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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 6.1896

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Heft 2
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Hausrath, Adolf: Luthers Bekehrung
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https://doi.org/10.11588/diglit.29036#0173
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Luthers Bekehrung:.

Von

A. Hausratli.

Eine mittelalterliche Lebensbeschreibung Luthers würde seinen
plötzlichen Eintritt ins Kloster, die Seelenkämpfe, die er in seiner Zelle
durchfocht, und die durch Staupitzens Belehrung bei ihm eintretende
Beruhigung seines tief aufgewühlten Gemütslebens wohl nicht anders
bezeichnen denn als Luthers Bekehrung. Auch für unsere psycho-
logische Betrachtungsweise ist die gleiche Bezeichnung wohl die ange-
messenste. Wenn ein junger Magister von zweiundzwanzig Jahren, ein
„hurtiger, fröhlicher Geselle“ 1), seinem Studium, seinen Freunden,
seiner Familie den Bücken wendet, um ins Kloster zu fliehen, so ist
das in der Sprache aller Zeiten eine Bekehrung vom Leben in der argen
Welt zu einem neuen Dasein, das nur noch das Heil der eigenen Seele
zur Aufgabe hat.

Die Frage liegt nahe, warum denn die Liebe zum Studium und der
Einfluss von Freunden und Verwandten so wenig über Luther vermochten,
dass er ihnen für immer den Bücken kehrte? Der Abschied von seinem
Studium ist ihm freilich, nach späteren Äusserungen zu schliessen, nicht
schwer geworden; im Gegenteile war der Ekel an ihm vielleicht mit
ein Anstoss, der ihn trieb, sein Leben von Grund aus anders zu gestalten.
Ein halbes Jahr erst war es her, dass Martinus Luther ex Mansfeld im
Januar 1505 als zweiter von siebzehn Bewerbern feierlich zum Magister
der freien Künste promoviert2) und unter Fackelschein durch Erfurts
Strassen war geleitet worden. Aber Luther hat nie anders als mit tiefer Ab-
neigung von der Wissenschaft geredet, der er seinen Magisterhut verdankte

1) Ausdruck des Matthesius, Historien von des ehrwürdigen in Gott seligen,
theueren Mannes Gottes, Doctoris Martini Luthers anfang, lehre, leben und sterben.
Nürnberg 1570. cap. 1.

2) Kampschulte, Die Universität Erfurt, II, S. 3.

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