichtungen,
diesen gegenüber volle Neutralität bewahrt, entsprechend
ihrem Ziele, das Interesse fiir die Volkswirtschaft möglichst
auszudehnen, weshalb der korporative Charakter ausgeschlossen
wird, setzte die Vereinigung ihre Statuten folgendermassen
§ I. Die Yereinigung verfolgt die Aufgabe, das socialökono-
mische Wissen ihrer Mitglieder zu pflegen.
§ 2. Die Vereinigung beobachtet in konfessionellen und poli-
tischen Fragen unbedingte Neutralität. Sie trägt keinen studentisch-
korporativen Charakter und verzichtet dementsprechend auf eine
Yertretung im Ausschusse der Studentenschaft.
§ 3. Als Mittel zur Durchführung der in § 1 gekennzeich-
neten Aufgabe dienen:
1) von Mitgliedern oder Giisten zu haltende Yorträge;
2) hieran sich anschliessende oder freie Diskussionen;
3) Exkursionen zur Inaugenscheinnahme wirtschaftlich wich-
tiger Betriebe;
4) ein einzurichtender Lesezirkel.
Die Sitzungen finden in der Regel allwöchentlich statt.
§ 4. Die Vereinigung besteht aus Ehrenmitgliedern und ordent-
iichen Mitgliedern. Khrenmitglieder sind zunächst die Dozenten
der Staatswissenschaften der Universität Heidelberg. Die Ehren-
mitgliedschaft wird im übrigen durch eine 2/3 Majorität in geheimer
Abstimmung der ordentlichen Mitglieder gewährt. Ordentliches
Mitglied ltann Jeder werden, der akademischer Bürger der Heidel-
berger Universität ist. Die Aufnahme ist Folge einos in ge-
heimer Abstimmung herbeigeführten Majoritätsbeschlusses. Wer als
ordentliches Mitglied beizutreten wünscht, hat vorher an zwei Sitz-
ungen teilzunehmen. Die Mitglieder haben das Recht, Gäste ein-
zuführen.
§ 5. Der Vorstand besteht aus fünf Mitgliedern: einem Vor-
sitzenden, einem stellvertretenden Vorsitzenden, dem Schriftftihrer,
dessen Stellvertreter und dem Schatzmeister. Die Vorstandsmit-
glieder ergänzen sich in ihren Funktionen. Der Schriftführer liat
das Recht, die Protokollführung einem beliebigen ordentlichen Mit-
gliede zu übertragen. Der Schatzmeister verwaltet das gesammte
Vereinseigentum. Die Wahl der Zeitschriften für den Lesezirkel
obliegt dem Vorstande.
Die Wahl des Vorstandes geschieht gegen Schluss des Se-
mesters für das kommende in geheimer Abstimmung.
§ 6. In der Semesterschlusssitzung erstattet der Vorstand einen
Geschäftsbericht.
§ 7. Der Beitrag der ordentlichen Mitglieder beträgt Mk. —.50
pro Monat; die Ehrenmitglieder zahlen keinen Beitrag.
§ 8. Statutenänderung, Auflösung der Vereinigung und Aus-
schliessung eines Mitgliedes bediirfen der Zustimmung von 3/i der
Mitglieder und können nur in einer ausserordentlichen unter An-
gabe des Zweckes berufenen Sitzung beschlossen werden.
§ 9. Im Falle der Auflösung der Vereinigung ist das Ver-
mögen dem voikswirtschaftlichen Seminar der Universität Heidelberg
zu iiberweisen.
Das rege Interesse, welches der Vereinigung entgegen-
gebracht wurde, zeigt der Verlauf der ersten ordentlichen
Sitzung, die Montag, den 19. Juli, 8 h. c. t. im Bremeneck
stattfand. Erschienen waren S. Magnificenz der Herr Pro-
rektor, Geheimer Hofrat Dr. Georg Meyer, die Herren Professor
M.Weber, Prof. Schäfer, Prof. E. Leser, Dr. Kindermann und
Dr. Affolter, sowie üher 40 Studierende aller Fakultäten.
Der Vorsitzende, Freiherr von Maderny, eröffnete die
Sitzung mit einer Antrittsrede, in welcher er S. Magnificenz
dem Herrn Prorektor und den Herren Dozenten den Dank