Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
564

Forbes, travels through the Alps.

bisher über einen Monat gedauert hatte, schien sich ändern zu wollen;
der Südwind begann zu wehen, undurchdringliche Schleier umhüllten die
Häupter der gigantischen Berge. Drei Tage der Ungeduld, des Harrens
gingen langsam vorüber; das Wetter schien gleichsam der Kühnheit zu
spotten, die Geister jener Höhen schienen dem Fremdling den Zutritt ver-
sagen zu wollen. In der Nacht vom zwei- auf den drei und zwanzig-
sten Juli ward Forbes von seinen Führern gerufen — wie freudig
überrascht war er, als er in eine stille, freundliche Nacht hinaustrat,
über welche der Mond sein magisches Licht ergoss. Bald waren die
Vorbereitungen getroffen; schon die erste Stunde nach Mitternacht fand
unseren Verf. mit zwei Führern auf dem Wege. Nach einem Marsche
von wenigen Stunden gelangte man an den Fuss des letzten Ansteigens;
dort wurde an einer Quelle Halt gemacht, um in kurzer Frist neue Kräfte
zu sammeln. Nach mühsamem, beschwerlichen Emporklimmen ward end-
lich ·— zwanzig Minuten nach sieben Uhr — der Gipfel erreicht. Wie
schwanden Ermattung, Hunger und Durst vor dem herrlichen Gemälde,
das sich nun vor den trunkenen Blicken unserer Wanderer entfaltete!
Nur selten gelangt man zu so früher Morgenstunde zu solcher Höhe —
11,140 Fuss über dem Meere. Die Atmosphäre war vollkommen rein,
kein Wölkchen, kein Dunst war sichtbar; kein Lüftchen regte sich.
Die Fernsicht war eine der ausgezeichnetesten, die unserem vielgereisten
Verf. zu Theil wurden. Zu seinen Füssen lag die weite Reihe jener
Bergcolosse, aus deren wildem Chaos bald da, bald dort eine bekannte
Gestalt auftauchte. Die ausserordentliche Reinheit der Luft liess in eine
Ferne sehen, welche fast unglaublich scheint. So erblickte Forbes die
kühne, schroffe Form des Mont Pelvoux in der Dauphinee, des höchsten
Berges zwischen dem Mont Blanc und dem mittelländischen Meere. Nicht
minder entzückend, als die Fernsicht war auch der Blick auf die näch-
sten Gegenden. — Aber endlich forderte die Natur ihr Recht, und unter
einem Felsen ward ein frugales Frühstück eingenommen.

(Schluss folgt.)
 
Annotationen