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Nr. 54. HEIDELBERGER
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Peip: Zinn Beweis des Glaubens.

(Schluss.)
Es erscheint uns als Pflicht, einer religionsphilosophischen
Logik rechtzeitig ein Halt zuzurufen, einer Logik, welche es unter-
nehmen will, den Glauben durch logische Ungereimtheiten zu be-
weisen. Möge in den Gedanken des Beweisführers »des rechten
Glaubens« immerhin ein unergründliches Wundei’ im Abfall des
Gewissens und im Dasein des Uebels existiren, der echte Glaube
und das Gewissen weiss von solchem Wunder schlechthin nichts,
cs begreift seinen Abfall und begreift seine Sühne, und wundert
sich vielmehr nur über das Wunder unseres Religionsphilosophen.
Der echte Glaube weiss und begreift Alles, denn was durch den
Begriff unerschöpflich, und dem Verf. hier unergründlich erscheint,
hat das Gewissen bereits unmittelbar in Klarheit begriffen. Das
Reich des absoluten Wunders liegt nicht in dem Laufe der wirk-
lichen Welt, sondern allein in der Kritiklosigkeit der Menschen
und des Philosophen.
IV.
Die Orthodoxie und das Todes phänomen.
Wie logische Principienfehler und Kritiklosigkeiten am klar-
sten in der Ethik durch die gezogenen Consequenzen hervortreten,
so auch im Bereiche dieser behandelten Lehren. Beschäftigen wir
uns jetzt mit einer solchen Consequenz, so lautet sie in den Wor-
ten des Verfassers: »Untrennbar aber vom Bösen ist sein
Correlat das Uebel, welches im Tode gipfelt!«
Dieser Satz, der schliesslich mit dem Tode drohend ge-
wissermassen das Allerheiligste des Universums, nämlich das ewige
Dasein alles in ihm Geschaffnen angreift, hat trotz seines Irrthums
niemals verfehlt die unphilosophische Menge in psychologisch leicht
zu erklärende Furcht zu versetzen, und man durfte in dieser Lehre
nicht mit Unrecht die Zuchtruthe alles starren Buchstabenglaubens
erkennen, mit der so zu sagen die halbgebildete Welt im unmittel-
baren Schach erhalten wird, das auch voraussichtlich noch lange
wirksam bleiben wird gegen die sich nur langsam in die Schichten
der Gesellschaft hineinverbreitende tiefere Aufklärung.
Doch ist es wunderbar, trotz des Todes, kein Gedanke wurzelt
so tief in der menschlichen Brust und kein Gedanke so fest im
LXII. Jahrg. 11. Heft. 54
 
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