Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 6.1896

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Riese, Friedrich Alexander: Der Feldzug des Caligula an den Rhein
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29036#0162
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Feldzug* des Caligula an den Rhein.

Von

Prof. Dr. Alexander Riese in Frankfurt a. M.

Als eine der grössten Thorheiten des Kaisers Gaius gilt bekanntlich
der Feldzug, den er im Jahre 40 an den Khein und gegen Britannien
unternahm. Das Resultat, das er mit Ungeheuern Heeresmassen erreichte,
war am Rhein, so sagt man, die Scheinbekämpfung seiner eigenen ger-
manischen Leibwache und Errichtung falscher Siegeszeichen J), am Kanal
das Auflesen von Strandmuscheln als Trophäen des Oceans1 2). So erzählt
in der That Suetonius, der Feind aller Chronologie, in einer ebenso aus-
führlichen wie konfusen Erzählung3), und das letztere enthält auch
Cassius Dio, und die Neueren erzählen es ihnen und besonders dem Sueton
nach, und manche sehen gerade darin ein Zeichen von Gaius’ Wahnsinn.
Denn solchen schreiben Sueton, Tacitus (?) und Josephus4) ihm zu. Dass
die Sache, wenn sie wirklich so verlief, von Wahnsinn zeugt, ist ja wahr-
scheinlich, und die moderne Bezeichnung des „Cäsarenwahnsinns“ würde
sich mit Recht an seine Unternehmung heften. Aber ist die Erzählung
an sich möglich? Würde ein so grosses Heer — legionibus et auxiliis
undique excitis, dilectibus ubique acerbissime actis (Suet. 43) —, welches
Dio (59, 22, 1), natürlich in sinnloser Übertreibung, auf 200,000 oder
nach anderen 250,000 Mann schätzt, sich solches haben gefallen lassen?
Würden die an städtische Bequemlichkeit gewöhnten Prätorianer diesen
weiten, beschwerlichen, z. T. mit der grössten Schnelligkeit ausgeführten
Zug ruhig mitgemacht haben, nur um sich schliesslich zum Besten halten

1) Sueton. Calig. 45. Dio 59, 22, 2.

2) Sueton. Calig. 46. Dio 59, 24, 2 f.

3) Sueton. Calig. 43—48. Die Stellen sind in meinem „Rheinischen Germanien
in der antiken Litteratur“ zusammengestellt.

4) Sueton. Calig. 50 f. Tac. ann. 6, 45 commotus ingenio. Josephus Antiq. 19,
1, 2 scq zouzo ob npooßg zo pavwbv ab zog ff. u. ö.
 
Annotationen