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Brodersen, Kai; Kiesel, Helmuth [Hrsg.]; Dölling, Dieter [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Rausch — Berlin, Heidelberg [u.a.], 43.1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.4065#0154
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150 Dieter Dölling

Göppinger ist Rausch ein Begriff mit sowohl normativem als auch medizi-
nisch-naturwissenschaftlichem Gehalt.1 Es handele sich um einen „vorüber-
gehenden Zustand als das Ergebnis einer psychoaktiven Wirkung durch Dro-
geneinverleibung in den Organismus".2 Kaiser spricht von Wirkstoffen, die in
der Annahme verwendet werden, daß sie die Stimmung, das Verhalten und
die Gesundheit günstig beeinflussen.3 Die Definition der Droge durch die
Weltgesundheitsorganisation (WHO), die hierunter alle Substanzen versteht,
die auf den lebenden Organismus mit einer Veränderung einer oder mehrerer
seiner Funktionen einwirken, wird zitiert.4 Weitere, auch für die Kriminologie
relevante Umschreibungen des Begriffs Rausch finden sich in den Lehrbü-
chern der forensischen Psychiatrie. Dort wird Rausch als ein durch akute
Einwirkung von Alkohol oder Drogen hervorgerufener „seelischer Ausnah-
mezustand" definiert, der sich in unterschiedlicher Weise auf Stimmung, Ak-
tivität und Orientierung auswirken kann.5 Der Rausch wird als akute, rever-
sible und körperlich begründbare Psychose eingeordnet,6 es wird zwischen
leichten, mittelgradigen und schweren Rauschzuständen differenziert,7 es
werden als Formen abnormer Rauschzustände der komplizierte und der pa-
thologische Rausch angeführt8 und es werden durch akute Alkoholintoxika-
tionen verursachte unterschiedliche psychopathologische Syndrome darge-
stellt.9

Auch in der Rechtsprechung der Strafgerichte und in der Strafrechtswis-
senschaft bereitet die Umschreibung des Begriffs „Rausch" erhebliche
Schwierigkeiten. Das Strafgesetzbuch (StGB) verwendet den Begriff des Rau-
sches in § 323a zur Umschreibung des Tatbestandes des Delikts des Vollrau-
sches. Dieser Tatbestand setzt voraus, daß sich der Täter „durch alkoholische
Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt". Der Ge-
nuß „alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel" ist auch Tat-
bestandsmerkmal der §§ 315a StGB (Gefährdung des Bahn-, Schiffs- und
Luftverkehrs), 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) und 316 StGB

1 Göppinger, Kriminologie, 581.

2 A.a.O.

Kaiser, Kriminologie, 613.

Vgl. etwa Schneider, Kriminologie, 8.

5 Langelüddeke/Bresser, Gerichtliche Psychiatrie, 69.
Baer, Psychiatrie für Juristen, 95.

7 Nedopil, Forensische Psychiatrie, 83 f.; Witter, Die Beurteilung Erwachsener im Strafrecht,
1029 ff.

Baer, Psychiatrie für Juristen, 95, 98; Langelüddeke/Bresser, Gerichtliche Psychiatrie, 69 ff.;
Nedopil, Forensische Psychiatrie, 84; kritisch zu den in der Literatur zu findenden unter-
schiedlichen Definitionen dieser Rauschformen Athen, Syndrome der akuten Alkoholintoxi-
kation, 5ff., 82ff., 142f.; gegen diese Einteilung auch Foerster, Die alkohol- und drogenbe-
dingten Störungen, 226, 227; gegen den Begriff des pathologischen Rausches auch Rasch, Fo-
rensische Psychiatrie, 213 f.
Athen, Syndrome der akuten Alkoholintoxikation, 95 ff., 145.
 
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