Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 5.1895

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Schröder, Richard: Eine Selbstbiographie von Fritz Reuter
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29062#0031
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Eine Selbstbiographie von Fritz Reuter

21

Thalberg1) und der vielfachen Anregung von seinem Freunde, dem
Justiz-Rath Schroeder2) zu Treptow verdankt. Darauf folgten „Polter-
abend-Gedichte,“ die von 1842 ab bei verschiedenen Gelegenheiten ent-
standen waren3). Darauf „de Reis’ nah Beiligen“. 1855 übernahm er
die Redaction eines Unterhaltungsblattes für Mecklenburg und Pommern;
das Unternehmen fand zuerst Anklang, aber fast gar keine Unterstützung
und musste 1856 bei der Nachlässigkeit des Verlegers aufgegeben werden,
der schliesslich denn auch ohne Rechnungsablage nach Amerika auskniff.
1856 Ostern siedelte Reuter, angezogen von dem grösseren Verkehr und
der reizenden Gegend, nach dem nahgelegenen Neubrandenburg über,
woselbst er sich blos mit literarischen Arbeiten beschäftigt. Hier ent-
standen einige unbedeutende Lustspiele und Possen, die beim gänzlichen
Mangel aller Bühnenkenntnisse, vielleicht auch bei mangelhafter dra-
matischer Befähigung, nur einen sehr zweifelhaften Erfolg hatten. Wenn
auch einige (die drei Langhänse und Blücher in Teterow) auf dem
Wallner’schen Theater in Berlin zur wiederholten Aufführung kamen4), so

1) Später und noch jetzt in Siedenbollentin bei Treptow.

2) War mein Vater. Auf die Mitteilung von dem Tode desselben schrieb Reuter

mir (Eisenach, den 15. Juni 1869) Folgendes: „Der Schlag, der Euch so plötzlich
und unerwartet getroffen hat, ist ebenso unvermuthet und schrecklich in unser Haus
und in unsere Herzen gefallen. Wohl hast Du Recht, wenn Du sagst, dass auch
mir ein Freund gestorben sei; ich weiss am Besten, wie hoch die Freundlichkeit
und das Wohlwollen des lieben Mannes anzuschlagen ist, der, als ich noch gar nichts
in der AVelt bedeutete, mir mit Rath und That weiter und weiter half, und das
Einzige, was uns mit der Härte dieser göttlichen Entscheidung versöhnen kann,
liegt darin, dass dies harmlose, friedliche, bis in’s innerste der Seele hinein heitere
Gemüth eines so schmerzlosen, von langer Krankheit nicht entgegen (sic!) gequälten
Todes gestorben ist. '

Du aber lebe wohl, griisse von uns beiden Deine Frau uad freue Dich Deines
Söhnchens, und wenn auch zwischen uns Beiden ein mächtiges Haltseil zerrissen
ist, so hoffe ich doch, dass die übrigbleibenden so lange halten werden, bis man
auch mich unter den Rasen legt“.

3) So sehr Reuter in dieser Hinsicht von den verschiedensten Seiten belästigt
wurde, so erwies er sich doch seinen alten Freunden auch später noch gern gefällig.
Meiner Schwester Hedwig, die eine seiner Lieblingsschülerinnen gewesen war, und
der er in dem geplanten Werke „Ut mine Schaulmeistertied“ die Hauptrolle zuge-
dacht hatte, schrieb er noch am 3. Juli 1862 von Heubrandenburg aus: „Wenn ich
bei Ihnen eine Ausnahme mache, so habe ich zwei Bitten an Ihr freundliches Herz
zu legen, erstens, dass sie unter keinen Umständen mich als Verfasser der Charteke
verrathen, und zweitens, dass Sie die Dürftigkeit des Machwerks giitigst übersehen.
Sie glauben gar nicht, was es mir für Überwindung kostet, immer neue Variationen
nach der alten Melodie zu pfeifen“.

4) Schon 1858 hatte Reuter mir (damals Berliner Student) den Auftrag ge-
geben, wegen einer Aufführung der „Drei Langhänse“ mit dem Direktor des Friedrich-
 
Annotationen