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zeption und die Ausführung der Gemälde der Werktagsseite erfolgten erst nach
dem Tod Georgs und waren das Werk eines künstlerisch unbedeutenden Nachfol-
gers Grünewalds, wahrscheinlich des Aschaffenburger Malers Jörg Isenhart.164

Die Bestätigungsurkunde Kardinal Albrechts wurde von der Forschung aber
noch zu einer weiteren Schlußfolgerung herangezogen. Da sich auf ihr der von
fremder Hand aber zur gleichen Zeit geschriebene Vermerk „ Confirmacio vicarie
per quondam Casparem et Georgium Schantzen, fratres canonicos in ecclesia
Aschaffenburgensi, fundate et Institute, alias triam regum" befindet,165 wurde kon-
statiert, daß der Altar bereits 1531 das Maria-Schnee-Patrozinium und damit die
Mitteltafel des Retabels verloren habe, dies um so mehr, als auch in späteren Ur-
kunden jeweils nur der Dreikönigstitel angegeben ist.166 Die Gründe für die Auf-
gabe der Mitteltafel sah man darin, daß Grünewald 1525 aktiv am Aschaffenbur-
ger Bürgeraufstand gegen den Erzbischof von Mainz teilgenommen habe und der
Klerus deshalb seine Bilder nicht mehr in der Kirche dulden wollte.167 Ein anderer
Erklärungsversuch ging - die Stuppacher Madonna hier einmal als Mittelbild
vorausgesetzt - davon aus, daß Albrecht von Brandenburg seinem Freund, dem
Deutschordensmeister Walter von Cronberg, Grünewalds Tafel als Dank für die
während der Unruhen geleistete Hilfe gegen die aufständischen Bauern geschenkt
habe, die dann den Grundstock bei der Wiederherstellung der zerstörten Einrich-
tung der Mergentheimer Deutschordenskirche gebildet habe.168

Beide Erklärungsversuche können heute jedoch nicht mehr aufrecht erhalten
werden. Für eine aktive Teilnahme Grünewalds an den Aufständen des Jahres
1525 gibt es keine überzeugenden Beweise, die Ausstellung eines Geleitbriefes für
den Maler durch die erzbischöfliche Kanzlei spricht deutlich dagegen.169 Aber
selbst im Falle einer persönlichen Verwicklung eines Künstlers in das Geschehen
und seiner späteren Verurteilung wären, wie die Beispiele Riemenschneiders oder
Ratgebs belegen, deshalb nicht die von ihm geschaffenen Kunstwerke aus den
Kirchen verbannt worden.

Was das Verschenken der Tafel durch Erzbischof Albrecht angeht, so hätten
von Beginn an rechtliche Bedenken Zweifel an dieser Theorie aufkommen lassen
müssen, denn Albrecht konnte, bei aller ihm zu Gebote stehenden Machtfülle,

164 Vgl. Kap. 2.2.3.3.

165 Vgl. QA-I.20.; und Kehl 1964, S. 139-141.

166 Es handelt sich dabei um die Urkunden StiA.Ab. U 3906 (1531, Dezember 4: „vicarey
der heiligen dreyen Könige und Sankt Georges Altar des Stieffts zu Aschaffenburgk");
StiA.Ab. U 1648 (1532, Januar 22: „uff der newen Vicarey dere heiligen dreien Könige
uff dere newen Capellen im Stifft zu Aschaffenburgk"); und StiA.Ab. U 1362 (1533:
„Ad nova vicaria Schantzen", und darunter: „ad Vicariam Trium Regum"); vgl. H.A.
Schmid 1911, S. 198; und A. Grimm I, S. 377, Anm. 108.

167 Vgl. Zülch 1938, S. 233.

168 Vgl. Lange 1908, S. 58-61; und Ruess 1951, S. 8-9.

169 In dem Ende Oktober 1528 verfaßten Protokoll über die in Frankfurt nachgelassene
Habe Grünewalds ist eine „rol uffeyn gebugen, der uffror halben" verzeichnet, bei der
es sich um einen Geleitbrief Albrechts für seinen Hofmaler gehandelt haben soll; vgl.
Kehl 1965, S. 154.

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