W.-8. IS2S/30. Nr. I
Ner Neliielderger Ltuäent
8elte 3
Krilik an tteiäelderg
von canö. phil. Maur Schickert.
lver die letzten 5emester der k)eidelberger hochschulpolitikr
mit Üusmerksamkeit verfolgt hat, wird sich der Meinung
nicht verschließen können, datz hier der geistige und polie
tische Kampf der verschiedenen deutschen Kichtungen in
besonderer lveise zur Lntscheidung drängt. In der Lnt-
wicklung der vergangenen Semester hatte sich die iinsicht
durchgesetzt, die veutsche Studentenschaft ihre eigenen Ivege
gehen zu lassen, wobei die vegründung verschieden war.
iiuf der Linken war es der alte bekannte Rampf, auf
der vechten eine Lrwägung, die die mancherlei unerquick-
lichen Geschehnisse innerhalb der v. 5t. mit sich brachten
und den Ivunsch aufkommcn ließen, sich nicht mehr um
äußere 5treitigkeiten zu kümmern, sondern erst mal im
Innern Umschau zu halten und statt hitziger Uämpfe auf-
baucndc Urbcit zu leistcn. Mit der Gesamtabstimmung
der 5tudentenschaft im 5ommer 1927 fängt diese Tnt-
wicklung an,' damals lehnte man eine 5atzungsänderung
und den dadurch zu bewirkenden IViedereintritt in die
v. 5t. ab: ein versuch im folgenden>Winter, diesen Lintritt
auf kaltem Ivcge zu erreichen, scheiterte am IViderstand
des Ministeriums. ven kföhepunkt dieser klrbeit, die unter
dem Zeichen der „5achlichkeit" stand, bildeten wohl die
beiden vergangenen 5emester. Va mit den letzten Wahlen
ein Umschwung eingesetzt zu sein scheint, ist es viellcicht
angebracht, einen Uberblick über die kfeidelberger position
zu halten. Man mutz gleichzeitig mit einer Uritik ein-
sctzen, die ich üben darf auf Grund eigener Tätigkeit und
Lrfahrung in der heidelberger studentischen 5elbstverwal-
tung.
In üer Tat, kfeidelberg ist bei'nahe ein Muster dieser
vielgerühmtcn „studentischcn 5elbstverwaltung". Man ar-
beitete, es wurde unheimlich viel geschafft, aber trotzdem
drang sogar manches in die Gffentlichkeit, daß nicht alles
so schün wäre, wie es zu sein schien. Wer einmal hinter
die Uulissen geschaut hat, gibt sich keinen Täuschungen
mehr hin. Lin veispiel: In einer der ersten Uummerm
des „heidelberger 5tudenten" wurde dem damaligen l.vor-
sitzenden der vorwurf der Unsachlichkeit gemacht. Wclches
klmtsverbrechen mochte kferr himmel wohl begangen ha-
ben? Lr hatte vergessen, sich darnach zu erkundigen, wo
es einen verbilligten Friseur gäbe, datz die 5tudentenhilfe
für billige Uohlen gesorgt habe usw.! Ls ist überwäl-
tigend, wenn man sich damit die ungeheure verantwor-
tung des I. vorsitzenden der kfeidelberger 5tudentenschaft
zu Gemüte führen darf. Ls ist das auch kein Linzelsall,
es ist das zugleich ein 5qmptom. vie 5tudentenschaft ist
heute soweit gekommen, darin ihre Uufgabe und den
Zweck ihres vestehens zu sehen. Uörperliche und geistige
Uahrung wird wahllos verabreicht. Ich weiß, wie man
sich darüber beklagt hat, daß die 5tudentenhilse mehr
und mehr die ursprünglichen Uufgaben der 5tudentenschaft
an sich gezogen hat. vas war durch den verschiedenen
Uufbau der beiden Linrichtungen bedingt. vie 5tudenten-
hilfe ist nicht auf stets wechselnde Mehrheiten angewiesen,
sie hat ihren festen kfelferstab, der meistens Iahre hin-
durch bleibt, ihr Büro — man soll das nicht übersechen,
wenn man dem klsta den vorwurf macht, er habe sich
zu viel entziehen lassen. Im Gegenteil war es salsch,
daß sich der klsta immer wieder um klufgaben bemühte,
die seinem Uusgabenkreis nicht entsprachen. Lr sollte sich
auf das 5eine beschränken und nicht den vürokratismus
nachahmen, der sich — leider — mit allen solchen Tin-
richtungen verbindet, die, wie die 5tudentenhilfe, von oben
beeinflußt werden. Line solche saubere 5cheidung ist mög-
lich. ver klsta soll der klusdruck des in der 5tudentenschast
pulsierenden geistigen und politischcn Lebens sein, und das
stellt ihm genug klufgaben. vie glückliche Ubernahme
und erfolgte Vusgestaltung einer im Kreis der 5tudenten-
hilfe gänzlich eingerosteten Zeitschrift war von Linsich-
tigen schon lange gefordert worden, weil hier in der Tat
etwas Lebendiges zu gestalten war, was eine bürokratische
Grganisation nicht tun konnte.
Ver „heidelberger 5tudent" war ein seltener Lichtblick
auf trübem hintergrund. Wenn im letzten Winter laut
Tätigkeitsbericht NOO Lriese hinausgingen, so muß man
wissen, was das bedeutet. höchstens 50 vriefe haben da-
von einen mehr als formalen Inhalt. was an Linla->
dungen zu 5itzungen, an Mahnungen, an geschästsord>-
nungsmäßigen vundschreiben geschricben, was in papie-
renen Paragraphen und in reiner Geschäftsordnung ge-
macht wird, das erstickt nahezu jedes wirkliche Leben.
klber man sollte sich dafür bedanken, daß hier eine Gr-
ganisation um ihrer selbst willen besteht, daß so viel
gemacht wird, um sich ja nicht den klnschein der Untätig-
keit zu geben. vie 5tudentenschaft ist viclleicht noch eine
leere Uepräsentationsstätte und gut gcnug, zur verschöne-
rung unserer alma mater zu dienen.
klber die Fachschasten! tönt es uns entgegen, und es
gehört zum guten Ton, daß jede Gruppe unter ihren
Forderungen und — Wahlaufrufen die Förderung der sach-
schaftlichen klrbeit zu stehen hat. Man gilt als Uetzcr,
wenn man hinter den Wert dieser klrbeit einige Frage-
zeichen zu etzen wagt. Ich darf auch hier auf die Zeit
eigener Lrfahrung verweisen sowie auf klnzeichen, die
im letzten 5emester zum venken Knlaß gegeben haben
sollten. Line Fachschaft hatte den Mut, sich aufzulösen,
anstatt weiter ihr trübes vasein zu fristen, wie es die
andern tun. Gewiß, es gibt 5achschaften,,die es verstanden
haben, ihr klrbeitsgebiet zu erfassen und ihren platz aus-
zufüllcn. klber offen muß einmal gesagt werden, dah
sich hier mit weihevollem Lrnst Gebilde halten, deren
innere vaseinsberechtigung doch sehr anzweifelbar ist. .kluch
innerhalb seiner Fakultäten lebt der 5tudent aneinander
vorbei. Ls sind nur wenige, die die klrbeit auf sich
nehmen, den vetrieb in Grdnung halten und den anderN
varbietungen hinsetzen, die großmütig angenommen wer-
den, wenn sich der einzelne eine Hörderung davon ver-
spricht. Ls fehlt das Gefühl einer Zusammengehörigkeit
innerhalb solcher Gruppen und der klbgrenzung etwa ge-
genüber professoren. „vozenten, klssistenten und 5tudenten
gehören eben ... so zusammen, daß es keinen 5inn hat,
eine 5onderorganisation der 5tudierenden ... aufrecht zu
halten." Die Fachschaft, die so sprach, hat damit einem
weitverbreiteten Gesühl klusdruck verliehen. Wer einmal
in der Zachschaftsarbeit gestanden hat, wird mir zustimmen
müssen. klber der vorstand, aus dem die Fachschaften be-
stehen, sühlt in sich die verpslichtung, möglichst viel Geld
vom klsta herauszubekommen, weil man ihm sonst den
vorwurf machen könnte, er habe seine Pflicht nicht getan.
vieses Geld muß wieder irgendwie untergebracht werden,
um vor den scharfen vlicken des klsta nicht erröten zu
müssen. Ls sind Treibhauspflanzen, die hier ihr Leben
sristen.
Ist es ein Wunder? Wer sich von den Kommilitonen
der Idee „5tudentenschaft" verbunden sühlt, braucht nicht
diesen Umweg. Mit 5tudium werden wir an der Uni-
versität genug gefüttert. Wer mittut, um sein liebes Jch
gefördert zu sehen, wird kaum einer Gemeinschaft wesent-
liche vienste leisten können. vielleicht liegen aber die auf-
gezeigten Illängel tiefer? vielleicht ist das ganze Gebäude
brüchig? 5ollte hier ein staus, genannt „studentische 5elbst-
verwaltung", aufgebaut sein, ohne feste Grundmauern zu
haben? 5ollten hier äuhere Zormen bestehen, denen jeder
geistige Inhalt fehlt? Ist nicht die 5tudentenschast als Ge-
samtheit der 5tudierenden eine Fiktion, besonders wenn
man glaubt, daß sich hier ein einheitlicher Mlle auswirkt?
Man braucht nicht an die — hoffentlich allgemein be-
kannten — Tatsachen zu erinnern, an die Geschichte der
Veutschen 5tudentenschaft, das Werk der liriegsgeneration,
die ihren vrang nach einer Gemeinschaft in die Tat um-
zusetzen verstand. klber es waren Ideen dabei maßgebend,
die über den klahmen eines bloßen Zweckverbandes hin-
ausgingen. 5tatt schöner lleden wurde der großdeutsche
Dedanke in die Tat umgesetzt — trotz aller klnfeindungen,
meistens von Leuten ausgesprochen, die ohne jede lienntnis
der österreichischen verhältnisse sind, muß das immer wie-
der betont werden. ven Gründern schwebten Gedanken
der volksgemeinschaft vor, politische Lildung der 5tudie-
renden, einheitliches kluftreten als in sich .geschlossene Grup-
pe, deren 3iele weit gestreckt waren — aber nicht em
verband, der in sich selbst seinen Zweck sieht, nichts be-
deuten will, in „5achlichkeit" seiner klrbeit möglichst Ideen
auszuschalten sucht. heidelberg ist heute so weit, im Iloh-
lenmann und dem billigen Friseur nicht nur Lebensnot-
wendigkeiten zu sehen, — (auch dafür muß gesorgt werden,
aber dann wollen wir nicht so viel phrasen darum ma-
chen), — sondern schon die 5umme seiner ganzen Tätig-
keit, die tragcnde Idee. Manche wollen das nicht ein-
sehen,- sie glauben, gestützt auf seine ruhmvolle vergan-
genheit und seine staatliche klnerkennung werde ffeidelberg
berufen sein, veutschlanüs 5tudentenschaften um sich zu
versammeln. Ls wäre das die Übertragung der eigenen
Minderwertigkeit, ohne jeden Funken geistiger Zielsetzung.
ver Ivahlausgang hat den gesunden 5inn der 5tudenten-
schaft bewiescn, die solche versuche abgelehnt hat. Vie
Unmöglichkeit der „ffeidelberger Uesolution" ergibt sich
allcin daraus, daß man ohne viele Fragen den groß-
dcutschen Gedankcn ausgab, nur um jedem Uamps mit
der 5taatsgewalt auszuweichen. vie ^utterkrippe ist wich-
tiger, als daß autzerhalb des Ueichs deutsche volksgenossen
wohnen.
Unter den Paragraphen der 5atzung sind alle lebens-
vollen klnsätze erstickt, um die sich immer wieder auf-
opferungsvolle Kommilitonen bemüht haben. vie klrbeit,
der die 5tudentenschaft dienen sollte, ist darüber zugrunde
gegangen. Im Grenz- und kluslandsamt weiß man ein
Lied davon zu singen. Ls steckt keine böse klbsicht dahinter,
wenn seine klrbeit immer wieder auf halbem wege zum
5tocken gebracht wurde. Ls steckt eine Tragik dahinter,
daß man von studentischer 5elbstverwaltung sprach, in
den überkommenen äußeren Fmmen steck^ btjetz und die
pflichten, die eine 5tudentenschast haben follte — das ist
das Wichtigere! Nicht die Nechte! —, darüber vernach-
lässigte.
Wo liegen die Gründe? va scheinvder bedeutungsvollste
der zu sein, der auch seinen platz in der „heidelberger
Nesolution" gefunden hat: Schutz der Minderheiteil. Ls
galt als einer der härtesten vorwürfe, den man der
„v. 5t." machte, daß in ihr die Minderheiten nicht ge-
nügend zu Worte kamen. Ls dürfte das der klrbeit nichts
geschadet haben, und es ist doch einer der vornehmsten
Grundsätze der Vemokratie, den anzuerkennen die vor-
gaben, die sich über mangelnden Minderheitenschutz be-
schwerten, um die Geschicke der von ihr beeinflußten Lin-
richtung nach ihrem lvillen zu lenken. In ffeidelberg war
es umgekehrt. ffier hat die Nechte in einem Maße Kück-
sicht auf die Minderheiten genommen, die zuweilen an
5elbstaufgabe grenzte,- diese hatte mehr zu sagen als die
Mehrheit. Ls entstand vielleicht aus einer allzu großen
vornehmheit der Gesinnung. vie aus den letzten klsta-
Wahlen hervorgegangene neue Mehrheit wird ihre ffaupt-
aufgabe darin zu erblicken haben, erstmal ihre eigeneN
Wünsche durchzusetzen und eine kraftvolle politik zu trei-
machen ließ. vas ist blutiger Lrnst und ein seichen, daß
man die Geschichtte nicht in den Wind schlagen sollte.
Warum ist nun der Florian Geyer keine Tragödie,
sondern eine vallade in markigem Zränkisch von einem
Nitter kühn, der unter die vauern ging? Ver war,
statt hart und eisern, loyal, ließ sich dahin schicken, wo
er nicht nütig war, hielt eine gute Nede über den getreuen
Tellermann und ging mit ffaltung in den Tod (wenn's!
auch keine naturalistische Notwendigkeit gibt, „ein 5tünd-
lein 5chlaf" unbedingt im feindlichen 5chloß zu suchen).
Ls ist ein romantisches und revolutionäres, ein klas-
senkämpferisches und ein nationales 5tück, es will die
deutsche Linheit in der brüderlichen Linung der Bauern
aufgehen lassen. Va könnten also völkische und soziali-
stische Nevolutionäre friedlich im vandhaus beieinander-
hocken, vor der Unerbittlichkeit des 5chicksals (oder der
soziologischen Nonstellation!) erschauern, und die Größe
des Gedankens ermessen, für den solche Menschen in
den Tod gingen. Und beim ffinausgehen bedenken, daß
sie. Lrüder sind.
??Nönnten 5ie?
Die völkischen werden sich bedenken!
Und wenn die 5ozialisten 'ne klhnung hätten, würden
sie sich auch bedanken.
5ie werden ja alle miteinander ausgeschimpft, — von
einem tapseren Mann, der sranzösische verbindungen hat,
der aber nicht zugegriffen, jich zwischen zwei 5tühle ge-
setzt hat und nun wahnsinnig wütend ist.
Lin ganz interessantes Individuum.
Nber mit 5chimpfreden, und seien sie noch so echt und
vom Herzen kommend, wird keine Tragödie gemacht. 5o
entsteht ein halbes Tendenzstück, wo die Nitter saufen
und gelegentliche klnsälle von Nitterlichkeit haben, wo
die vauern zwar recht haben, aber genau besehen ein
ffaufen von blutrünstigen Guerköpfen sind. warum ist
der Lorenz Löffelholz krank? Ist daran auch die.deutsche
Zwietracht schuld? warum steht der Nitter v. Menzingen
herum und sagt keinen Mucks? Wahrhastig die unglück-
lichste Nolle, die ich je gesehen. Warum wird Götz v. ver-
lichingen gegen Goethe und die romantische Tradition zu
einem ängstlichen Wackelgreis gemacht?
Nurz und gut: starke Männer werden keine ffelden,
weil ihre Umgebung und ihre Gegner aus waschlappen
bestehen. Line Tragödie entsteht, wenn gleichwertige Ge-
genspieler den großen Gedanken wollen und sich ins Ge-
hege kommen, weil das 5chicksal sie nach Nlter, Necht
und Gefolgschast an verschiedene 5tellen setzt. vazu braucht
man pathos, keine psychologie, pläne, keine plackereien,
visziplin, keine Vrohungen.
ffauptmann soll das 5tück umarbeiten, oder 3uck-
mayer oder Bronnen, oder wer sonst in markiger
5prache macht. Und dann soll der Zlorian Geyer nicht
mehr von Vauern wie George und Nortner, son-
dern von einem 5chauspieler mit Gestalt und 5timme eines
Ldelmanns gespielt werden.
Ich glaube, es hängt sehr viel an diesem 5tück für
veutschland. raäix.
Va zelgte stch »Vie anäere 8eite«
(Stadttheater heidelberg )
und siehe, sie war der unseren gleich. Und hätten sie
das Iuli 14 gewußt ...
Thematisches:
Großes Feldgeschrei. vie Tageslosung: hie klmüsier-,
hie Vebattiertheater. (vie Tageslösung?)
wobei zu unterscheiden ist zwischen Tendenz- und Ve-
battiertheater. vie vebatte an sich bleibt. Nur der 5tand-
ort wechselte. von der vühne zum parkett. va unten
streiten sich die Leut' herum. Wie es sich gehärt.
Zustände sehen. Und dann unsere Meinung sagen. Nber
nicht die Meinung fertig aus der Nulisse beziehen. Venken
tun wir selbst.
Voch um die Nichtung der Gedanken geht es, Vichter!
Luer Nmt, es bleibt schwer genug. welche Nichtung zeigt
ihr?
Nun, es lohnt zu folgen, wohin 5herriff führt. Ist
da etwas lebens-, todeswichtiger?
Lin Graben an der englischen Front, ein paar Gffiziere
in Lrwartung der deutschen Gffensive. Lin paar endlose
5tunden aus der endlosen Neihe endloser Tage heraus-
genommen. Lin Graben von den vielen, vielen Gräben,
an der englischen Zront, an der französischen Front, an
der deutschen Zront, an der russischen Zwnt, allert
Fronten.
vas Grauen, das ihm entsteigt, die Not, die verzweif-
lung, die Not, die klngst, das Wissen um den Un-5inn des
Geschehens, das sällt über uns her, das macht uns wehr-
los und läßt uns erstarren. Und reißt alle Grenzen ein„
wenn es sich blitzartig klärt: vas ist ja nicht alles. vas
ist hundertfach da, nein, tausendsach, nein, hunderttausend-
fach — über alles menschliches venken.
Liner sagte: Nriegslust, das ist nur ein Mangel an
phantasie. hier aber wird ihr gründlich nachgeholfen.
Und 5herriff darf es sich mit Warbusse, mit Nrnold Zweig,
mit Nemarque anrechnen, wenn dieser Mangel langsam,
wie langsam, behoben wird.
5tenogramme, bescheiden-wirksame 5tenogramme an
5telle von flammenden Neden. vas Zeittheater ist da.
5zenisches:
Vie klufführung im 5tädtischen Theater gab gute 5chau-
spielkunst. Winds führte den Nompagnieführer 5tan-
hope sachte an der bedrohlichen Nlippe unangebrachtcn
ffeldentums vorbei. Iosef van 5anten als IZ jähriger
brachte über die Worte seiner Nolle eine ganze Ntmosphäre
jugendlicher 5chwarmgeister mit. 5chirlitz' unendlich feine
varstellung des reisen Mannes in seiner liebend-geliebten
veziehung zu Iüngeren hatte ihren wesentlichen Nnteil
am klbend.
5oweit die 5chauspieler. 3u Kegisseur und Lühnen-
bildner (Lrwin ffahn und 5chmitz-Bous): weniger
Nealistik alles Gptischen wäre mehr gewesen. Man macht
keine Granateinschläge nach, man deutet sie an. klus dem^
Ner Neliielderger Ltuäent
8elte 3
Krilik an tteiäelderg
von canö. phil. Maur Schickert.
lver die letzten 5emester der k)eidelberger hochschulpolitikr
mit Üusmerksamkeit verfolgt hat, wird sich der Meinung
nicht verschließen können, datz hier der geistige und polie
tische Kampf der verschiedenen deutschen Kichtungen in
besonderer lveise zur Lntscheidung drängt. In der Lnt-
wicklung der vergangenen Semester hatte sich die iinsicht
durchgesetzt, die veutsche Studentenschaft ihre eigenen Ivege
gehen zu lassen, wobei die vegründung verschieden war.
iiuf der Linken war es der alte bekannte Rampf, auf
der vechten eine Lrwägung, die die mancherlei unerquick-
lichen Geschehnisse innerhalb der v. 5t. mit sich brachten
und den Ivunsch aufkommcn ließen, sich nicht mehr um
äußere 5treitigkeiten zu kümmern, sondern erst mal im
Innern Umschau zu halten und statt hitziger Uämpfe auf-
baucndc Urbcit zu leistcn. Mit der Gesamtabstimmung
der 5tudentenschaft im 5ommer 1927 fängt diese Tnt-
wicklung an,' damals lehnte man eine 5atzungsänderung
und den dadurch zu bewirkenden IViedereintritt in die
v. 5t. ab: ein versuch im folgenden>Winter, diesen Lintritt
auf kaltem Ivcge zu erreichen, scheiterte am IViderstand
des Ministeriums. ven kföhepunkt dieser klrbeit, die unter
dem Zeichen der „5achlichkeit" stand, bildeten wohl die
beiden vergangenen 5emester. Va mit den letzten Wahlen
ein Umschwung eingesetzt zu sein scheint, ist es viellcicht
angebracht, einen Uberblick über die kfeidelberger position
zu halten. Man mutz gleichzeitig mit einer Uritik ein-
sctzen, die ich üben darf auf Grund eigener Tätigkeit und
Lrfahrung in der heidelberger studentischen 5elbstverwal-
tung.
In üer Tat, kfeidelberg ist bei'nahe ein Muster dieser
vielgerühmtcn „studentischcn 5elbstverwaltung". Man ar-
beitete, es wurde unheimlich viel geschafft, aber trotzdem
drang sogar manches in die Gffentlichkeit, daß nicht alles
so schün wäre, wie es zu sein schien. Wer einmal hinter
die Uulissen geschaut hat, gibt sich keinen Täuschungen
mehr hin. Lin veispiel: In einer der ersten Uummerm
des „heidelberger 5tudenten" wurde dem damaligen l.vor-
sitzenden der vorwurf der Unsachlichkeit gemacht. Wclches
klmtsverbrechen mochte kferr himmel wohl begangen ha-
ben? Lr hatte vergessen, sich darnach zu erkundigen, wo
es einen verbilligten Friseur gäbe, datz die 5tudentenhilfe
für billige Uohlen gesorgt habe usw.! Ls ist überwäl-
tigend, wenn man sich damit die ungeheure verantwor-
tung des I. vorsitzenden der kfeidelberger 5tudentenschaft
zu Gemüte führen darf. Ls ist das auch kein Linzelsall,
es ist das zugleich ein 5qmptom. vie 5tudentenschaft ist
heute soweit gekommen, darin ihre Uufgabe und den
Zweck ihres vestehens zu sehen. Uörperliche und geistige
Uahrung wird wahllos verabreicht. Ich weiß, wie man
sich darüber beklagt hat, daß die 5tudentenhilse mehr
und mehr die ursprünglichen Uufgaben der 5tudentenschaft
an sich gezogen hat. vas war durch den verschiedenen
Uufbau der beiden Linrichtungen bedingt. vie 5tudenten-
hilfe ist nicht auf stets wechselnde Mehrheiten angewiesen,
sie hat ihren festen kfelferstab, der meistens Iahre hin-
durch bleibt, ihr Büro — man soll das nicht übersechen,
wenn man dem klsta den vorwurf macht, er habe sich
zu viel entziehen lassen. Im Gegenteil war es salsch,
daß sich der klsta immer wieder um klufgaben bemühte,
die seinem Uusgabenkreis nicht entsprachen. Lr sollte sich
auf das 5eine beschränken und nicht den vürokratismus
nachahmen, der sich — leider — mit allen solchen Tin-
richtungen verbindet, die, wie die 5tudentenhilfe, von oben
beeinflußt werden. Line solche saubere 5cheidung ist mög-
lich. ver klsta soll der klusdruck des in der 5tudentenschast
pulsierenden geistigen und politischcn Lebens sein, und das
stellt ihm genug klufgaben. vie glückliche Ubernahme
und erfolgte Vusgestaltung einer im Kreis der 5tudenten-
hilfe gänzlich eingerosteten Zeitschrift war von Linsich-
tigen schon lange gefordert worden, weil hier in der Tat
etwas Lebendiges zu gestalten war, was eine bürokratische
Grganisation nicht tun konnte.
Ver „heidelberger 5tudent" war ein seltener Lichtblick
auf trübem hintergrund. Wenn im letzten Winter laut
Tätigkeitsbericht NOO Lriese hinausgingen, so muß man
wissen, was das bedeutet. höchstens 50 vriefe haben da-
von einen mehr als formalen Inhalt. was an Linla->
dungen zu 5itzungen, an Mahnungen, an geschästsord>-
nungsmäßigen vundschreiben geschricben, was in papie-
renen Paragraphen und in reiner Geschäftsordnung ge-
macht wird, das erstickt nahezu jedes wirkliche Leben.
klber man sollte sich dafür bedanken, daß hier eine Gr-
ganisation um ihrer selbst willen besteht, daß so viel
gemacht wird, um sich ja nicht den klnschein der Untätig-
keit zu geben. vie 5tudentenschaft ist viclleicht noch eine
leere Uepräsentationsstätte und gut gcnug, zur verschöne-
rung unserer alma mater zu dienen.
klber die Fachschasten! tönt es uns entgegen, und es
gehört zum guten Ton, daß jede Gruppe unter ihren
Forderungen und — Wahlaufrufen die Förderung der sach-
schaftlichen klrbeit zu stehen hat. Man gilt als Uetzcr,
wenn man hinter den Wert dieser klrbeit einige Frage-
zeichen zu etzen wagt. Ich darf auch hier auf die Zeit
eigener Lrfahrung verweisen sowie auf klnzeichen, die
im letzten 5emester zum venken Knlaß gegeben haben
sollten. Line Fachschaft hatte den Mut, sich aufzulösen,
anstatt weiter ihr trübes vasein zu fristen, wie es die
andern tun. Gewiß, es gibt 5achschaften,,die es verstanden
haben, ihr klrbeitsgebiet zu erfassen und ihren platz aus-
zufüllcn. klber offen muß einmal gesagt werden, dah
sich hier mit weihevollem Lrnst Gebilde halten, deren
innere vaseinsberechtigung doch sehr anzweifelbar ist. .kluch
innerhalb seiner Fakultäten lebt der 5tudent aneinander
vorbei. Ls sind nur wenige, die die klrbeit auf sich
nehmen, den vetrieb in Grdnung halten und den anderN
varbietungen hinsetzen, die großmütig angenommen wer-
den, wenn sich der einzelne eine Hörderung davon ver-
spricht. Ls fehlt das Gefühl einer Zusammengehörigkeit
innerhalb solcher Gruppen und der klbgrenzung etwa ge-
genüber professoren. „vozenten, klssistenten und 5tudenten
gehören eben ... so zusammen, daß es keinen 5inn hat,
eine 5onderorganisation der 5tudierenden ... aufrecht zu
halten." Die Fachschaft, die so sprach, hat damit einem
weitverbreiteten Gesühl klusdruck verliehen. Wer einmal
in der Zachschaftsarbeit gestanden hat, wird mir zustimmen
müssen. klber der vorstand, aus dem die Fachschaften be-
stehen, sühlt in sich die verpslichtung, möglichst viel Geld
vom klsta herauszubekommen, weil man ihm sonst den
vorwurf machen könnte, er habe seine Pflicht nicht getan.
vieses Geld muß wieder irgendwie untergebracht werden,
um vor den scharfen vlicken des klsta nicht erröten zu
müssen. Ls sind Treibhauspflanzen, die hier ihr Leben
sristen.
Ist es ein Wunder? Wer sich von den Kommilitonen
der Idee „5tudentenschaft" verbunden sühlt, braucht nicht
diesen Umweg. Mit 5tudium werden wir an der Uni-
versität genug gefüttert. Wer mittut, um sein liebes Jch
gefördert zu sehen, wird kaum einer Gemeinschaft wesent-
liche vienste leisten können. vielleicht liegen aber die auf-
gezeigten Illängel tiefer? vielleicht ist das ganze Gebäude
brüchig? 5ollte hier ein staus, genannt „studentische 5elbst-
verwaltung", aufgebaut sein, ohne feste Grundmauern zu
haben? 5ollten hier äuhere Zormen bestehen, denen jeder
geistige Inhalt fehlt? Ist nicht die 5tudentenschast als Ge-
samtheit der 5tudierenden eine Fiktion, besonders wenn
man glaubt, daß sich hier ein einheitlicher Mlle auswirkt?
Man braucht nicht an die — hoffentlich allgemein be-
kannten — Tatsachen zu erinnern, an die Geschichte der
Veutschen 5tudentenschaft, das Werk der liriegsgeneration,
die ihren vrang nach einer Gemeinschaft in die Tat um-
zusetzen verstand. klber es waren Ideen dabei maßgebend,
die über den klahmen eines bloßen Zweckverbandes hin-
ausgingen. 5tatt schöner lleden wurde der großdeutsche
Dedanke in die Tat umgesetzt — trotz aller klnfeindungen,
meistens von Leuten ausgesprochen, die ohne jede lienntnis
der österreichischen verhältnisse sind, muß das immer wie-
der betont werden. ven Gründern schwebten Gedanken
der volksgemeinschaft vor, politische Lildung der 5tudie-
renden, einheitliches kluftreten als in sich .geschlossene Grup-
pe, deren 3iele weit gestreckt waren — aber nicht em
verband, der in sich selbst seinen Zweck sieht, nichts be-
deuten will, in „5achlichkeit" seiner klrbeit möglichst Ideen
auszuschalten sucht. heidelberg ist heute so weit, im Iloh-
lenmann und dem billigen Friseur nicht nur Lebensnot-
wendigkeiten zu sehen, — (auch dafür muß gesorgt werden,
aber dann wollen wir nicht so viel phrasen darum ma-
chen), — sondern schon die 5umme seiner ganzen Tätig-
keit, die tragcnde Idee. Manche wollen das nicht ein-
sehen,- sie glauben, gestützt auf seine ruhmvolle vergan-
genheit und seine staatliche klnerkennung werde ffeidelberg
berufen sein, veutschlanüs 5tudentenschaften um sich zu
versammeln. Ls wäre das die Übertragung der eigenen
Minderwertigkeit, ohne jeden Funken geistiger Zielsetzung.
ver Ivahlausgang hat den gesunden 5inn der 5tudenten-
schaft bewiescn, die solche versuche abgelehnt hat. Vie
Unmöglichkeit der „ffeidelberger Uesolution" ergibt sich
allcin daraus, daß man ohne viele Fragen den groß-
dcutschen Gedankcn ausgab, nur um jedem Uamps mit
der 5taatsgewalt auszuweichen. vie ^utterkrippe ist wich-
tiger, als daß autzerhalb des Ueichs deutsche volksgenossen
wohnen.
Unter den Paragraphen der 5atzung sind alle lebens-
vollen klnsätze erstickt, um die sich immer wieder auf-
opferungsvolle Kommilitonen bemüht haben. vie klrbeit,
der die 5tudentenschaft dienen sollte, ist darüber zugrunde
gegangen. Im Grenz- und kluslandsamt weiß man ein
Lied davon zu singen. Ls steckt keine böse klbsicht dahinter,
wenn seine klrbeit immer wieder auf halbem wege zum
5tocken gebracht wurde. Ls steckt eine Tragik dahinter,
daß man von studentischer 5elbstverwaltung sprach, in
den überkommenen äußeren Fmmen steck^ btjetz und die
pflichten, die eine 5tudentenschast haben follte — das ist
das Wichtigere! Nicht die Nechte! —, darüber vernach-
lässigte.
Wo liegen die Gründe? va scheinvder bedeutungsvollste
der zu sein, der auch seinen platz in der „heidelberger
Nesolution" gefunden hat: Schutz der Minderheiteil. Ls
galt als einer der härtesten vorwürfe, den man der
„v. 5t." machte, daß in ihr die Minderheiten nicht ge-
nügend zu Worte kamen. Ls dürfte das der klrbeit nichts
geschadet haben, und es ist doch einer der vornehmsten
Grundsätze der Vemokratie, den anzuerkennen die vor-
gaben, die sich über mangelnden Minderheitenschutz be-
schwerten, um die Geschicke der von ihr beeinflußten Lin-
richtung nach ihrem lvillen zu lenken. In ffeidelberg war
es umgekehrt. ffier hat die Nechte in einem Maße Kück-
sicht auf die Minderheiten genommen, die zuweilen an
5elbstaufgabe grenzte,- diese hatte mehr zu sagen als die
Mehrheit. Ls entstand vielleicht aus einer allzu großen
vornehmheit der Gesinnung. vie aus den letzten klsta-
Wahlen hervorgegangene neue Mehrheit wird ihre ffaupt-
aufgabe darin zu erblicken haben, erstmal ihre eigeneN
Wünsche durchzusetzen und eine kraftvolle politik zu trei-
machen ließ. vas ist blutiger Lrnst und ein seichen, daß
man die Geschichtte nicht in den Wind schlagen sollte.
Warum ist nun der Florian Geyer keine Tragödie,
sondern eine vallade in markigem Zränkisch von einem
Nitter kühn, der unter die vauern ging? Ver war,
statt hart und eisern, loyal, ließ sich dahin schicken, wo
er nicht nütig war, hielt eine gute Nede über den getreuen
Tellermann und ging mit ffaltung in den Tod (wenn's!
auch keine naturalistische Notwendigkeit gibt, „ein 5tünd-
lein 5chlaf" unbedingt im feindlichen 5chloß zu suchen).
Ls ist ein romantisches und revolutionäres, ein klas-
senkämpferisches und ein nationales 5tück, es will die
deutsche Linheit in der brüderlichen Linung der Bauern
aufgehen lassen. Va könnten also völkische und soziali-
stische Nevolutionäre friedlich im vandhaus beieinander-
hocken, vor der Unerbittlichkeit des 5chicksals (oder der
soziologischen Nonstellation!) erschauern, und die Größe
des Gedankens ermessen, für den solche Menschen in
den Tod gingen. Und beim ffinausgehen bedenken, daß
sie. Lrüder sind.
??Nönnten 5ie?
Die völkischen werden sich bedenken!
Und wenn die 5ozialisten 'ne klhnung hätten, würden
sie sich auch bedanken.
5ie werden ja alle miteinander ausgeschimpft, — von
einem tapseren Mann, der sranzösische verbindungen hat,
der aber nicht zugegriffen, jich zwischen zwei 5tühle ge-
setzt hat und nun wahnsinnig wütend ist.
Lin ganz interessantes Individuum.
Nber mit 5chimpfreden, und seien sie noch so echt und
vom Herzen kommend, wird keine Tragödie gemacht. 5o
entsteht ein halbes Tendenzstück, wo die Nitter saufen
und gelegentliche klnsälle von Nitterlichkeit haben, wo
die vauern zwar recht haben, aber genau besehen ein
ffaufen von blutrünstigen Guerköpfen sind. warum ist
der Lorenz Löffelholz krank? Ist daran auch die.deutsche
Zwietracht schuld? warum steht der Nitter v. Menzingen
herum und sagt keinen Mucks? Wahrhastig die unglück-
lichste Nolle, die ich je gesehen. Warum wird Götz v. ver-
lichingen gegen Goethe und die romantische Tradition zu
einem ängstlichen Wackelgreis gemacht?
Nurz und gut: starke Männer werden keine ffelden,
weil ihre Umgebung und ihre Gegner aus waschlappen
bestehen. Line Tragödie entsteht, wenn gleichwertige Ge-
genspieler den großen Gedanken wollen und sich ins Ge-
hege kommen, weil das 5chicksal sie nach Nlter, Necht
und Gefolgschast an verschiedene 5tellen setzt. vazu braucht
man pathos, keine psychologie, pläne, keine plackereien,
visziplin, keine Vrohungen.
ffauptmann soll das 5tück umarbeiten, oder 3uck-
mayer oder Bronnen, oder wer sonst in markiger
5prache macht. Und dann soll der Zlorian Geyer nicht
mehr von Vauern wie George und Nortner, son-
dern von einem 5chauspieler mit Gestalt und 5timme eines
Ldelmanns gespielt werden.
Ich glaube, es hängt sehr viel an diesem 5tück für
veutschland. raäix.
Va zelgte stch »Vie anäere 8eite«
(Stadttheater heidelberg )
und siehe, sie war der unseren gleich. Und hätten sie
das Iuli 14 gewußt ...
Thematisches:
Großes Feldgeschrei. vie Tageslosung: hie klmüsier-,
hie Vebattiertheater. (vie Tageslösung?)
wobei zu unterscheiden ist zwischen Tendenz- und Ve-
battiertheater. vie vebatte an sich bleibt. Nur der 5tand-
ort wechselte. von der vühne zum parkett. va unten
streiten sich die Leut' herum. Wie es sich gehärt.
Zustände sehen. Und dann unsere Meinung sagen. Nber
nicht die Meinung fertig aus der Nulisse beziehen. Venken
tun wir selbst.
Voch um die Nichtung der Gedanken geht es, Vichter!
Luer Nmt, es bleibt schwer genug. welche Nichtung zeigt
ihr?
Nun, es lohnt zu folgen, wohin 5herriff führt. Ist
da etwas lebens-, todeswichtiger?
Lin Graben an der englischen Front, ein paar Gffiziere
in Lrwartung der deutschen Gffensive. Lin paar endlose
5tunden aus der endlosen Neihe endloser Tage heraus-
genommen. Lin Graben von den vielen, vielen Gräben,
an der englischen Zront, an der französischen Front, an
der deutschen Zront, an der russischen Zwnt, allert
Fronten.
vas Grauen, das ihm entsteigt, die Not, die verzweif-
lung, die Not, die klngst, das Wissen um den Un-5inn des
Geschehens, das sällt über uns her, das macht uns wehr-
los und läßt uns erstarren. Und reißt alle Grenzen ein„
wenn es sich blitzartig klärt: vas ist ja nicht alles. vas
ist hundertfach da, nein, tausendsach, nein, hunderttausend-
fach — über alles menschliches venken.
Liner sagte: Nriegslust, das ist nur ein Mangel an
phantasie. hier aber wird ihr gründlich nachgeholfen.
Und 5herriff darf es sich mit Warbusse, mit Nrnold Zweig,
mit Nemarque anrechnen, wenn dieser Mangel langsam,
wie langsam, behoben wird.
5tenogramme, bescheiden-wirksame 5tenogramme an
5telle von flammenden Neden. vas Zeittheater ist da.
5zenisches:
Vie klufführung im 5tädtischen Theater gab gute 5chau-
spielkunst. Winds führte den Nompagnieführer 5tan-
hope sachte an der bedrohlichen Nlippe unangebrachtcn
ffeldentums vorbei. Iosef van 5anten als IZ jähriger
brachte über die Worte seiner Nolle eine ganze Ntmosphäre
jugendlicher 5chwarmgeister mit. 5chirlitz' unendlich feine
varstellung des reisen Mannes in seiner liebend-geliebten
veziehung zu Iüngeren hatte ihren wesentlichen Nnteil
am klbend.
5oweit die 5chauspieler. 3u Kegisseur und Lühnen-
bildner (Lrwin ffahn und 5chmitz-Bous): weniger
Nealistik alles Gptischen wäre mehr gewesen. Man macht
keine Granateinschläge nach, man deutet sie an. klus dem^