»r. 31. HEIDELBERGER 1869'
JAHRBÜCHEI DER LITERATUR.
Verhandlungen des naturhistorisch - medizinischen
Vereins zu Heidelberg.
4. Vortrag des Herrn GeheimerathH. Helmholtz: »Heber
die Schallschwingungen in der Schnecke des Ohres«,
am 25. Juni 1869.
(Das Manuscript wurde sofort eingereicht.)
Zur Zeit der ersten Herausgabe meiner »Lehre von den
Tonempfinduugen« war die Untersuchung des Zusammenhangs
der einzelnen Theile , welche das Corti’sche Organ der Schnecke
im Ohre zusammensetzen, so wie die Messung seiner Dimensionen
in den verschiedenen Windungen der Schnecke noch nicht weit vor-
geschritten. Da die physiologischen Thatsachen mich zu der Hy-
pothese führten, dass verschiedene Nervenfasern des Nervus acu-
sticus mit elastischen Anhängseln von verschiedener Abstimmung
versehen sein möchten, schienen nach der damaligen Lage unserer
Kenntnisse die Corti’scben Bögen diejenigen zu sein, denen man
unter allen Theilen des Labyrinths am ersten die zu einer solchen
Function nöthige Masse, Festigkeit und Isolirtheit zutrauen konnte.
Obgleich nun ihre Form und Grösse nicht gerade grosse Unterschiede
in den verschiedenen Abtheilungen der Schnecke zeigte, so konnte
immerhin eine verschiedene Abstimmung derselben durch kleine
Unterschiede in der Dicke, Form des Querschnitts, Spannung u. s. w.
erreicht sein, Unterschiede, die bei der Präparation, namentlich
bei der Anwendung erhärtender Reagentien, vollständig verschwin-
den konnten , so dass deren Mangel mir nicht als ein entschei-
dender Grund gegen meine Hypothese erschien; namentlich der da-
mals noch sehr grossen Differenz in den Ansichten und Beschrei-
bungen der einzelnen Anatomen gegenüber, die sich mit diesem
Gegenstände beschäftigt hatten.
Seit jener Zeit haben die anatomischen Untersuchungen des
genannten Organs sehr wesentliche Fortschritte gerade in Bezug
auf diejenigen Verhältnisse gemacht, welche physiologisch wichtig
sind, und es ist viel grössere Uebereinstimmung zwischen den ver-
schiedenen Beobachtern zu Stande gekommen.
Von grosser Wichtigkeit für unseren Gegenstand waren nament-
lich die Untersuchungen von C. Hasse über die Schnecke der
Vögel und Amphibien. Sie zeigten in allen übrigen Verhältnissen
Uebereinstimmung mit den wesentlichen Zügen im Bau der 8äuge-
LXII. Jahrg. 7. Heft. 31
JAHRBÜCHEI DER LITERATUR.
Verhandlungen des naturhistorisch - medizinischen
Vereins zu Heidelberg.
4. Vortrag des Herrn GeheimerathH. Helmholtz: »Heber
die Schallschwingungen in der Schnecke des Ohres«,
am 25. Juni 1869.
(Das Manuscript wurde sofort eingereicht.)
Zur Zeit der ersten Herausgabe meiner »Lehre von den
Tonempfinduugen« war die Untersuchung des Zusammenhangs
der einzelnen Theile , welche das Corti’sche Organ der Schnecke
im Ohre zusammensetzen, so wie die Messung seiner Dimensionen
in den verschiedenen Windungen der Schnecke noch nicht weit vor-
geschritten. Da die physiologischen Thatsachen mich zu der Hy-
pothese führten, dass verschiedene Nervenfasern des Nervus acu-
sticus mit elastischen Anhängseln von verschiedener Abstimmung
versehen sein möchten, schienen nach der damaligen Lage unserer
Kenntnisse die Corti’scben Bögen diejenigen zu sein, denen man
unter allen Theilen des Labyrinths am ersten die zu einer solchen
Function nöthige Masse, Festigkeit und Isolirtheit zutrauen konnte.
Obgleich nun ihre Form und Grösse nicht gerade grosse Unterschiede
in den verschiedenen Abtheilungen der Schnecke zeigte, so konnte
immerhin eine verschiedene Abstimmung derselben durch kleine
Unterschiede in der Dicke, Form des Querschnitts, Spannung u. s. w.
erreicht sein, Unterschiede, die bei der Präparation, namentlich
bei der Anwendung erhärtender Reagentien, vollständig verschwin-
den konnten , so dass deren Mangel mir nicht als ein entschei-
dender Grund gegen meine Hypothese erschien; namentlich der da-
mals noch sehr grossen Differenz in den Ansichten und Beschrei-
bungen der einzelnen Anatomen gegenüber, die sich mit diesem
Gegenstände beschäftigt hatten.
Seit jener Zeit haben die anatomischen Untersuchungen des
genannten Organs sehr wesentliche Fortschritte gerade in Bezug
auf diejenigen Verhältnisse gemacht, welche physiologisch wichtig
sind, und es ist viel grössere Uebereinstimmung zwischen den ver-
schiedenen Beobachtern zu Stande gekommen.
Von grosser Wichtigkeit für unseren Gegenstand waren nament-
lich die Untersuchungen von C. Hasse über die Schnecke der
Vögel und Amphibien. Sie zeigten in allen übrigen Verhältnissen
Uebereinstimmung mit den wesentlichen Zügen im Bau der 8äuge-
LXII. Jahrg. 7. Heft. 31