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Die Schmucksachen.

passen, der häufig in etruskischen Gräbern vorkommt, die dem Ende
des 6. oder den ersten Jahrzehnten des 5. Jahrhunderts anzugehören
scheinen.') Es ist dies ein eigentümlich gewundener Goldstengel,
der auf der einen Seite in ein knospenartiges Ornament ausläuft
(Fig. 65ab). Da sich solche Goldstengel in den Gräbern paarweise
neben oder innerhalb des Brustkastens der Skelette zu finden pflegen,
so spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, dafs sie in irgendwelcher
Weise an dem Gewände angebracht waren. Doch wäre mit dem
Versuche, dieselben mit den homerischen Kalykes zu identificieren,
nicht viel gewonnen, da wir von ihrer Anordnung und von dem
Zwecke, zu dem sie dienten, keinen deutlichen Begriff haben.

Fassen wir die in den letzten zehn Abschnitten gewonnenen
Resultate zusammen, so ergiebt sich von den Gestalten des Epos eine
Vorstellung, die sich von der bisher geläufigen wesentlich unter-
scheidet. Der Moderne, wenn er z. B. die Schilderung1 2) liest, wie
Helena auf der Stadtmauer zu den troischen Greisen tritt, wird sich
diese Scene etwa nach Mafsgabe des Parthenonfrieses vergegenwärtigen
und in der Tracht und dem Schmucke allenthalben ein mafsvoll
freies Princip annehmen. Ein ganz anderes Bild stand dagegen vor
der Phantasie des Dichters, der jene wunderbare Schilderung erfand:
Priamos und die troischen Greise sind bekleidet mit eng anliegenden
Chitonen, der eine oder der andere vielleicht mit einem künstlich
gefältelten linnenen Leibrock, der bis zu den Ftifsen herabreicht.
Straff und faltenlos liegen die roten oder purpurnen Mäntel um Rücken
und Schultern; einige sind mit reichen Mustern, der des Königs etwa
mit einer Schlachtdarstellung verziert. Die an der Oberlippe rasier-
ten Gesichter erscheinen unten eingerahmt durch keilförmige Kinn-
bärte, auf beiden Seiten durch Flechten, die längs der Wangen herab-
fallen und vielleicht durch goldene Spiralen gefestigt sind. Ebenso
wenig entspricht Helena den klassischen Vorstellungen: ein bunter
reich gemusterter Peplos, der einen feinen stark riechenden Parfüm
aushaucht, umgiebt, eng anliegend, den mächtigen Körper; auf der
Büste glitzern die goldenen Fibulae oder Heftel, welche den Brust-
schlitz Zusammenhalten; der von ihnen gebildete Streifen wird durch-
schnitten von dem Hormos, an dem der dunkelrote Bernstein einen
1) Bei den Ausgrabungen, die ich persönlich zu beobachten Gelegenheit
hatte, sind derartige Schmuckstücke nicht zu Tage gekommen. Doch versicher¬
ten mir alle Scavatori, die ich darum befragt, dafs sie sich in Gräbern, welche
schwarzfigurige Vasen enthalten, und an der oben angegebenen Stelle finden.
Unsere Fig. C5a b giebt ein goldenes bei Caere entdecktes Exemplar wieder,
das sich gegenwärtig in der Sammlung Augusto Castellani befindet. 2) 11.
111 145 — 160.
 
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