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Hübsch, Heinrich
Bauwerke: Text zum ersten und zweiten Heft — Karlsruhe und Baden, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.3193#0004
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Bei meiner Rückkehr aus Griechenland nach Rom hatte ich endlich ganz andere Ansichten
gewonnen. Der längere Anblick der griechischen Monumente hatte mir die Ueberzeugung — dass
für unsere heutigen ausgedehnten Bedürfnisse die griechische Architectur nicht hinreiche — wo
möglich noch fester eingeprägt. Zugleich aber überzeugten mich diese streng organisch in
allen Hauptformen gehaltenen und bis in1s kleinste Detail künstlerisch durchgebildeten Monu-
mente, dass man bei Aufbauung eines neuen für die Gegenwart lebenden Styles radicaler
verfahren müsse, als ich bisher gethan. Roin's alte Basiliken ergriff ich mit Eifer als Weg-
weiser : sie schienen mir in einer gleichen Krisis — wie die heutige — entstanden: man suchte
damals in ganz unbefangener künstlerischer Naivetät das vorliegende neue Ziel auf dem nächsten
Wege zu erreichen, so dass die Hauptformen einen organischen Zusammenhang erhielten,
während sich freilich — durch die Verwendung antiker Fragmente — viel Unharmonisches
einmischte. Auf der Rückreise sah ich die gothischen Gebäude Mittel- und Ober-Italiens, die
mir bei der Hinreise (unter meiner deutschen Brille) als nicht ganz im ran-gothishen Geschmack
gehalten erschienen waren, mit andern Augen an, und stellte sie nun über die wieder
erblickten gothischen Gebäude Deutschlands. Ich sah jetzt ein, dass bei Italiens bessern
Kirchen dieser Art die Architecten den gothischen Styl Deutschlands nicht (etwa auf miss-
lungene Weise) nachahmten, sondern vielmehr mit künstlerischem Bewusstseyn modificiren
und frei behandeln wollten. Auch die florentinischen Paläste, welche mit dem Bogenstyl
ruhige Linien und antike Details verbinden, verfehlten ihren Eindruck auf mich nicht. Ich
bewegte mich lange in diesem Palast-Styl, den ich übrigens wieder etwas freier zu behandeln
strebte. Die auf der ersten Platte befindliche, im Jahr 1822 entworfene, Stadthaus - Facade
(wobei ich die Quadrirung in Gedanken zu suppliren bitte) diene als Beispiel jener Periode.

Gemeinschaftlich mit Italiens alten Basiliken traten mir nun die besten byzantinischen
Monumente am Rhein entschieden als (natürlich ganz frei zu behandelnde) Vorbilder oder
vielmehr Wegweiser vor die Seele, und blieben es auch bei meinem zweiten Aufenthalt in
Italien. Als ein Beispiel, wie sich jene Richtung damals bei mir individualisirte, gelte die
auf der ersten Platte befindliche Kirchen - Facade.

Nach meiner letzten Rückkehr aus Italien im Jahr 1824 war ich endlich ganz fest und einig
mit mir hinsichtlich der Elemente eines neuen Styls, welche ich denn in der 1828 erschie-
nenen Schrift: „In welchem Style sollen wir bauen?" möglichst objectiv zu entwickeln mich
bestrebte, Und bis auf den heutigen Tag halte ich die dort ausgesprochenen Grundzüge in
Bezug auf die architectonischen Hauptformen für objective unumstössliche Sätze, so dass ich
nur einige Neben-Bestimmungen folgender Gestalt modificirt wünschte. Die Bestimmung in §. 18,
die auf Säulen-Capitälen aufsitzenden Bogen immer in der Art zu profiliren, dass sie (nach
 
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