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Hermann, Hermann Julius; Österreichische Nationalbibliothek; Schlosser, Julius von [Hrsg.]; Wickhoff, Franz [Hrsg.]; Österreichisches Institut für Geschichtsforschung [Hrsg.]
Beschreibendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich (8. Band = illuminierte Handschriften Nationalbibliothek Wien 1): Die frühmittelalterlichen Handschriften des Abendlandes — Leipzig: Verlag von Karl W. Hiersemann, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.69972#0157
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Karolingische Handschriften.

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drinische Zeit zurück. Die Vollendung der Schrift fällt,
wie Schlosser a. u. a. O., S. 24 nachgewiesen hat, in ihren
Grundzügen in das Jahr 806, die Ausgestaltung in die
Dreißiger- und Vierziger-Jahre des IX. Jahrhunderts. Das
erste Exemplar des Werkes erhielt Hatto, der mit seinem
Freunde Hrabanus und dem Abt Ratgar bei Alcuin in
Tours studierte. Im Jahre 844 wurde ein Exemplar
dem Papst Sergius (844—847), ein zweites dem Grafen
Eberhard von Friaul überreicht; weitere Exemplare
waren für Kaiser Ludwig den Frommen (814—-840), den

zweifellos die Handschrift der Vaticana, Cod. reg.
Christinae 124, obenan, die schon durch die Gold-
schrift auf Purpurpergament als das prächtigste Exem-
plar besondere Beachtung verdient. Die Miniaturen
der Wiener Handschrift verraten — nach Schlosser
a. a. O. — „eine bei weitem festere und geübtere Hand
als die fleißig aber mit zitternden, unsicheren Konturen
ausgeführten des Vaticanus“. Dem gegenüber hält
Zimmermann a. u. a. O„ S. 87 den Wiener Codex nur für
eine „schlechte Fuldaer Werkstattarbeit“, bei der aber


Fig. 61. Erstes Widmungsbild: Hrabanus Maurus; von Alcuin empfohlen,
widmet sein Werk dem heiligen Martin von Tours.
Nr. 20. Cod. 652, f 1’.

Erzbischof Otgar von Mainz (826—847), sowie für die
Mönche von Saint Denis bestimmt. Die Erwähnung
einer persischen Gesandtschaft an den Kaiser (831),
sowie die Dedikation an Otgar sprechen dafür, daß die
Wiener Handschrift zwischen 831 und 840 (dem Todes-
jahre Ludwigs des Frommen) entstanden ist. Das Ful-
daer Exemplar wurde — nach Schlosser a. a. O., S. 30 —
1598 an Kaiser Rudolf II. nach Prag geschickt und
ist seither verschollen. Die im Auftrage des Kaisers
angefertigte Kopie befindet sich jetzt in der Bibliotheque
de l’Arsenal zu Paris (Cod. Nr. 472).
Von den Exemplaren des IX. Jahrhunderts steht

„die Modellierung der Gewandung durch breit aufgesetzte,
konturlose Linien“ bemerkenswert sei. Zimmermann
macht ferner darauf aufmerksam, daß „gewichtige lite-
rarische wie stilistische Gründe dafür sprächen, die
Vorbilder in Tours“ zu suchen, wo Hrabanus Studien
betrieb. Dazu kommt, daß Hrabanus das Werk den
Mönchen von Tours widmete und Hrabanus selbst
auf einem Widmungsbilde dargestellt ist, wie er das
Buch dem heiligen Martin überreicht. Auf Beziehungen
zu Tours weisen auch die „Erinnerungen an antike
Vorbilder“ sowie die Beliebtheit solcher Widmungsbilder
in Tours, denen gegenüber „die Malereien der Hrabanus-
 
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