Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 5.1895

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Zangemeister, Karl: Zur germanischen Mythologie
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29062#0069
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zur germanischen Mythologie

59

auffallen; es kommt ja auch cler umgekehrte Fall vor, dass eine In-
schrift den Juppiter mit einer Beilie anderer Götter nennt, aber durch
ein Bild nur er geehrt ist. Ebensowenig darf Bedenken erregen, dass
die oben aufgestellte Figur bald die eine, bald die andere der drei Kate-
gorien repräsentiert. Da in Pforzheim*) und Ehrang an derselben Stelle
die Gruppe des Beiters mit dem „Giganten“ in zwei Exemplaren gefunden
worden ist, so lässt sich vermuten, dass an manchen Orten mehrere
Säulen neben einander standen, die sich bezüglich der Darstellungen
gegenseitig ergänzten. Auch wurde eine Ara mit der Inschrift selbständig
neben die Säule gesetzt, wüe das Heidelberger Denkmal beweist (s. Hett-
ner, Westd. Korr.-Bl. 1890 Sp. 103 fg.). Als Wodan den Beiter zu deuten,
hatte Hettner bereits vorgeschlagen, von der Thatsache ausgehend, dass
die Gruppe fast ausschliesslich in Südwestdeutschland und Nordwestfrank-
reich verbreitet war1 2). Diese Hypothese hat keinen Anklang gefunden3);
nach dem jetzt nachgewiesenen Zusammenhänge darf aber angenommen
Averden, dass sie wahrscheinlich das Bichtige getroffen hat4). Schwierig-
keit macht der Umstand, dass Mercur auf den Postamenten in der
griechisch-römischen Gestalt mit Flügeln und Schlangenstab, auf der
Säule dagegen als Beiter in ganz anderer Auffassung dargestellt wird.
Es darf aber zur Erklärung dieses Widerstreites darauf hingewiesen
werden, dass ein gleicher bei Juppiter nachweisbar ist. Der keltische
Gott mit dem Bade (Taranis?) erscheint ebenfalls auf solchen Vier-
göttersteinen; dass er aber mit Juppiter geglichen wurde, ist inschriftlich
beglaubigt (Hettner, Steindenkmäler S. 30). Es kommt auch vor, dass
Mercur auf demselben Denkmale zweimal dargestellt ist, unter den
Wochengöttern sowohl, als auf dem Hauptpostament5). Möglicherweise
hat eine zweifache Angleichung nebeneinander bestanden und ist der
Typus der Viergöttersteine früher festgestellt worden als der der Säulen-

1) Wagner, Westd. Zeitschr. I S. 36.

2) Hettner, Westd. Ztschr. IV S. 380 fg.; vgl. Steindenkmäler S. 22.

3) Aucli z. B. bei Solchen nicht, die mit grosser Kühnheit Vieles ohne jeden
Beweis für keltisch erklären.

4) In den Gigantenfiguren vermutete Hettner, AVestd. Ztschr. IV S. 380 Riesen
oder Elben. Die Erörterung dieser Frage muss ebenfalls den Germanisten anheim-
gestellt werden. Aufmerksamkeit verdienen noch Tierbilder, die möglicherweise in
diesen Monumentenkreis gehören, z. B. ein Eber über einer schlangenfiissigen Figur
(abgeb. von Florschütz, Giganten-Säule von Schierstein, Nass. Ann. 22 Taf. IV(1,
vgl. S. 132, wo die Figur unrichtig „Zeichen einer Legion“ genannt wird).

5) Haug, AV. Z. X S. 339. Erklärt man den Reiter als Juppiter, so ergiebt
sich eine ähnliche Doppel-Darstellung bei den Monumenten, die ein Juppiterbild auf
dem Postament oder dem Zwischensockel aufweisen (s. Ilaug ebendas.).
 
Annotationen