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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 5.1895

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Heft 1
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Zangemeister, Karl: Zur germanischen Mythologie
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https://doi.org/10.11588/diglit.29062#0068
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Karl Zangemeister

malern dieser Art dargestelltcn Gottheiten a priori und bis zum Beweise
des Gegenteils für keltische zu halten. Bei dem jetzt nachgewiesenen
Sachverhältnis verliert auch die bisherige Vermutung an Wahrschein-
lichkeit, dass der Typus dieser Monumente in Gallien entstanden sei.

Nachdem jetzt ein Hauptprinzip für diese Göttergrnppen nachge-
wiesen ist, wird es gelten, die ganze Denkmälerreihe im Einzelnen von
Neuem einer Untersuchung zu unterziehen, bei der sich voraussichtlich
noch mancher aufklärende Fingerzeig ergeben (z. B. in wüeweit land-
schaftliche Verschiedenheiten vorhanden sind) und die Deutung einzelner
Figuren und Attribute zu neuen Ergebnissen führen wird. Vielleicht
ermittelt die weitere Nachforschung auch einen Anhalt zur Aufklärung
über das Wesen der Juppi t e rsäulen ’). Ich beabsichtige nicht, hier
diese Untersuchung zu führen, sondern möchte nur vorläufig die folgende
Vermutung zur Erörterung stellen.

Für das auf diesen Säulen aufgestellte Götterbild sind drei Typen
nachgewiesen (Hang S. 327): 1) ein sitzender Juppiter1 2), 2) ein Reiter,
der früher mit Unrecht für Juppiter gehalten wurde, da dieser Gott nie
zu Pferde und nie bartlos3) dargestellt wird; 3) ein Reiter, der „wie ein
römischer Feldherr gekleidet und bewaffnet ist“ (Haug S. 330; Riese,
Heddernh. Ausgr. 1885 S. 18). Unter den Reiterfiguren liegt eine gigan-
tenartige männliche oder weibliche Figur4).

Meines Erachtens liegt es jetzt nahe zu vermuten, dass wir hier zu
erkennen haben: 1) Juppiter, den obersten römischen Gott, 2) den Haupt-
gott der germanischen Trias, Wodan, 3) eine Idealfigur, welche die
Kaisermacht symbolisiert und vielleicht als das Numen5) Augustorum
oder Numen domus Augustae, bezw. (nach dem seit der Antoninenzeit
häufigeren Ausdruck) domus divinae zu bezeichnen ist.

Diese Denkmale wären danach den römischen, den einheimischen
Göttern und dem Kaiserkultus bestimmt gewesen, den Beherrschern von
Himmel und Erde, den Lenkern des menschlichen Lebens6). Dass die
Inschrift nur dem obersten römischen Gott gewidmet ist, darf nicht

1) Wagner, Westd. Zeitschr. I S. 36 ff.; Hettner, ebendas. IV S. 365 ff. und
Westd. Korr.-Blatt 1891 Sp. 71 ff.; Haug, Westd. Ztsclir. X S. 326 ff., u. A. mehr.

2) Hettner, Korr.-Bl. 18S6 Sp. 18 und Steindenkm. S. 16.

3) So erscheint diese Figur auf dem Steine von Ehrung (Hettner, Korr.-Blatt
1891 Sp. 73 und Steindenkm. n. 31).

4) Haug S. 330.

5) Vgl. Mommsen, Hermes 19 S. 232. — An „Honor“ ist wohl nicht zu denken.

6) Hierauf bezieht sich wohl die Darstellung der Wochengötter und der Jahres-
zeiten auf anderen Gliedern des Monuments (s. Haug, W. Z. IX S. 17 ff.; X S. 338).
 
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