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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 7.1897

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Hausrath, Adolf: Philipp Melanchthon
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https://doi.org/10.11588/diglit.29033#0017
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Philipp Melanchthon

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meinte der alte Herr, ein so gelehrtes Männchen dürfe nicht mehr Lips
Schwarzerd heissen, sondern nannte ihn Philippus Melanchthon.

Als der junge Grieche gelernt hatte, was zu Pforzheim zu lernen
war, trug man kein Bedenken, den zwölfjährigen Knaben nach der Uni-
versität Heidelberg zu schicken, wo er am 13. Oktober 1509 in der
Artistenfakultät immatrikuliert wurde. Der Theologieprofessor Spangel
hatte Melanchthon in sein Haus aufgenommen, aber die subtilen Fragen
der scholastischen Theologie konnten dem Neffen Beuchlins kein Interesse
abgewinnen. Seine Neigungen und seine Verbindungen gingen nach der
humanistischen Seite. Als fixer Grieche und prompter Verseschmied war
der kleine Brettener den Heidelberger Studenten bekannt. Auch sein
Lehrtrieb regte sich früh, indem er Schwächeren nachhalf und den Unter-
richt der jungen Grafen von Löwenstein leitete. Im Jahre 1512 erwarb
er sich den Titel eines Baccalaureus, als er sich nun aber sofort auch
um den Magistergrad bemühte, wies die Fakultät ihn ab, weil er zum
Magister zu jung sei. In süddeutscher Empfindlichkeit, auch darin er-
kennen wir den Landsmann, beschloss der Gekränkte, Heidelberg zu
verlassen. Sein Pforzheimer Lehrer Simler, der jetzt in Tübingen die
Kechtswissenschaft lehrte, und der in Stuttgart lebende Grossoheim
Beuclilin luden ihn nach Tübingen ein, wo unter ihren Auspizien der
jugendliche Humanismus eine seiner Werkstätten aufgeschlagen hatte.
Wie der Oheim mit einer hebräischen Grammatik seinen Buhm begründet,
so versuchte der Neffe sich mit einer griechischen Grammatik, die
er, wie er bescheiden sagt, als Knabe für Knaben schrieb. Das Buch
hat ihn durchs Leben begleitet und von seinem Freunde Camerarius ver-
bessert, ist die Melanchthon’sche Grammatik durch viele Generationen
ein verbreitetes Schulbuch geblieben. Ihm vor allem verdankte der Ver-
fasser seinen Namen: praeceptor Germaniae. Nachdem er neben andern
Arbeiten auch den Terenz ediert, erhielt er am 25. Januar 1514 den er-
sehnten Magistergrad und es ist vielleicht eine Erinnerung an seine
Heidelberger Erfahrung, dass er einen höheren niemals begehrte noch
annahm. Nach damaliger löblicher Sitte konnte man Student und Dozent
zugleich sein. Während er Aristoteles vortrug, hörte er juristische Kol-
legien, während er Astronomie lehrte, studierte er Medizin, Student in der
Philosophie war er Lehrer der alten Sprachen. Universalität des
Wissens war auch eines der Ideale des jugendlichen Humanismus und
noch liessen sich die Wissenschaften so übersehen, dass der Einzelne
hoffen konnte, sie alle zu erlernen. Und keine Faustische Enttäuschung,
sondern helle Schülerfreude am Lernen war damals die Lebensstimmung
 
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