Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
MMMtS-MW M „WSMM WMkk"
W, 17. S. W-MM. 1914.


Inhalt: Die Farben von Heidelberg. Von K. Roth. —
Die Franzosen in der Kurpfalz im Jahre 1799. Von Otto Geibel.
— Die Heidelberger Universitäts-Bibliothek. Von Camille Jay. —
Heidelberger Glockeninschriften. — Allerlei: Eine Bärenjagd im
Schwetzinger Wald. — Taubenpost im Mittelalter.

Heidelberger Lagebuchblätter.
9. — 22. Juli.
Von der Universität. 21. Juli: Professor Haller gestorben.
Kommunales. 13. Juli: Der Bürgerausschuß genehmigt die Erhe-
bung einer Abgabe von Lustbarkeiten.
Verschiedenes. 10. Juli: Stadtvikar Karl Schenkel wird zum
Pfarrer der Jungbuschpfarrei in Mannheim gewählt. — 15. Juli
Eröffnung der simultanen Kinderschule in tzandschuhsheim. —
19. Juli: Akademisches Turn- und Sportfest. — 33. badischer
Pioniertag.

Die Farben von Heidelberg.
Von K. Roth.
Es war vorauszusehen und wurde auch vom Verfasser und der
Redaktion sehr gewünscht, daß diese Frage eine lebhafte Besprechung
auslösen werde. Und diese Besprechung hat bei Gelegenheit des Vor-
trags unseres verehrten Herrn Karl Christ im Verein „Bad. Hei-
mat" bereits begonnen. Bevor aber, darauf eingegangen werden soll,
will ich den Tatbestand der offiziellen Behandlung
dieser Frage nach den Rathaus-Akten in Kürze dar-
legen. Die Fragen, die ich in meinem ersten Aufsatze im zweiten
Passus aufwarf, werden damit zugleich ihre Erledigung finden.
Die Stadt rätlich en Akten über die vorliegende Frage
beginnen erst mit dem Fahre 1883. Wiederum wird alles Aeltere sich
in Karlsruhe befinden, und was aus dem 15. bis zum 18. Jahrhun-
dert stammte, wird den Kriegen zum Opfer gefallen sein. In der
zweiten Hälfte des Jahres 1883 wurden die Farben der Stadtfahne
sehr lebhaft besprochen. Merkwürdigerweise begann die Bürger-
schaft diese Besprechung. Die Einen sagten: schwarz-rot-gelb-grün
seien die Farben, die anderen: nur schwarz-rot-grün mit gelber Ein-
fassung des Ganzen. Deshalb wandte sich der Stadtrat am 14. Juni
und am 7. Juli 1883 an seine historische Kommission: sic
möge die städtische Fahne feststellen, da in der Bürgerschaft verschie-
dene Meinungen bestünden. Einige sagten auch: die Fahne schreibe
sich vom Jahre 1848 her und die Farben seien schwarz-rot-gold:
später erst sei das Grün beigefü-gt worden. Im Namen der histori-
schen Kommission antwortete Rat Mays: „Das Grün spielt von
zeher eine Rolle in der Heidelberger Fahne: die am 23. November
1831 von Heidelberger Damen dem hiesigen Schützen-
korps verehrte Fahne zeigte das Heidelberger Wappen: einen gol-
denen Löwen mit roter Krone, auf einem grünen Hügel im schwarzen
Felde. Längs der. Stange lief eine Borde her aus
einem silbernen und einem grünen, einem schwarzen (oben?),
einem gelben (unten?) und einem roten Streifen (nach außen hin).—
Wie kamen die Damen zu silbern und grün? — „Willst du am
besten wissen, was sich ziemt, so frage nur bei edeln Frauen an!"
„Aeltere Fahnen," fuhr Mays weiter, „aus den 30er und 40er Jah-
ren haben von oben nach unten schwarz-rot-gold-grün. Die Fahnen
der zwei Bürgerwehrbanner von 1848 waren schwarz-rot-
gold. So das Votum des Herrn Rat Mays. Deshalb beschloß
auch die städtische historische Kommission (die Herren Mays, Wolff,
Emmerling, Thorbecke, Salzer, K. Christ) folgende Antwort an den
Stadtrat: Die Grundfarben des Heidelberger Wappens waren gelb
fgold. Löwe) und schwarz lwegen des schwarzen Schildes). Nach heral-
discher Regel sollte eine Kahne eigentlich nur aus zwei Farben be-
stehen. Es kam aber später wegen der roten Krone des Löwen auch
noch diese Farbe hinzu und endlich als Bezeichnung der Lo-
kalität Heidelbergs „der grüne Berg". (Woher wußte übrigens jene
Kommission diesen geschichtlichen Hergang?) Wenn also im Jahre

1848 — fährt das Gutachten weiter — nur drei Farben angewendet
wurden, so wurde später wieder einfach auf das frühere zurückgekom-
men. Es wird nun, da vier Farben zu bunt und ganz ungewöhnlich
sind, vorgeschlagen (nach einer beiliegenden Zeichnung), rot-gelb-
schwarz anzuwenden und einen grünen Wimpel beizu-
fügen!!
Nach diesem Gutachten hätte die Fahne, durch diesen grünen
Wimpel namentlich, eine ganz abenteuerliche Gestalt bekommen, wie
sonst keine andere Fahne auf der Welt. Glücklicherweise nahm der
Stadtrat diesen Vorschlag nicht an. Noch im gleichen Monat Juli
(am 25.) erfuhr er, daß Herr Karl Abel im Besitze eines von seinem
Vater überkommenen Buches sein sollte, aus dem sich Nachweise in
diesem Betreffe entnehmen ließen. Aber H. Karl Abel Kwiderte
unter dem 7. August, daß er ein solches Buch nicht besitze und nicht
kenne. Nach solchen schwankenden Gutachten und Vorgängen beschloß
der Stadtrat unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Sagelsdorff am
5. September 1883, „an den seither benutzten Fahnen
festzuhalte n".
Aber auch damit war die Sache nicht ein für allemal entschieden.
Noch im Jahre 1883 (9. November) legte ein Freiherr von Neuen-
stein ein Wappen vor, das er für „korrekt" hielt. Die historische
Kommission teilte das dem Stadtrat mit: dieser blieb aber bei seinem
Beschluß, hielt die Farbenzusammenstellung Neuensteins für unrich-
tig, einverleibte die betreffende Zeichnung den Städtischen Samm-
lungen, dankte dem Freiherrn und bewilligte ihm 10 Mark für seine
Mühewaltung (21. 12. 1883).
Nun ruhte die Frage einige Jahre, bis das Universitäts-
Jubiläum sie wieder in Fluß brachte. Unter dem 28. November
1885 wünscht Herr Geheimrat von Bulmerincq für Herrn
Staatsrat Zutt in Basel eine „Zeichnung des heraldisch genauen
Wappens der Stadt mit Angabe der Farben": es sollte diese
Zeichnung zur Anfertigung des Schweizer Jubiläumsgeschenks für
die Universität benützt werden. Wieder wurde mit Mays Besprechung
gehalten und seinem Gutachten gemäß berichtet. Auch andere Behör-
den wünschten Skizzen von Wappen mit Angabe der Farben. So
z. B. die Kunstgewerbeschule Pforzheim am 11. Mai 1886: das
3. Infanterie-Regiment Prinz Karl von Bayern, das in den Jahren
1719/20 und 1801/02 hier in Garnison lag, auch das 15. Infanterie-
Regiment des Kgl. Bayr. 2. Armeekorps, König Albert von Sachsen,
am 27. September 1888, zum Behufe der Ausstattung ihrer Regi-
mentsgeschichten. Auch der Konservator des bayrischen Rational-
Museums, Prof. Dr. Rudolf Seitz in München, wünschte Abdrücke
aller Siegel, Stempel, Wappen usw. Ihm wurde eine ausführliche
Antwort nebst einer Tafel mit Wappen und Siegeln, Photographien,
Zeichnungen, einer Fuhne, Abdrucken und Erläuterungen dazu durch
Mays zuteil (Februar 1889 und 13. März 1889). Bei dieser Gelegen-
heit machte sich Mays die Mühe, einen Bericht über ein „Tableau
des Malers und Heraldikers Christian Barth" von hier zu
verfassen, der im Jahre 1858 „dreizehn Siegel, zwei Gewölbeschluß-
steine und zwei Fahnen, sämtlich mit Wappen, recht sauber dargestellt
hat". Jenes Tableau enthielt unter anderem den einfachen Reichs-
adler, der bis Ende des 13. Jahrhunderts das Heidelberger Wappen
war, bis er durch den Wittelsbacher Löwen erseht wurde (?): sodaun
eine Abbildung nach Freher: den Löwen mit dem tzeidelbeerstrauß
als tzelmschmuck, des weiteren den Löwen auf drei Hügeln stehend,
einen Wappenabdruck aus Kalkmasse, einen Stempel von 1715, der
sich „in einem verschlossenen Schrank auf dem Raihause" vorfand,
fowie eine Photographie nach einer Malerei in Jost Pirkhammers
Turnierbuch (dessen Kopie übrigens als eine moderne Fälschung er-
kannt wurde). Der logische Schluß aus allen diesen — Raritäten
lautet wiederum: „Das Stadtwappen ist ein güldener Löwe mit roter
Krone auf einem grünen Hügel im schwarzen Felde: daher er-
klären sich auch die vier Farben der Stadtfahn e"
Der Rest der Akten bilden vom 21. Juli 1891 an die Zuschriften
des Bezirksamtes, der badischen historischen Kommission, des. General-
Landes-Archivs behufs Herstellung der bekannten Neubearbeitung
und Neuausgabe der Siegel und dergl. der badischen Städte. Aber
noch zweimal, in den Jahren 1896 und 1898, wurde die Farbenfrage
aufgeworfen. 1896 gab Herr K. CHrist das Gutachten ab, dessen In-
halt in dem Aufsatz des 3. Bandes des „Neuen Archivs" zu erkennen
ist, und am 3. Oktober 1898 fand es die städtische historische Kommission
für nötig, nochmals „festzustellen, daß die Stadtfarben schwarz-rot-
gelb-grün historisch richtig und deshalb beizubehalten" sind.
 
Annotationen