Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. 53.

HEIDELBERGER

1869.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Zum Beweis des Glaubens von Dr Albert Peip} ausserordent-
lichem Professor der Philosophie an der Universität zu Göt-
tingen. Son der ab druck aus der apologetischen Monatsschrift:
Zum Beweis des Glaubens. Gütersloh bei C. Bertelsmann J867.
Betrachten wir mit aufmerksamen Augen die neueren Ereig-
nisse auf dem Gebiete der Kirchengeschichte, und prüfen wir zu-
gleich mit philosophischem Ernst die moderne Zuspitzung des Con-
flicktes zwischen den Bekennern des Schriftglaubens und den Ver-
tretern desjenigen Rationalismus, der sich gegen jene zu behaupten
im Stande gewesen, so lassen sich nicht die Symptome eines ern-
steren Kampfes verkennen. Wie auch dieser Kampf dereinst aus-
gefochten werden mag, ob, wie zu wünschen, nur im Fel.de wissen-
schaftlicher Gelehrtendebatte, oder wie Pessimisten Glauben machen
wollen mit dem Schwerte in der Rand, es ist von hoher Wichtig-
keit beide Gegner genauer kennen zu lernen, um zugleich ihre ver-
schiedenen Anschauungen zu vergleichen, und die Waffen ihrer
Gründe und Gegengründe mit einander abzuwägen. Hat doch be-
reits die Differenz der Glaubensanschauung die tonangebenden Par-
teien einzelner Volksvertretungen ergriffen und zu politischen Mass-
regeln gezwungen. Und in der That, es genügt ein Blick auf den
Entwicklungsgang unserer Cultur, ein Blick auf die Ergebnisse der Auf-
klärung und der Wissenschaft, gegenüber dem Interesse des streng
kirchlichen Glaubens, um die Betheiligung aller Parteien am Kampfe
des Glaubens zu begreifen. Je mehr wir indessen Besorgniss haben,
den historischen Entwicklungsgang unseres Culturlebens selbst in
das Uebel solcher Katastrophen gerathen zu sehen, ja mehr noch,
je mehr wir von gewissenloser Seite systematisch darauf hinarbeiten
sehen, das sociale Problem, so wie politische Fragen überhaupt,
aus solchem Grunde zuzuspitzen, um uns dieser Calamität entgegen-
zutreiben, haben wir dem gegenüber die Pflicht einen bessern
Zuknnftsglauben geltend zu machen. Und was könnte doch ein
Kampf der modernen Welt, geführt um den Glauben, im Grunde
noch anderes bedeuten, als das Aufgeben der edelsten Errungen-
schaften moderner Cultur, und wer im Ernst könnte es wagen, um
des Glaubens willen den Untergang echter Cultur weissagen zu
wollen? Nein, es ist wohl jedem Gemüth deutlich, dass es um
des Glaubens willen weder so weit kommen kann noch darf;
denn es ist uns wahrhaftes Heil geworden, zeugte nichts dafür,
die Grundlagen und die Fortschritte der Cultur liefern hierzu die
LXII. Jahrg. 11. Heft. 53
 
Annotationen