Nr. 14
Heidelberger Akademische Mitteilungen
1905
Freie Stüde
(Unter eigener
Protokoll der 11. ordentlichen Generalversamm-
lung, Sommer 1905.
Der stellvertretende erste Vorsitzende, stud. iur.
Haas, eröffnet die Sitzung mit dem Bericht über das
Ergebnis der Wahlen für den Ferienausschuss und das
Präsidium des kommenden Wintersemesters. Er bringt
den Bericht über die Tätigkeit der Fr. St. im Sommer,
der in den Finkenblättern veröffentlicht werden soll, zur
Verlesung. Der Bericht enthält u. a. einen Ueberblick
über die Veranstaltungen der einzelnen Abteilungen und
die beiden Sommerfeste. Ueberall konnte das Ergebnis
ein recht erfreuliches genannt werden. Nachdem der
Kassierer, Herr Horch, über die Kasse Bericht erstattet
hatte, die einen Ueberschuss von 65 Mk. gegenüber
einem Defizit von 75 Mk. im Winter aufweist, wird der
Verwaltungsausschuss auf Antrag von Herrn Ruge ent-
lastet.
Der Referent des Abends, Herr Ruge, behandelt
sodann die Frage, wie sich die Freie Studentenschaft
zum Satisfakionsstandpunkt zu verhalten habe. Der
Wortlaut seiner klaren und unparteiischen Ausführungen
wird in den Akademischen Mitteilungen demnächst be-
kannt gegeben werden.
An seine Worte schloss sich eine lebhafte Diskus-
sion, an der sich hauptsächlich die Herren Cohn, Peter,
Schumacher, Brümmer, Rubin und Schmitthenner be-
teiligten.
Ein Antrag Ruge: Die Commentausbildung soll einer
Kommission übertragen werden, wird durch Akklamation
angenommen; zu Mitgliedern der Kommission werden
Herr Schumacher und Herr Peter gewählt mit dem
Rechte der Kooptation.
Im Verlaufe der Diskussion wird ferner ein Antrag
cand. med. Cohn eingebracht: „Die G.-V. erklärt, dass
die Anschaffung eigener Waffen in keiner Weise gegen
die Grundsätze der Fr. St. verstösst, im Gegenteil, ihren
Prinzipien und Aufgaben vollkommen entspricht". Der
Antrag wird fast einstimmig angenommen. [Man ver-
gleiche die Ausführungen von cand. phil. Ruge in der
nächsten Nummer der Akademischen Mitteilungen.]
Dem durch Krankheit verhinderten ersten Vor-
sitzenden, Herrn Leyendecker, drückt zum Schluss die
G.-V. den Dank für seine Tätigkeit im Sommersemester
in einer Adresse aus, welche Herr Schumacher aufge-
setzt hatte und die von allen Anwesenden unterzeichnet
wurde.
Dauer der Sitzung: 9—ll1^.
Das Präsidium der H. Fr. St.
O. Haas,
stellvertr. I. Vorsitzender.
Abgekürztes Protokoll der Vl. Ausschusssitzung
am 28. Juli 1905.
Lokal: Heidelberger Hof.
Vorsitz: Herr stud. iur. Haas.
Nach Genehmigung des Protokolls der letzten Aus-
schusssitzung berichtete der Vorsitzende über die Tätig-
keit der Organisation im verflossenen Semester, sodann
der Kassierer über den Stand der Kasse.
ntenschaft.
Schriftleitung.)
Ein Antrag Cohn, von dem Ueberschuss Mk. 50.—
auf der Sparkasse zu deponieren, sowie ein zweiter auf
Entlastung des Präsidiums werden einstimmig ange-
nommen.
Hierauf erfolgen die Wahlen für den Ferienaus-
schuss, aus denen die Herren Peter, Schumacher und
Schmitthenner hervorgelien.
Zu Mitgliedern des Präsidiums für das nächste
Semester werden gewählt:
zum I. Vorsitzenden Herr cand. phil. Schmitthenner,
zum I. Schriftführer Herr stud. cam. Schick,
zum Kassenwart Herr stud. theol. et phil. Schu-
macher.
Dauer der Sitzung: I1^—8V2 h.
E. Mayer, II. Schriftwart.
Rezitatioiisabend
der
Literarisch-dramatischen Abteilung.
Auf das Ausschreibeil der Lit.-dramat. Abteilung
hin waren von bis jetzt noch wenig oder gar nicht be-
kannten Autoren eine sehr grosse Menge lyrischer Ge-
dichte aus Heidelberg sowie aus allen Himmelsrichtungen
Deutschlands zur Beurteilung bezw. zur Auswahl für den
öffentlichen Rezitationsabend eingelaufen. Den Herren
Professoren, die das Schiedsrichteramt übernommen hat-
ten, war eine grosse Arbeit erwachsen. Der Abend kam
und fand einen gut besetzten Saal. Den ersten Teil des
Programms bildeten Gedichte längst bekannter Autoren,
deren vorzügliche Interpretation unser unermüdlicher
Rezitator Reinhard Bruck übernahm. Wir fügen das
Programm bei.
Trinklied von Dehmel.
Een Boot ist noch buten von Stephan George.
Wie es kam von Arno Holz.
Bruder Liederlich von Liliencron.
Erinnerung von Presber.
Anfrage von Stieler.
Kammermusile von Salus.
Selbstmörder von Gerh. Hauptmann.
Das „Trinklied" brachte gleich Zug herein durch
seine flotte Rezitation. Dieses und die „Selbstmörder"
fanden, wie die Pressstimmen bezeugen, ausserordent-
lichen Beifall. Die „Erinnerung" und die „Anfrage"
machten durch die ergreifende Wiedergabe durch Rein-
hard Bruck einen tiefen Eindruck auf die Zuhörerschaft.
Der zweite Teil des Programms bildete gewisser-
massen den Höhepunkt des Abends. Hier wurde nur
rezitiert was die Jury mit Erfolg passiert hatte. Hier
die Reihenfolge der ausgewählten Dichtungen:
Vier Mädchenlieder von Johanna Friedberg, Karlsruhe.
Am Strom von Walter Beyli, stud. jur., hier.
Entsagung von Aime Lucian, hier.
Fatamorgana, Also auch Du von Hans Ludwig Lin-
kenbach in Ems.
Auf einer Anhöhe bei Rapallo von Johannes Kordes,
stud. jur., hier.
Heute Abend in dem Garten von Rudolf Pinner, Berlin.
Heidelberger Akademische Mitteilungen
1905
Freie Stüde
(Unter eigener
Protokoll der 11. ordentlichen Generalversamm-
lung, Sommer 1905.
Der stellvertretende erste Vorsitzende, stud. iur.
Haas, eröffnet die Sitzung mit dem Bericht über das
Ergebnis der Wahlen für den Ferienausschuss und das
Präsidium des kommenden Wintersemesters. Er bringt
den Bericht über die Tätigkeit der Fr. St. im Sommer,
der in den Finkenblättern veröffentlicht werden soll, zur
Verlesung. Der Bericht enthält u. a. einen Ueberblick
über die Veranstaltungen der einzelnen Abteilungen und
die beiden Sommerfeste. Ueberall konnte das Ergebnis
ein recht erfreuliches genannt werden. Nachdem der
Kassierer, Herr Horch, über die Kasse Bericht erstattet
hatte, die einen Ueberschuss von 65 Mk. gegenüber
einem Defizit von 75 Mk. im Winter aufweist, wird der
Verwaltungsausschuss auf Antrag von Herrn Ruge ent-
lastet.
Der Referent des Abends, Herr Ruge, behandelt
sodann die Frage, wie sich die Freie Studentenschaft
zum Satisfakionsstandpunkt zu verhalten habe. Der
Wortlaut seiner klaren und unparteiischen Ausführungen
wird in den Akademischen Mitteilungen demnächst be-
kannt gegeben werden.
An seine Worte schloss sich eine lebhafte Diskus-
sion, an der sich hauptsächlich die Herren Cohn, Peter,
Schumacher, Brümmer, Rubin und Schmitthenner be-
teiligten.
Ein Antrag Ruge: Die Commentausbildung soll einer
Kommission übertragen werden, wird durch Akklamation
angenommen; zu Mitgliedern der Kommission werden
Herr Schumacher und Herr Peter gewählt mit dem
Rechte der Kooptation.
Im Verlaufe der Diskussion wird ferner ein Antrag
cand. med. Cohn eingebracht: „Die G.-V. erklärt, dass
die Anschaffung eigener Waffen in keiner Weise gegen
die Grundsätze der Fr. St. verstösst, im Gegenteil, ihren
Prinzipien und Aufgaben vollkommen entspricht". Der
Antrag wird fast einstimmig angenommen. [Man ver-
gleiche die Ausführungen von cand. phil. Ruge in der
nächsten Nummer der Akademischen Mitteilungen.]
Dem durch Krankheit verhinderten ersten Vor-
sitzenden, Herrn Leyendecker, drückt zum Schluss die
G.-V. den Dank für seine Tätigkeit im Sommersemester
in einer Adresse aus, welche Herr Schumacher aufge-
setzt hatte und die von allen Anwesenden unterzeichnet
wurde.
Dauer der Sitzung: 9—ll1^.
Das Präsidium der H. Fr. St.
O. Haas,
stellvertr. I. Vorsitzender.
Abgekürztes Protokoll der Vl. Ausschusssitzung
am 28. Juli 1905.
Lokal: Heidelberger Hof.
Vorsitz: Herr stud. iur. Haas.
Nach Genehmigung des Protokolls der letzten Aus-
schusssitzung berichtete der Vorsitzende über die Tätig-
keit der Organisation im verflossenen Semester, sodann
der Kassierer über den Stand der Kasse.
ntenschaft.
Schriftleitung.)
Ein Antrag Cohn, von dem Ueberschuss Mk. 50.—
auf der Sparkasse zu deponieren, sowie ein zweiter auf
Entlastung des Präsidiums werden einstimmig ange-
nommen.
Hierauf erfolgen die Wahlen für den Ferienaus-
schuss, aus denen die Herren Peter, Schumacher und
Schmitthenner hervorgelien.
Zu Mitgliedern des Präsidiums für das nächste
Semester werden gewählt:
zum I. Vorsitzenden Herr cand. phil. Schmitthenner,
zum I. Schriftführer Herr stud. cam. Schick,
zum Kassenwart Herr stud. theol. et phil. Schu-
macher.
Dauer der Sitzung: I1^—8V2 h.
E. Mayer, II. Schriftwart.
Rezitatioiisabend
der
Literarisch-dramatischen Abteilung.
Auf das Ausschreibeil der Lit.-dramat. Abteilung
hin waren von bis jetzt noch wenig oder gar nicht be-
kannten Autoren eine sehr grosse Menge lyrischer Ge-
dichte aus Heidelberg sowie aus allen Himmelsrichtungen
Deutschlands zur Beurteilung bezw. zur Auswahl für den
öffentlichen Rezitationsabend eingelaufen. Den Herren
Professoren, die das Schiedsrichteramt übernommen hat-
ten, war eine grosse Arbeit erwachsen. Der Abend kam
und fand einen gut besetzten Saal. Den ersten Teil des
Programms bildeten Gedichte längst bekannter Autoren,
deren vorzügliche Interpretation unser unermüdlicher
Rezitator Reinhard Bruck übernahm. Wir fügen das
Programm bei.
Trinklied von Dehmel.
Een Boot ist noch buten von Stephan George.
Wie es kam von Arno Holz.
Bruder Liederlich von Liliencron.
Erinnerung von Presber.
Anfrage von Stieler.
Kammermusile von Salus.
Selbstmörder von Gerh. Hauptmann.
Das „Trinklied" brachte gleich Zug herein durch
seine flotte Rezitation. Dieses und die „Selbstmörder"
fanden, wie die Pressstimmen bezeugen, ausserordent-
lichen Beifall. Die „Erinnerung" und die „Anfrage"
machten durch die ergreifende Wiedergabe durch Rein-
hard Bruck einen tiefen Eindruck auf die Zuhörerschaft.
Der zweite Teil des Programms bildete gewisser-
massen den Höhepunkt des Abends. Hier wurde nur
rezitiert was die Jury mit Erfolg passiert hatte. Hier
die Reihenfolge der ausgewählten Dichtungen:
Vier Mädchenlieder von Johanna Friedberg, Karlsruhe.
Am Strom von Walter Beyli, stud. jur., hier.
Entsagung von Aime Lucian, hier.
Fatamorgana, Also auch Du von Hans Ludwig Lin-
kenbach in Ems.
Auf einer Anhöhe bei Rapallo von Johannes Kordes,
stud. jur., hier.
Heute Abend in dem Garten von Rudolf Pinner, Berlin.