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Beilagen: Sonntag der Seele / Seimatwarte / MieMatt md «unkt/«EoliM Welt / Soziale zeltfraaea/ LeWaade/ Aus der Welt »er Frau

Englisch-französische Abriistungsbesprechungen

London, 31. März. Der diplomatische Korre-
spondent des „Daily Telegraph" schreibt: Der bri-
tische Botschafter in Paris, Lord Tyrell, hat die
französische Regierung ersucht, ihren Standpunkt in
der Frage der Bürgschaften und hinsichtlich ge-
wisser Punkte der britischen, deutschen und italie-
nischen Vorschläge genau mitzuteilen. Frankreichs
Antwort ist nicht vor Ende nächster Woche zu er-
warten und, bevor sie geprüft ist, wird die britische
Regierung keine wichtigen Beschlüsse fassen. Die
Sitzung des Abrüstungsbüros am 10. April wird
also rein formell sein und dürfte zu dem Beschluß
führen, den Wiederzusammentritt der Abrüstungs-
konferenz um mindestens mehrere Wochen zu ver-
tagen.
Der Korrespondent erklärt, daß der jetzige Mei-
nungsaustausch sich nicht auf London und Paris
beschränke, sondern daß London sowohl Berlin als
auch Rom ständig auf dem Laufenden halte. Die
auf dem europäischen Festlands in Umlauf ge-
brachte Darstellung, daß die britische Regierung sich
bereits auf den Grundsatz von „Durchführungs-
bürgschaften" festgelegt habe, sei völlig unzutref-
fend. Die britische Regierung sei zu nichts weiter
verpflichtet als zu einer sorgfältigen und vorur-
teilslosen Prüfung der in dieser Beziehung ge-
machten Vorschläge.

Der französische Korrespondent des „Daily Tele-
graph" meldet aus Paris: Außenminister Varthou
beabsichtigt, die im Januar dieses Jahres von dem
damaligen Präsidenten der Abrüstungskonferenz,
Henderson, übersandte Denkschrift zur Grundlage
der neuen französischen Note an die britische Re-
gierung zu machen. Diese Denkschrift, die bezeich-
nenderweise von Barthou bei seiner Zusammen-
kunft mit dem belgischen Außenminister Hymans
erwähnt wurde, vertrat die Auffassung, daß wirt-
schaftlicher Druck gegen einen Staat, der das Ab-
kommen verletzt hat, im Notfälle durch Anwen-
dung militärischer Gewalt ergänzt werden sollte.
Abgesehen davon könnte nach Ansicht der französi-
schen Regierung unter den jetzigen Umständen ein
Abkommen nur auf der Grundlage der Aufrecht-
erhaltung der französischen Rüstungen auf ihrer
jetzigen Höhe abgeschlossen werden.
FraallllK bedingt mr deutsche
Ausrüstung?
Englische Rückfragen.
London, 31. März. Nach Ansicht des Pariser
Korrespondenten der „Times" hat sich der
Standpunkt der französischen Regierung in der
Abrüstungsfrage seit dem Brüsseler Besuch

Varthous in verschiedener Hinsicht geändert.
Während die Denkschrift an die englische Re-
gierung vom 17. März noch die Auffassung
vertrat, daß es keine wesentliche Aufrüstung
Deutschlands geben dürfe, scheine Frankreich
jetzt bereit zu sein, Deutschland eine gewisse
Aufrüstung zuzugestehen, vorausgesetzt, daß
damit keine Verminderung des jetzigen Stan-
des der französischen Wehrmacht verbunden
sei, und daß befriedigende Garantien gegeben
würden. Man glaube, daß die englische Re-
gierung besonders angefragt habe, welchem
Maß die Aufrüstung die französische Regie-
rung bei Gewährung von Ausführungsgaran.
tien zustimmen würde und welche Garantien
die französische Regierung für ein derartiges
Zugeständnis an Deutschland verlange.
Die Tatsache, daß solche Fragen gestellt wer-
den, bezeichnet nach Auffassung des Korre-
spondenten eine Aenderung in der französi-
schen Haltung.

Nom. Wie amtlich mitgeteilt wird, ist durch
Erlaß des Lhefs der Regierung der Luftgeschwa-
dergeneral Valle, Staatssekretär im Luftsahrtmi-
nisterium, mit der Ausübung der Funktion eines
Stabschefs der Luftfahrt beauftragt worden.


Kardinal Ehrle t
Rom, 1. April. In der ersten Morgenstunde
des Karsamstags, während Rom sich auf das
.Osterfest und die Heiligsprechung Don Boscos
'rüstet, ist das lange und reiche Gelehrtenleben
.eines deutschen Kardinals erloschen: Franz
Ehrle ist im 89. Lebensjahr nach langer
Krankheit, der seine kräftige Konstitution er-
staunlich langen Widerstand geleistet hat, heiter
und friedlich gestorben.
Eine ungewöhnliche wissenschaftliche Begabung
hat dieses hervorragende Mitglied der Gesell-
schaft Jesu zu den Quellen der kirchlich-histori-
schen Wissenschaft und zuletzt in das Kollegium
der Kardinale gebracht.
*
In Jsny im württembergischen Allgäu ist
Franz Ehrle am 17. Oktober 1845 geboren.
Nach dem ersten Abschluß seiner Studien bei
den Jesuiten kam er als Lehrer an das Kolleg
Zu Feldkirch. Dann nach Maria Laach und
von da nach Ditton Hall in England. Als er
1881 seine ersten größeren historisch-wissen-
Maftliche Arbeiten veröffentlichte, wurde
Papst Leo XIII. auf den jungen Historiker
aufmerksam, und er berief ihn an die vatika-
nische Bibliothek. Dort entfaltete Ehrle eine
ungemein fruchtbare wissenschaftliche Tätig-
keit. Zusammen mit dem gelehrten Domini-
kaner Denifle begann er mit der Herausgabe
des großangelegten „Archivs für die Literatur
und Geschichte des Mittelalters, das ein weit
ausgebreitetes bis dahin unbekanntes Mate-
rial der Bearbeitung zugängig machte. Später
kam eine nicht minder wichtige und grund-
legende Publikation hinzu, die „Vbliothek der
scholastischen Philosophie und Theologie". Im
-bahre 1895 rückte Ehrle zum Präfekten der
Vatikanischen Bibliothek auf. In dieser Stel-
lung war er die rechte Hand Leos XIII. bei
der Erschließung der Schätze des vatikanischen
BrHxvs M dm wissenschaftliche Forschung.

Ostern in St. Peter
LeiliMllKuns Non Bsskos und AMM drs KlliMn Mros

Rom, 2. April. Mit der Heiligsprechung des
Gründers der Salesianerkongregation, Don
Bosco am Ostersonntag und der Schließung
der Heiligen Pforte am Ostermontag erreichte
das außerordentliche Heilige Jahr 1933/34
seinen Abschluß. Eine ungeheure Menge von
Pilgern — man schätzt ihre Zahl auf etwa
150 000 — und zahllose Reisende aus dem
Ausland hatten sich in den letzten Tagen vor
Ostern in Rom eingefunden. Oft genügten
die Straßen der Hauptstadt kaum noch, um
den gewaltigen Verkehr aufzunehmen.
Bei der Heiligsprechung Don Boscos war
die Peterskirche bereits um 7 Uhr morgens
überfüllt. Zum erstenmal waren auf dem
Petersplatz Lautsprecher angebracht, die die
Heiligsprechung übertrugen, und ein Altar im
Freien ermöglichte den dort Wartenden die
Teilnahme an der heiligen Messe. In der Pe-
terskirche wohnten neben zahlreichen Fürstlich-
lichkeiten auch das Königspaar von
Siam und der Kronprinz von Italien der
Zeremonie bei. Der Kirchenkomponist Pe-
rosi hatte eine eigene Messe für die Heilig-
sprechung geschrieben. Nach der Verlesung der

Gleichzeitig gelang es ihm, die vatikanische
Bibliothek durch den Erwerb wichtiger priva-
ter Sammlungen bedeutend zu erweitern. Im
Jahre 1914, damals schon ein Neunundsechzig-
jähriger, ließ Ehrle sich von Papst Pius X.
aus dem arbeitsreichen Amte des Präfekten
entlassen. Als sein Nachfolger wurde damals
der Präfekt der Ambrosianischen Bibliothek in
Mailand, Msgr. Achille Ratti, berufen. Als
dieser später, als Pius XI., Papst geworden
war, zeigte er sich sehr besorgt, seinen Vor-
gänger in der Leitung der vatikanischen Bi-
bliothek in besonderer Weise auszuzeichnen;
in seinem ersten Konsistorium verlieh er ihm
den Purpur und ernannte ihn noch im Jahre
1929 zum Bibliothekar und Archivar der Hl.
Römischen Kirche. Als Kardinal gehörte Ehrle
zu wichtigen Aemtern und Kommissionen der
Kurie. Sein Hauptarbeitsgebiet aber war
und blieb die wissenschaftliche Forschung, in
der er einen Namen unter den ersten Histori-
kern der Welt gewonnen hat.
Nach dem Tode Andreas Frühwirts im
vorigen Jahre ist mit Franz Ehrle der letzte
Kurienkardinal des deutschen Sprachgebiets
gestorben.

Peking. In der Stadt Lhasa wurde eine
Verschwörung gegen den Dalai Lama aufge-
deckt. 40 Personen wurden in Haft genommen
und 28 Mitglieder der Bande sofort hinge-
richtet.

Heiligsprechungsformel, die das Fest des
neuen Heiligen auf dessen Todestag, den 31.
Januar, festsetzt, wurden Brieftauben
entsandt, die die Botschaft nach Turin bringen
sollten. Gegen 1.30 Uhr mittags endete die
feierliche Handlung mit dem Segen urbi et
orbi, den der Papst von der äußeren Loggia
der Basilika aus erteilte.
Auch am Ostermontag war die Teilnahme
der Gläubigen an der Hauptzeremonie des
Tages, der Schließung der Heiligen Pforte,
außerordentlich stark Der Papst hielt auf dem
Tragstuhl seinen Einzug in die Basilika durch
die Heilige Pforte selbst, verweilte am Kon-
fessionsaltar und vor dem Allerheiligsten in
der Sakramentskapelle. Dann schritt er allein
durch die Heilige Pforte und nahm im Vor-
raum auf dem Thron Platz. Die Schließung
der Heiligen Pforte ging in der herkömmlichen
symbolischen Weise vor sich, indem der Papst
die ersten drei Steine selbst einmauerte. Die
nächsten drei Steine wurden vom Kardinal-
großpoenitentiar aufgesetzt. Dann stimmte der
Papst das Tedeum an und erteilte den Segen.

Aufruf des Reichsnährstandes
zur Merfpende 19Z4
Berlin, 1. April. Der Reichsbauernführer
und Reichsminister für Ernährung und Land-
wirtschaft, R. Walther Darrs hat folgenden
Aufruf zur Hitlerspende 1934 erlassen:
100 000 SA- und SS-Männer konnten im
Vorjahre durch die Hitlerspende der deutschen
Bauern für einige Wochen Erholung auf dem
Lande finden. Wenn sich hierin schon die
starke Verbundenheit der deutschen Bauern
mit Adolf Hitlers treuesten Kämpfern gezeigt
hat, so dürfen wir erwarten, daß heute die
deutschen Bauern und Landwirte dem Führer,
der ihnen in dieser kurzen Zeit Hof und Exi-
stenz gesichert hat, ihre Dankesschuld dadurch
beweisen, daß sie auch in diesem Jahre eine
größere Anzahl von kampferprobten SA- und
SS-Männern für eine oder einige Wochen in
ihrem Hause aufnehmen. Geld hat der Bauer
nicht, aber wir wollen unseren treuesten
Blutsbrüdern und Mitkämpfern aus den
Städten Erholung spenden von ihrer schweren
Arbeit innerhalb dumpfer, rußiger Stadt-
mauern.
Bauern und Landwirte! Beweist unserem
Führer Eure Hilfsbereitschaft. Meldet dem
Ortsbauernführer, wieviele Männer und für
welche Zeit Ihr in Eurem Hause aufnehmen
*Hnnt. Die Meldungen werden von den

Er bleibt bei seinem Standpunkt in de»
Nüstungsfrage.
Paris, 31. März. Mussolini hat dem nach
Rom entsandten Sonderberichterstatter des
„Paris Soir", Perreux, eine Unterredung ge-
währt. die nach der aufsehenerregenden Rede
des Duce, die in Frankreich einen mehr als
peinlichen Eindruck gemacht hat, des Inter-
esses nicht entbehrt. Mussolini, der den in
Frankreich oft gebrauchten Satz von den „bei-
den lateinischen Schwestern, die eigentlich zu-
sammengehörten", nicht ohne weiteres gelten
lassen will, da beispielsweise die in Frankreich
herrschende Spottsucht und Aufschneiderei
(blague) dem italienischen Volkscharakter
fernliege, wiederholt seine Erklärung, daß
zwischen Frankreich und Italien die moralische
Atmosphäre sich gebessert habe, da beide Län-
der gewisse Fragen in gleicher Weise beurteil-
ten. Hoffentlich werde man bald die Aus-
sprache und die Lösung der seit 15 Jahren
schwebenden französisch-italienischen Fragen in
Angriff nehmen können. Dis allgemeine Welt-
lage hält Mussolini für keineswegs katastro-
phal. Er glaubt nicht an einen bevorstehen-
den Krieg. Jedenfalls werde nicht die faschi-
stische Regierung den Brand entfachen, da das
faschistische Regime noch zu viels moralische
und materielle Aufgaben zu erfüllen habe, die
nur in einer langen Friedenszeit durchgeführt
werden könnten.
Die in Rom unterzeichneten Protokolle seien
gegen niemand gerichtet, so erklärte der Duce.
Sie stellten vielmehr den Anfang einer Zu-
sammenarbeit in Mitteleuropa dar, an der
jeder, der es wünsche, teilnehmen könne. Seine
letzte große Rede sei viel entstellt worden. Er
denke keineswegs daran, wie behauptet werde,
seinen bisherigen Standpunkt in der Rü-
stungsfrage fallen zu lassen. Beispielsweise
habe er nicht von der „definitiven" deutschen
Aufrüstung gesprochen, sondern von der „de-
fensiven", und das sei doch etwas anderes. Der
italienische Plan scheine dem französischen am
weitesten entgegenzukommen. Er verstehe
nicht, warum Frankreich ihn nicht annehmen
wolle.
Die Abrüstungskonferenz ironi-
sierte der Duce. Er hält die Abrüstung für
ein unerreichbares Ziel und würde es lieber
sehen, wenn die Genfer Konferenz sich beschei-
dener „Konferenz zur Beschränkung und Pro-
portionierung der Rüstungen" nennen würde.
Auf die Frage, ob er die Revision der
Verträge für ein unüberwindliches Hin-
deris halte, erklärte, Mussolini, die Revision
sei stets aktuell, vor allem für die Länder,
die unter der jetzigen Grenzziehung in Europa
zu leiden hätten. Es gebe Ungerechtigkeiten,
die durch die Verträge geschaffen worden
seien. Uebrigens habe man diese Verträge bei
der Unterzeichnung keineswegs für ewig ge-
halten, nicht einmal Frankreich. Auch Dr.
Benesch und Masaryk hätten erklärt, daß man
unter gewissen Bedingungen und der Voraus-
setzung politischer und wirtschaftlicher Aus-
gleiche die Frage der Revision in Erwägung
ziehen könnte.


Kreisbauernführern gesammelt und an die
Landesbauernführer weitergegeben. Die Ver-'
teilung der SA- und SS-Männer auf die ein-
zelnen Freistellen wird durch die SA-Führung
geregelt.

Veränderung in der Hamburger Presse.
Hamburg, 31. März. Der Verlag Hambur-
ger Vörsenhalle G. m. b. H. teilt in seinen
Blättern mit, daß er mit dem heutigen Tage
das selbständige Erscheinen seiner Zeitungen
„Hamburgischer Korrespondent" mit „Ham-
burger Börsenhalle und Schiffahrtslisten".
„Hamburger Neueste Nachrichten", „Hambur-
ger Neueste Nachrichten", „Hamburger 8 Uhr-
Abendblatt" und „Mittagsblatt" einstellt. Die
Zeitungen werden mit dem 1. April vom Ver-
lag der „Hamburger Nachrichten" übernom-
men. Die „Hamburger Nachrichten" führen
die Namen der übernommenen Zeitungen der
MrieMML" Lls UntsrKFM.—
 
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