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Nr. 34. ’ HEIDELBERGER 1845.
JAHRBÜCHER OER LITERATUR.

Kirchliche Zustände.

(Fortsetzung.)
Diess festgehalten, lag also die Antwort auf jene beiden Fragen
sehr nahe. Sie konnte nur lauten: da die kirchlichen Einrichtungen in
Preussen von den in England und Schottland wesentlich verschieden sind:
so habt ihr, um euren Zweck zu erreichen, den und den Weg einzu-
schlagen. Welchen kirchlichen Einrichtungen nun der Vorzug gebühre,
das ist eine schwierigere, für sich bestehende Frage. Die Reform der
englischen Kirche ist wie bekannt in der Hauptsache von Bischöfen durch-
gefiihrt worden. Daher kömmt es, dass in dieser Kirche das hierar-
chisch - aristokratische Element stärker hervortritt, als in irgend einer
anderen protestantischen Kirche. Die schottische entlehnte ihre presby-
terianische Verfassung von Calvin und Genf. Calvins Grundsätze und die
seiner nächsten Anhänger neigten wie bekannt zum Republicanismus hin.
Daher in der schottischen Kirche das demokratische Element, welches
aber durch die den Geistlichen zugewiesene Stellung — ein Nachbild der
Stellung, welche Calvin’s fast souverainer Wille zur Republik Genf ein-
nahm — so eigentümlich zu Gunsten der Hierarchie gemässigt ist, dass
man in vieler Beziehung sagen kann: jeder schottische Geistliche stehe
zu seiner Gemeinde im Verhältnisse eines Bischofes. Die deutsche Re-
formation begann und gelang, wie bekannt, in Ländern monarchischer
Verfassung und unter dem Schutze einzelner Monarchen. Daher tritt in
der kirchlichen Verfassung der deutschen Protestanten, besonders der
Lutheraner, das monarchische Princip hervor. Lässt sich nun irgend von
einer dieser drei Verfassungen sagen, dass sie nicht kirchlicher Art,
nicht ein Wesen der vom Erlöser ausgehenden Stiftungen sei, dass sie
überhaupt keine Kirche darstelle? In neuester Zeit soll diess besonders
von der Lutherischen gelten. Aber schwerlich mit Recht. Als Luther
XXXVIIL Jahrg, 4, Doppelheft. 34
 
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