0 r i) li e u 8.
Von
Erwin Rolule.
Orpheus ist in Mode. Man weiss nicht recht, ob man ihm dazu
Glück wünschen soll. Gewiss wird durch die gesteigerte Aufmerksam-
keit an Thatsachen und Zusammenhängen manches ans Licht gefördert,
was bis dahin im Dunkel lag; so haben Arbeiten der letzten Zeit unsere
Kenntnis des Orphischen Wesens an einigen Punkten zuverlässig erweitert
und vertieft. Aber, wenn nun die Grenze des uns. noch Erkennbaren er-
reicht ist, so steht zu fürchten, dass der lebhafte Wunsch, noch weiter
ins Dunkle vorzudringen und womöglich mit recht Neuem und Uner-
hörtem zu Tage zu kommen, sich der trügerischen Leuchte jener wilden
und schnellfertigen Kombinationsweise bedienen werde, an deren übler
Einwirkung diese Philologie /m de siecle in mehr als einem ihrer Ver-
treter erkrankt ist. Die aus solcher Kombination gewonnenen fictiven
Werte, behend in Umlauf gesetzt, machen dann dem echten Gold der
Überlieferung bedenkliche Konkurrenz; nicht Jeder hat gleich den Prüf-
stein zur Hand, zu erproben ypoabv xadapa ßaaavcp —
Das Buch *), das unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht als die
jüngste Leistung auf diesem viel durchfurchten Boden, enthält eine An-
zahl selbständig neben einander stehender Abhandlungen über Gegenstände
des Orphischen Religionskreises. Es liest sich nicht ohne Beschwerde.
Aus mancherlei Gründen; vornehmlich aber infolge einer sozus. stag-
nierenden Darstellungsweise, die den fliessenden Fortgang der Haupt-
untersuchung in kurzen Abständen immer wieder zu hemmen und zu
breit ergossenen Teichen abschweifender Betrachtungen und Auseinander-
setzungen über fernabliegende Dinge auseinanderlaufen zu lassen liebt.
1) Orpheus. Untersuchungen zur griechischen, römischen, altchristlichen
Jenseitsdichtung und Religion von Ernst Maass. München. 1895.
NEUE HEIDELB. JAIIRBUECHER VI.
1
Von
Erwin Rolule.
Orpheus ist in Mode. Man weiss nicht recht, ob man ihm dazu
Glück wünschen soll. Gewiss wird durch die gesteigerte Aufmerksam-
keit an Thatsachen und Zusammenhängen manches ans Licht gefördert,
was bis dahin im Dunkel lag; so haben Arbeiten der letzten Zeit unsere
Kenntnis des Orphischen Wesens an einigen Punkten zuverlässig erweitert
und vertieft. Aber, wenn nun die Grenze des uns. noch Erkennbaren er-
reicht ist, so steht zu fürchten, dass der lebhafte Wunsch, noch weiter
ins Dunkle vorzudringen und womöglich mit recht Neuem und Uner-
hörtem zu Tage zu kommen, sich der trügerischen Leuchte jener wilden
und schnellfertigen Kombinationsweise bedienen werde, an deren übler
Einwirkung diese Philologie /m de siecle in mehr als einem ihrer Ver-
treter erkrankt ist. Die aus solcher Kombination gewonnenen fictiven
Werte, behend in Umlauf gesetzt, machen dann dem echten Gold der
Überlieferung bedenkliche Konkurrenz; nicht Jeder hat gleich den Prüf-
stein zur Hand, zu erproben ypoabv xadapa ßaaavcp —
Das Buch *), das unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht als die
jüngste Leistung auf diesem viel durchfurchten Boden, enthält eine An-
zahl selbständig neben einander stehender Abhandlungen über Gegenstände
des Orphischen Religionskreises. Es liest sich nicht ohne Beschwerde.
Aus mancherlei Gründen; vornehmlich aber infolge einer sozus. stag-
nierenden Darstellungsweise, die den fliessenden Fortgang der Haupt-
untersuchung in kurzen Abständen immer wieder zu hemmen und zu
breit ergossenen Teichen abschweifender Betrachtungen und Auseinander-
setzungen über fernabliegende Dinge auseinanderlaufen zu lassen liebt.
1) Orpheus. Untersuchungen zur griechischen, römischen, altchristlichen
Jenseitsdichtung und Religion von Ernst Maass. München. 1895.
NEUE HEIDELB. JAIIRBUECHER VI.
1