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Alexander von Dusch, welcher in Heidelberg die Rechtswissenschaft
studierte, veranlaßte Weber, mit dem Musikleben in Heidelberg bekannt
zu werden. Mit einer Art Jubel ging Weber an das Werk, die dama-
ligen musikalischen Größen Heidelbergs kennen zu lernen: die Tochter
des Geheimrats Koop ans Kassel, eine der ausgezeichnetsten Klavier-
spielerinnen, den Musikdirektor und Organisten Hofmann, den Stu-
diosus Gambs, einen fertigen Violinspieler; dazu kamen der genannte
Thibaut und der Uebersetzer des „Ariost" und „Tasso", der Dichter
Gries, der ein großer Musikfreund trotz seines schlechten Gehörs war.
Weber machte sich auf den Studentenkneipen durch seine Liebens-
würdigkeit und Offenheit beliebt; er war kein Spaßverderber, gab
selbst sogar neuen Unfug an, sang Schelmenlieder und gab Anlaß, ge-
feierten Schönheiten L-tändchen zu bringen. Hatte Weder mit einem
Schlage die Jugend auf seiner Seite, so war es ein Leichtes, ihn für
ein Konzert am 4. März 1810 zu gewinnen. In einem Liebhaberkon-
zert entzückte er alle Welt, sowohl durch seine Fingerfertigkeit, als auch
durch die Art, wie er spielte. Zum Vortrag kamen seine 7 Verände-
rungen in L über Vien gua, vorina della, welche er 1807 für die
Hausmusik des Herzogs Eugen von Württemberg geschrieben hatte.
Im Laufe des Jahres entwickelte sich ein frohes Wanderleben
zwischen Mannheim und Heidelberg. Doch ein Kneipabend bei einer
Studentenverbindung nahm eine derartige Ausdehnung an, daß wegen
eines bösen Krakeels sich die Bewohner Heidelbergs beschwerten und
Truppen aus Mannheim angefordert werden mußten. Weber erlitt
dabei eine große Einbuße; er hatte ein zweites Konzert in Heidelberg
angesagt, welches aber durch die Ausschreitungen vereitelt wurde. Zum
Glück konnte Weber am 2. April 1810 in Mannheim in einer musikali-
schen Darbietung die entfallenen Einnahmen wieder retten und zwar
durch die Musik zur Deklamation mit Chor und Orchester „Der erste
Ton", bei der kein geringerer als der große Eßlair das Gedicht vor-
trug, und die Symphonie in C.
Am 10. Mai 1810 war es ein Jubeltag, als Weber mit einem
eigenen Konzerte austrat, in welchem ein Andante (v-mol!) und Ver-
änderungen (U) für Violoncell mit Orchester, für v. Dusch geschrieben,
ihm gewidmet und von ihm vorgetragen, zur Aufführung kam. Im
Spätjahre, am Tage der Kirchweihe, fand ein drittes Konzert statt,
welches namentlich von Mannheimern sehr besucht war.
Den Hauptanziehungspunkt für Karl Maria v. Weber, Gottfried
Weber und v. Dusch, welcher seine Studien beendigt hatte und Rechts-
praktikant in Mannheim wurde, bildete das Stift Neuburg, das im
Besitze der Familie Hout war. Regierungskommissar Hout spielte die
Violine; zu ihm gesellten sich Weber und v. Dusch als Begleiter auf
dem Klavier und Cello, so daß Trios von Haydn die anwesende Gesell-
schaft nur entzücken konnten. Freunde des Hauses waren aus Mann-
heim: Gottfried Weber mit Frau, die Familien Hertling, Solome,
Graf v. Benzel-Sternau, Präsident des Hofgerichts, nebst Frau usw.
In diesem Kreise, der sich aus nur Musikliebhabern zusammensetzte,
mußte manche Tondichtung Webers erst die Feuerprobe bestehen,
namentlich die Oper „Silvana". Das Leben auf dem Stifte, das für
die Gäste angenehm und unterhaltend war, glich einem Aufenthalte in
paradiesischer Gegend, uni so mehr als Herr Hout Verehrer der
Obstzucht und Liebhaber von Blumen war.
Besonders anziehend für die Besucher war es, wenn die Strah-
len der sinkenden Sonne rot-golden auf den das Ufer begrenzenden
Höhen und den Spitzen der Berge lagen. Weber und v. Dusch bewohn-
ten ein Zimmer im Stifte, setzten sich so manchen Abend an die
Brüstung des Fensters und schauten sinnend in die Nacht hinein.
Wie lag es still und schweigend da, das prächtige Neckartal!
Wie schienen ringsum die waldigen Höhen zu träumen! Wie geister-
artig rauschten die Wasser des Neckars dahin, sich mit weißem Schaum
an den abenteuerlichen Felsen brechend, die dunkel aus dem Flußbette
Hervorsahen. Weber ergriff die Gitarre und suchte das Spiel der
Wellen auf feinem Instrumente nachzuahmen. Der Zauber der Ro-
mantik in Heidelbergs Umgebung, den er auf der Gitarre zum Aus-
druck brachte, blieb derartig in Webers Gedächtnisse, daß er die Ton-
weise nach 14 Jahren in der Oper „Oberon" — seinem Schwanen-
gesange — verwendete. Die Takte 6 und 7 sowie 56 und 60 der Ouver-
türe ßeben, wie der Sohn Webers in der Biographie seines Vaters
mitlrilt, die Weise wieder. An einem anderen Abende sang Weber
dem v. Dusch den Elfenchor vor, der jetzt den 1. Akt aus „Oberon" ein-
leitet. Zweifellos hat Weber, der erste romantische Tondichter seiner
Zeit, an den wundervollen, durchträumten Mondscheinabenden seinen
Sinn für Romantik erweitert. Weniger bekannt dürfte es sein, daß
Weber auf dem Stifte Neuburg ein Gespensterbuch von Apel fand, aus
dem, allerdings 11 Jahre später, die Dichtung zum „Freischütz" geschöpft
wurde, deren ursprüngliche Benennung „Der Probeschuß", dann die
„Jögerbraut" war.
Weber sollte gegen Ende des Jahres 1810 auf Wunsch der Prin-
zessin Stephanie von Baden die Kapellmeisterstelle in Mannheim er-
halten; allein der Plan zerschlug sich und Weber mußte infolgedessen
Mannheim verlassen. Von hier bis 1817 bildete das Leben Webers
eine fortgesetzte Wanderung, bis er sich in Dresden eine Stellung als
Hoskapeluneister verschaffen konnte. Am 16. April 1812 starb in
Mannheim Webers Vater, 78 Jahre alt. 1825 erhielt Weber, der
damals schon trotz Besuchs von Bädern den Todeskeim in sich trug, von
London den Auftrag, die Oper ,,Oberon" zu komponieren; daß der
schwerkranke Mann, welcher nur in dein Gedanken, für die Seinigen
den Unterhalt erringen zu müssen, an das für ihn schwere Werk ging,
auch sich noch seiner Tondichtungen, die im romantischen Neckartale
entstanden, erinnerte und dieselben im „Oberon" unvergeßlich zum
Ausdruck brachte, sollte Weber stets hoch angerechnet werden.
Einiges über erwähnte Persönlichkeiten:
Gottfried Weber (geb. 1779 zu Freinsheim, gest. 1839 auf einer
Badereise in Kreuznach) war keineswegs Berufsmusiker, sondern
Jurist; er bekleidete die Stellen als Richter und Rechtsanwalt in
Mannheim seit 1802, Mainz (1814) und Darmstadt (1818); 1832 Gene-
ralstaatsprokurator für Hessen. Obwohl er keine regelrechte, theore-
tische Unterweisung in der Musik erhalten hatte, leitete er, selbst ein
guter Flöten- und Cellospieler, einen Musikverein, schrieb viele musi-
kalische Abhandlungen, brachte eigene Tondichtungen (Messen) zur
Aufführung und machte den Versuch, ein eigenes Tonsystem aufzu-
stellen. Weber war in erster Ehe mit einer Freiin von Edel (f 1808),
in 2. Ehe mit Auguste von Dusch (f 1861) verheiratet.
Alexander von Dusch, Bruder der Auguste v. Dusch, wurde in
Neustadt a. H. als Sohn des kurpfälzijchen Verwaltungsbeamten v.
Dusch am 27. Januar 1789 geboren, kam 1794 mit seinem Vater nach
Mannheim, bezog 1807—10 die Universität Heidelberg; er ergriff die
juristische Laufbahn, wurde Staatsminister, vertrat, in Heidelberg seit
1851 lebend, die Stadt in der Abgeordnetenkammer. Seine reiche
musikalische Begabung vererbte sich auf die noch lebenden Nachkommen.
Er starb am 27. Oktober 1876.
Am 30. Oktober 1804 kauft ein Negierungskommissar Hout von
der katholischen Kirchenkommission das Stift Neuburg und veräußert
es Wieder (1814) an den Kktimnersekretär Karl Friedrich Penzel. Ueber
die Persönlichkeit des Hout konnte nur ausfindig gemacht werden, daß
in Mannheim 1802 ein Mitglied des Stadtrats und Stadtgerichts-
assessor Hout, 1805 ein Stadtamtmann als Mitglied der kurfürstlichen
(badischen) Armen-Kommission, 1883 ein pensionierter Amtmann die-
ses Namens nachzuwsisen ist. Dieser schrieb als Mitglied des land-
wirtschaftlichen Vereins und der Kgl. preuß. naturforschenden Gesell-
schaft in Görlitz über „Die Aufmunterung zur Scidenzucht in Deutsch-
land und besonders im Großherzogtum Baden". 1854 wird ein Amt-
mann Hout zum letztenmale im Mannheimer Einwohnerverzeichnis
aufgeführt. — Ein K. Hout lieferte unter Gartendirektor Zeyher
(1804—43) in Schwetzingen Pläne des Schloßgartens. Er mag ein
Sohn des Amtmannes gewesen sein.
Die Werke beider Hout besitzt die Universitäts-Bibliothek in
Heidelberg.
Ein Pommern-Fürst als Student
in Heidelberg.
Von K. Roth.
Pommern, Stettin und Heidelberg — wie weit sie
auseinanderliegen, so hatten sie doch Verbindung, ja Freundschaft mit
einander geschlossen, eine ententa corckiale, seit Herzog Bogus-
lav X. einen Besuch in Heidelberg gemacht hatte, im Jahre 1497.
Später holte sich Herzog Georg, Boguslavs Sohn, seine Frau aus
Heidelberg, Ämalia, die Tochter Kurfürst Philipps, des Aufrich-
tigen. Am engsten wurde aber die Verbindung, als eben dieser Her-
zog Georg nach dem frühen Tode seiner Gemahlin — sie starb am
6. Januar 1525 — seinen einzigen lebenden Sohn Philipp nach
Heidelberg brachte, um ihn unter der Aufsicht seines Schwagers, des
Kurfürsten Ludwig V., erziehen zu lassen. Der pommersche
Chronist schreibt:
„Hertocb Oeorx batte ckea Lokn Hertocb Ubilippsen mit
rieb neck ckecks en b^ stirer dlocker Urocker, UkaUxrake Uucke-
vvicb, Xorkursten tbc> llleickelbercb, neck liet ocb ein Juncker
ssurZen von Uutbuscb, einen fanden Herrn sampt anckern Uckel-
lucken, cke nevest ein alcka stuckeren unck ux> ein vvakren scbolcken
unck 8ak en einen tinen verstenckixcn Hokerneinster tko, lCoritr
lllerninKst. 8o naknr en cke kllalr^rale krenecklielc an unck liet
en sebr ebrlick unck kürstliclc erstellen."
Dieser Pommern-Prinz war am 14. Juli 1515 geboren, also
gerade 11 Jahre alt, als er im August 1526 nach Heidelberg kam und
fein Studium begann. Sein Stundenplan war ihm jedenfalls
vom Kurfürsten Ludwig genau vorgeschrieben. Wir besitzen ihn in
einem Kvpialbuch und teilen folgendes daraus mit:
Der junge Fürst mußte im Sommer vor 6 und im Winter vor
7 Uhr aufstehen, sich anziehen, vom Scherer kämmen lassen etc. und
dann „sein Gebett gegen Gott sprechen". Darnach soll er eine Stunde
lang studieren, nach Grammatik lernen. Erst dann mußte er
seine Morgen suppe essen und Sommers und Winters „in die
Predigt und das Ampt der Meß gehen". Nach der Messe soll er zu
Tisch gehen, wohin er jederzeit geordnet wird. Nach dem Essen muß
er wieder eine völlige Stunde lang lernen, und zwar „in einem we-
sentlichen Poeten, dermores lernt (lehrt). Zwischen 1 und 2 Uhr
soll er den „Unterdrunk" nehmen und dann wieder eine Stunde
in die Lehre gehen und zwar diesmal soll er Philosophie, Rhe-
torik oder Geschichte treiben. Zwischen 3 und 4 Uhr darf er, „wie in
anderen müssigen Stunden sein Kurzweil machen". Um 4 Uhr wird
der Nachtimbs eingenommen „an Orten, dahin er beschaiden wurde".
Nach dem Nachtmahl muß er wieder eine Viertelstunde lang „Latein
oder sonst was Lustigs lernen". Das Lateinlernen war also damals
etwas Lustiges, oder etwas, wozu die jungen Herren Lust hatten, was
sich die Herren Gymnasiasten merken mögen! Darnach soll er im
Sommer um 8 Uhr, im Winter zwischen 7 und 8 Mr den Schlaf-
Alexander von Dusch, welcher in Heidelberg die Rechtswissenschaft
studierte, veranlaßte Weber, mit dem Musikleben in Heidelberg bekannt
zu werden. Mit einer Art Jubel ging Weber an das Werk, die dama-
ligen musikalischen Größen Heidelbergs kennen zu lernen: die Tochter
des Geheimrats Koop ans Kassel, eine der ausgezeichnetsten Klavier-
spielerinnen, den Musikdirektor und Organisten Hofmann, den Stu-
diosus Gambs, einen fertigen Violinspieler; dazu kamen der genannte
Thibaut und der Uebersetzer des „Ariost" und „Tasso", der Dichter
Gries, der ein großer Musikfreund trotz seines schlechten Gehörs war.
Weber machte sich auf den Studentenkneipen durch seine Liebens-
würdigkeit und Offenheit beliebt; er war kein Spaßverderber, gab
selbst sogar neuen Unfug an, sang Schelmenlieder und gab Anlaß, ge-
feierten Schönheiten L-tändchen zu bringen. Hatte Weder mit einem
Schlage die Jugend auf seiner Seite, so war es ein Leichtes, ihn für
ein Konzert am 4. März 1810 zu gewinnen. In einem Liebhaberkon-
zert entzückte er alle Welt, sowohl durch seine Fingerfertigkeit, als auch
durch die Art, wie er spielte. Zum Vortrag kamen seine 7 Verände-
rungen in L über Vien gua, vorina della, welche er 1807 für die
Hausmusik des Herzogs Eugen von Württemberg geschrieben hatte.
Im Laufe des Jahres entwickelte sich ein frohes Wanderleben
zwischen Mannheim und Heidelberg. Doch ein Kneipabend bei einer
Studentenverbindung nahm eine derartige Ausdehnung an, daß wegen
eines bösen Krakeels sich die Bewohner Heidelbergs beschwerten und
Truppen aus Mannheim angefordert werden mußten. Weber erlitt
dabei eine große Einbuße; er hatte ein zweites Konzert in Heidelberg
angesagt, welches aber durch die Ausschreitungen vereitelt wurde. Zum
Glück konnte Weber am 2. April 1810 in Mannheim in einer musikali-
schen Darbietung die entfallenen Einnahmen wieder retten und zwar
durch die Musik zur Deklamation mit Chor und Orchester „Der erste
Ton", bei der kein geringerer als der große Eßlair das Gedicht vor-
trug, und die Symphonie in C.
Am 10. Mai 1810 war es ein Jubeltag, als Weber mit einem
eigenen Konzerte austrat, in welchem ein Andante (v-mol!) und Ver-
änderungen (U) für Violoncell mit Orchester, für v. Dusch geschrieben,
ihm gewidmet und von ihm vorgetragen, zur Aufführung kam. Im
Spätjahre, am Tage der Kirchweihe, fand ein drittes Konzert statt,
welches namentlich von Mannheimern sehr besucht war.
Den Hauptanziehungspunkt für Karl Maria v. Weber, Gottfried
Weber und v. Dusch, welcher seine Studien beendigt hatte und Rechts-
praktikant in Mannheim wurde, bildete das Stift Neuburg, das im
Besitze der Familie Hout war. Regierungskommissar Hout spielte die
Violine; zu ihm gesellten sich Weber und v. Dusch als Begleiter auf
dem Klavier und Cello, so daß Trios von Haydn die anwesende Gesell-
schaft nur entzücken konnten. Freunde des Hauses waren aus Mann-
heim: Gottfried Weber mit Frau, die Familien Hertling, Solome,
Graf v. Benzel-Sternau, Präsident des Hofgerichts, nebst Frau usw.
In diesem Kreise, der sich aus nur Musikliebhabern zusammensetzte,
mußte manche Tondichtung Webers erst die Feuerprobe bestehen,
namentlich die Oper „Silvana". Das Leben auf dem Stifte, das für
die Gäste angenehm und unterhaltend war, glich einem Aufenthalte in
paradiesischer Gegend, uni so mehr als Herr Hout Verehrer der
Obstzucht und Liebhaber von Blumen war.
Besonders anziehend für die Besucher war es, wenn die Strah-
len der sinkenden Sonne rot-golden auf den das Ufer begrenzenden
Höhen und den Spitzen der Berge lagen. Weber und v. Dusch bewohn-
ten ein Zimmer im Stifte, setzten sich so manchen Abend an die
Brüstung des Fensters und schauten sinnend in die Nacht hinein.
Wie lag es still und schweigend da, das prächtige Neckartal!
Wie schienen ringsum die waldigen Höhen zu träumen! Wie geister-
artig rauschten die Wasser des Neckars dahin, sich mit weißem Schaum
an den abenteuerlichen Felsen brechend, die dunkel aus dem Flußbette
Hervorsahen. Weber ergriff die Gitarre und suchte das Spiel der
Wellen auf feinem Instrumente nachzuahmen. Der Zauber der Ro-
mantik in Heidelbergs Umgebung, den er auf der Gitarre zum Aus-
druck brachte, blieb derartig in Webers Gedächtnisse, daß er die Ton-
weise nach 14 Jahren in der Oper „Oberon" — seinem Schwanen-
gesange — verwendete. Die Takte 6 und 7 sowie 56 und 60 der Ouver-
türe ßeben, wie der Sohn Webers in der Biographie seines Vaters
mitlrilt, die Weise wieder. An einem anderen Abende sang Weber
dem v. Dusch den Elfenchor vor, der jetzt den 1. Akt aus „Oberon" ein-
leitet. Zweifellos hat Weber, der erste romantische Tondichter seiner
Zeit, an den wundervollen, durchträumten Mondscheinabenden seinen
Sinn für Romantik erweitert. Weniger bekannt dürfte es sein, daß
Weber auf dem Stifte Neuburg ein Gespensterbuch von Apel fand, aus
dem, allerdings 11 Jahre später, die Dichtung zum „Freischütz" geschöpft
wurde, deren ursprüngliche Benennung „Der Probeschuß", dann die
„Jögerbraut" war.
Weber sollte gegen Ende des Jahres 1810 auf Wunsch der Prin-
zessin Stephanie von Baden die Kapellmeisterstelle in Mannheim er-
halten; allein der Plan zerschlug sich und Weber mußte infolgedessen
Mannheim verlassen. Von hier bis 1817 bildete das Leben Webers
eine fortgesetzte Wanderung, bis er sich in Dresden eine Stellung als
Hoskapeluneister verschaffen konnte. Am 16. April 1812 starb in
Mannheim Webers Vater, 78 Jahre alt. 1825 erhielt Weber, der
damals schon trotz Besuchs von Bädern den Todeskeim in sich trug, von
London den Auftrag, die Oper ,,Oberon" zu komponieren; daß der
schwerkranke Mann, welcher nur in dein Gedanken, für die Seinigen
den Unterhalt erringen zu müssen, an das für ihn schwere Werk ging,
auch sich noch seiner Tondichtungen, die im romantischen Neckartale
entstanden, erinnerte und dieselben im „Oberon" unvergeßlich zum
Ausdruck brachte, sollte Weber stets hoch angerechnet werden.
Einiges über erwähnte Persönlichkeiten:
Gottfried Weber (geb. 1779 zu Freinsheim, gest. 1839 auf einer
Badereise in Kreuznach) war keineswegs Berufsmusiker, sondern
Jurist; er bekleidete die Stellen als Richter und Rechtsanwalt in
Mannheim seit 1802, Mainz (1814) und Darmstadt (1818); 1832 Gene-
ralstaatsprokurator für Hessen. Obwohl er keine regelrechte, theore-
tische Unterweisung in der Musik erhalten hatte, leitete er, selbst ein
guter Flöten- und Cellospieler, einen Musikverein, schrieb viele musi-
kalische Abhandlungen, brachte eigene Tondichtungen (Messen) zur
Aufführung und machte den Versuch, ein eigenes Tonsystem aufzu-
stellen. Weber war in erster Ehe mit einer Freiin von Edel (f 1808),
in 2. Ehe mit Auguste von Dusch (f 1861) verheiratet.
Alexander von Dusch, Bruder der Auguste v. Dusch, wurde in
Neustadt a. H. als Sohn des kurpfälzijchen Verwaltungsbeamten v.
Dusch am 27. Januar 1789 geboren, kam 1794 mit seinem Vater nach
Mannheim, bezog 1807—10 die Universität Heidelberg; er ergriff die
juristische Laufbahn, wurde Staatsminister, vertrat, in Heidelberg seit
1851 lebend, die Stadt in der Abgeordnetenkammer. Seine reiche
musikalische Begabung vererbte sich auf die noch lebenden Nachkommen.
Er starb am 27. Oktober 1876.
Am 30. Oktober 1804 kauft ein Negierungskommissar Hout von
der katholischen Kirchenkommission das Stift Neuburg und veräußert
es Wieder (1814) an den Kktimnersekretär Karl Friedrich Penzel. Ueber
die Persönlichkeit des Hout konnte nur ausfindig gemacht werden, daß
in Mannheim 1802 ein Mitglied des Stadtrats und Stadtgerichts-
assessor Hout, 1805 ein Stadtamtmann als Mitglied der kurfürstlichen
(badischen) Armen-Kommission, 1883 ein pensionierter Amtmann die-
ses Namens nachzuwsisen ist. Dieser schrieb als Mitglied des land-
wirtschaftlichen Vereins und der Kgl. preuß. naturforschenden Gesell-
schaft in Görlitz über „Die Aufmunterung zur Scidenzucht in Deutsch-
land und besonders im Großherzogtum Baden". 1854 wird ein Amt-
mann Hout zum letztenmale im Mannheimer Einwohnerverzeichnis
aufgeführt. — Ein K. Hout lieferte unter Gartendirektor Zeyher
(1804—43) in Schwetzingen Pläne des Schloßgartens. Er mag ein
Sohn des Amtmannes gewesen sein.
Die Werke beider Hout besitzt die Universitäts-Bibliothek in
Heidelberg.
Ein Pommern-Fürst als Student
in Heidelberg.
Von K. Roth.
Pommern, Stettin und Heidelberg — wie weit sie
auseinanderliegen, so hatten sie doch Verbindung, ja Freundschaft mit
einander geschlossen, eine ententa corckiale, seit Herzog Bogus-
lav X. einen Besuch in Heidelberg gemacht hatte, im Jahre 1497.
Später holte sich Herzog Georg, Boguslavs Sohn, seine Frau aus
Heidelberg, Ämalia, die Tochter Kurfürst Philipps, des Aufrich-
tigen. Am engsten wurde aber die Verbindung, als eben dieser Her-
zog Georg nach dem frühen Tode seiner Gemahlin — sie starb am
6. Januar 1525 — seinen einzigen lebenden Sohn Philipp nach
Heidelberg brachte, um ihn unter der Aufsicht seines Schwagers, des
Kurfürsten Ludwig V., erziehen zu lassen. Der pommersche
Chronist schreibt:
„Hertocb Oeorx batte ckea Lokn Hertocb Ubilippsen mit
rieb neck ckecks en b^ stirer dlocker Urocker, UkaUxrake Uucke-
vvicb, Xorkursten tbc> llleickelbercb, neck liet ocb ein Juncker
ssurZen von Uutbuscb, einen fanden Herrn sampt anckern Uckel-
lucken, cke nevest ein alcka stuckeren unck ux> ein vvakren scbolcken
unck 8ak en einen tinen verstenckixcn Hokerneinster tko, lCoritr
lllerninKst. 8o naknr en cke kllalr^rale krenecklielc an unck liet
en sebr ebrlick unck kürstliclc erstellen."
Dieser Pommern-Prinz war am 14. Juli 1515 geboren, also
gerade 11 Jahre alt, als er im August 1526 nach Heidelberg kam und
fein Studium begann. Sein Stundenplan war ihm jedenfalls
vom Kurfürsten Ludwig genau vorgeschrieben. Wir besitzen ihn in
einem Kvpialbuch und teilen folgendes daraus mit:
Der junge Fürst mußte im Sommer vor 6 und im Winter vor
7 Uhr aufstehen, sich anziehen, vom Scherer kämmen lassen etc. und
dann „sein Gebett gegen Gott sprechen". Darnach soll er eine Stunde
lang studieren, nach Grammatik lernen. Erst dann mußte er
seine Morgen suppe essen und Sommers und Winters „in die
Predigt und das Ampt der Meß gehen". Nach der Messe soll er zu
Tisch gehen, wohin er jederzeit geordnet wird. Nach dem Essen muß
er wieder eine völlige Stunde lang lernen, und zwar „in einem we-
sentlichen Poeten, dermores lernt (lehrt). Zwischen 1 und 2 Uhr
soll er den „Unterdrunk" nehmen und dann wieder eine Stunde
in die Lehre gehen und zwar diesmal soll er Philosophie, Rhe-
torik oder Geschichte treiben. Zwischen 3 und 4 Uhr darf er, „wie in
anderen müssigen Stunden sein Kurzweil machen". Um 4 Uhr wird
der Nachtimbs eingenommen „an Orten, dahin er beschaiden wurde".
Nach dem Nachtmahl muß er wieder eine Viertelstunde lang „Latein
oder sonst was Lustigs lernen". Das Lateinlernen war also damals
etwas Lustiges, oder etwas, wozu die jungen Herren Lust hatten, was
sich die Herren Gymnasiasten merken mögen! Darnach soll er im
Sommer um 8 Uhr, im Winter zwischen 7 und 8 Mr den Schlaf-