Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Hilgert, Markus [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Menschen-Bilder: Darstellungen des Humanen in der Wissenschaft — Berlin, Heidelberg, 54.2010(2012)

DOI Artikel:
Hermann, Dieter: Zum Einfluss des Menschenbilds auf die Ergebnisse generalpräventiver Untersuchungen zur Todesstrafe
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16708#0308

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kapitel 18

Zum Einfluss des Menschenbilds auf die
Ergebnisse generalpräventiver Untersuchungen
zur Todesstrafe

Dieter Hermann

1. Einleitung

Die Todesstrafe wird praktiziert: Im Jahr 2008 wurde sie in 59 Staaten angewandt,
darunter auch in westlich orientierten Ländern wie Japan, den USA und Weißruss-
land (Amnesty International 2008). Wie keine andere staatliche Sanktionsform ver-
ändert sie das Leben der Betroffenen - mit irreversiblen Folgen. Die Legitimation
dieser Sanktionsform wird in erster Linie in der vermeintlichen Abschreckungs-
wirkung gesehen. Die theoretische Grundlage dazu lieferten die Arbeiten von Bec-
caria (1766), Bentham (1823) und Feuerbach (1799). In neuerer Zeit haben Becker
(1968) und Ehrlich (1973) die generalpräventiven Abschreckungstheorien auf die
Ebene ökonomischer und ökonometrischer Modelle übertragen. Es wird postuliert,
dass es das Ziel der Gesellschaft sei, das Glück der Gesellschaftsmitglieder zu opti-
mieren. Deshalb müsse Kriminalität möglichst verhindert werden, denn dies beein-
trächtige die gesellschaftliche Nutzenbilanz in negativer Weise. Eine Verhinderung
von Kriminalität sei möglich, wenn die Sanktionen krimineller Handlungen den
möglichen Nutzen übersteigen würden, denn der Mensch würde bei seinen Hand-
lungsentscheidungen Kosten und Nutzen der möglichen Alternativen abwägen,
selbst wenn das Sanktionsrisiko niedrig ist.

Nach dieser Logik müsste die Todesstrafe eine abschreckende Wirkung haben,
denn die Kosten sind bei dieser Sanktion für den Täter oder die Täterin so groß, dass
die Kosten-Nutzen-Bilanz in jedem Fall negativ ausfallen muss. Folglich müssten
utilitaristisch-rational handelnde Personen alle Handlungen unterlassen, die mit der
Todesstrafe bewehrt sind.

Die Legitimation der Todesstrafe basiert somit auf drei Grundlagen: der utili-
taristischen Philosophie, der Rational-Choice-Handlungstheorie und dem empiri-
schen Nachweis der Abschreckungswirkung der Todesstrafe. Die Richtigkeit der
empirischen Untersuchungen kann jedoch angezweifelt werden, denn es liegen

D. Hermann (El)

Institut für Kriminologie, Universität Heidelberg, Friedrich-Ebert-Anlage 6-10,

69117 Heidelberg, Deutschland

E-Mail: hermann@krimi.uni-heidelberg.de

M. Hilgert, M. Wink (Hrsg.), Menschen-Bilder,

DOI 10.1007/978-3-642-16361 -6 18, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012

291
 
Annotationen