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III. Exkurs: Halimedes auf der eaeretanen Amphiaraosvase.
Uralt und weit berühmt war der Tempel, den sie in Gades dem Melkart
erbauten. Wenn es ausdrücklich bezeugt ist, dafs die Säulen dieses
Tempels aus Metall bestanden,1) dann spricht alle Wahrscheinlichkeit
dafür, dafs auch die Wände mit einem ähnlichen Schmucke versehen
waren. Jedenfalls wissen wir, dafs die benachbarten Iberer den Kultus
des tyrischen Gottes annahmen und dabei genau an dem phönikischen
Ritus festhielten.2) Ferner trieben die Samier im 7.,3) die Phokäer im
6. Jahrhundert v. Chr.4 * *) einen einträglichen Handel mit der Bevölkerung
von Tartessos. Es scheint demnach recht wohl denkbar, dafs die alt-
asiatische Dekorationsweise durch phönikische oder hellenische Vermitte-
lung bis zu den Barbaren der iberischen Halbinsel verpflanzt wurde.
III. Exkurs.
Halimedes auf der caeretaner Amphiaraosvase.
(Zu Seite 120.)
Eine Erscheinung, welche sich in keine der Kategorieen einfügen
läfst, die ich hinsichtlich des Gebrauches des langen Chitons aufgestellt
habe, findet sich auf der mehrfach angeführten korinthischen Vase, deren
Malereien den Auszug des Amphiaraos und die Leichenspiele des Pelias
darstellen.''’) Vor der Quadriga des Amphiaraos sitzt auf dem Boden ein
Jüngling, den die beigefügte Inschrift als Halimedes bezeichnet, bekleidet
mit einem langen weifsen Chiton und in seiner Haltung tiefen Schmerz
ausdrückend. Die Situation, in der sich der Jüngling befindet, schliefst
den Gedanken an ein Festgewand selbstverständlich aus. Ebensowenig
läfst sich Halimedes in der Kategorie der Männer vorgerückten Alters
und vornehmen Standes unterbringen, da er deutlich als bartloser Jüng-
ling charakterisiert ist und sein Name weder in der litterarischen Über-
lieferung des Amphiaraosmythos noch in den Genealogieen der daran be-
teiligten Personen vorkommt.0) Will man dem korinthischen Vasenmaler
einen höheren Grad individueller Auffassung zutrauen, dann könnte man
vermuten, dafs er dem Halimedes den langen weichlichen Chiton gegeben
habe, um dadurch einen eigentümlichen Gegensatz zwischen dem friedlich
zu Hause bleibenden Jüngling und dem zu hartem Kampfe ausziehenden
König auszudrücken. Indes scheint mir eine andere Erklärung näher zu
liegen. Der Vergleich der verschiedenen korinthischen Vasenbilder, welche
den Auszug des Amphiaraos darstellen, beweist, dafs ihnen allen ein und
dasselbe Vorbild zu Grunde liegt, ein Vorbild, das, wie es scheint, auch
die Darstellung derselben Scene auf dem Kypseloskasten bestimmt hat.7)
Nun ist aber auf zwei anderen hierher gehörigen Gefäfsen8) an der Stelle
1) Oben S. 327, Anm. 10. 2) Arrian, anab. II 16. 3) Herodot. IV 152.
4) Herodot. 1 163. 5) Mon. dell’ Inst. X T. 4, 5. 6) Robert, Ann. dell’
Inst. 1774 p. 88—89. 7) Robert a. a. 0. p. 98 ff. 8) Inghirami, vasi fittili
IV T. 305. Micali, storia T. 95.
III. Exkurs: Halimedes auf der eaeretanen Amphiaraosvase.
Uralt und weit berühmt war der Tempel, den sie in Gades dem Melkart
erbauten. Wenn es ausdrücklich bezeugt ist, dafs die Säulen dieses
Tempels aus Metall bestanden,1) dann spricht alle Wahrscheinlichkeit
dafür, dafs auch die Wände mit einem ähnlichen Schmucke versehen
waren. Jedenfalls wissen wir, dafs die benachbarten Iberer den Kultus
des tyrischen Gottes annahmen und dabei genau an dem phönikischen
Ritus festhielten.2) Ferner trieben die Samier im 7.,3) die Phokäer im
6. Jahrhundert v. Chr.4 * *) einen einträglichen Handel mit der Bevölkerung
von Tartessos. Es scheint demnach recht wohl denkbar, dafs die alt-
asiatische Dekorationsweise durch phönikische oder hellenische Vermitte-
lung bis zu den Barbaren der iberischen Halbinsel verpflanzt wurde.
III. Exkurs.
Halimedes auf der caeretaner Amphiaraosvase.
(Zu Seite 120.)
Eine Erscheinung, welche sich in keine der Kategorieen einfügen
läfst, die ich hinsichtlich des Gebrauches des langen Chitons aufgestellt
habe, findet sich auf der mehrfach angeführten korinthischen Vase, deren
Malereien den Auszug des Amphiaraos und die Leichenspiele des Pelias
darstellen.''’) Vor der Quadriga des Amphiaraos sitzt auf dem Boden ein
Jüngling, den die beigefügte Inschrift als Halimedes bezeichnet, bekleidet
mit einem langen weifsen Chiton und in seiner Haltung tiefen Schmerz
ausdrückend. Die Situation, in der sich der Jüngling befindet, schliefst
den Gedanken an ein Festgewand selbstverständlich aus. Ebensowenig
läfst sich Halimedes in der Kategorie der Männer vorgerückten Alters
und vornehmen Standes unterbringen, da er deutlich als bartloser Jüng-
ling charakterisiert ist und sein Name weder in der litterarischen Über-
lieferung des Amphiaraosmythos noch in den Genealogieen der daran be-
teiligten Personen vorkommt.0) Will man dem korinthischen Vasenmaler
einen höheren Grad individueller Auffassung zutrauen, dann könnte man
vermuten, dafs er dem Halimedes den langen weichlichen Chiton gegeben
habe, um dadurch einen eigentümlichen Gegensatz zwischen dem friedlich
zu Hause bleibenden Jüngling und dem zu hartem Kampfe ausziehenden
König auszudrücken. Indes scheint mir eine andere Erklärung näher zu
liegen. Der Vergleich der verschiedenen korinthischen Vasenbilder, welche
den Auszug des Amphiaraos darstellen, beweist, dafs ihnen allen ein und
dasselbe Vorbild zu Grunde liegt, ein Vorbild, das, wie es scheint, auch
die Darstellung derselben Scene auf dem Kypseloskasten bestimmt hat.7)
Nun ist aber auf zwei anderen hierher gehörigen Gefäfsen8) an der Stelle
1) Oben S. 327, Anm. 10. 2) Arrian, anab. II 16. 3) Herodot. IV 152.
4) Herodot. 1 163. 5) Mon. dell’ Inst. X T. 4, 5. 6) Robert, Ann. dell’
Inst. 1774 p. 88—89. 7) Robert a. a. 0. p. 98 ff. 8) Inghirami, vasi fittili
IV T. 305. Micali, storia T. 95.