Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hübsch, Heinrich
Bauwerke: Text zum ersten und zweiten Heft — Karlsruhe und Baden, 1838

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3193#0059
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
57

führung gekommen, weil die zu einem solchen Bau erfoderlichen Geld-Mittel noch nicht ganz
zusammen gebracht worden sind.

Uebrigens möchten nicht leicht an einem anderen Orte so günstige Umstände für die Aus-
führung eines grossen Baues vorhanden seyn, als gerade in Rottenburg. Denn ausser dem
ungemein billigen Arbeits-Lohn finden sich fast unmittelbar hinter der Bau-Stelle vortreffliche
Steinbrüche, welche einen gelblich - grauen Sandstein liefern, der — obgleich sehr dauer-
haft, wie die alte gothische Haupt-Kirche daselbst beweist — frisch aus dem Bruche
kommend so weich ist, dass der Cubic-Fuss bei glatt behauenen Quadern kaum auf 15 kr.
zu stehen kommt. — Diese Umstände und das Vertrauen auf die — bei der Buiacher Kirche
bereits beschriebene — wohlfeile Wölbungs-Art veranlassten mich, mein Project ziemlich
grossartig anzulegen, wie der Grundriss, Durchschnitt, die Ansicht des Aeussern und jene
des Innern zeigen.

Bei der Haupt-Anordnung des Ganzen leiteten mich folgende Reflexionen: Als man anfing,
statt der nur mit hölzernen Decken versehenen Basiliken, Kirchen mit durchgängig gewölbten
Decken zu bauen, wurde das Mittel-Schiff ziemlich eng angelegt. Aber die allniälig sich aus-
bildende Technik des Wölbens strebte — indem man die günstige Wirkung eines weiten Mittel-
Raumes wohl fühlte — immer mehr dahin, dem Mittel-Schiff eine grössere Weite zu geben;
bis endlich in den (leider sonst in einem schlechten Style gehaltenen) Kirchen der Jesuiten
die gröst-mögliche Wirkung erreicht wurde. Das Mittel-Schiff nimmt hier fast die ganze
Kirchen-Breite ein und den Seiten-Schiffen bleibt eigentlich nur so viel Raum, als die Dicke
der Widerlager des Mittel-Schiff-Gewölbes (nach Abzug der Dicke der Seiten-Mauern)
bedarf. Diese Anordnung vereinigt viele Vortheile: sie bringt den gröst-möglichen Effect
hervor, weil, wie in den Basiliken, mit einem Blicke das ganze Innere zu übersehen ist;
es können — was hinsichtlich des Kosten-Punctes wichtig ist — die weit aus einander ste-
henden und dicken Haupt-Pfeiler aus gewöhnlichen Bruchsteinen aufgemauert werden; endlich
wird, von aussen betrachtet, das höhere Mittel-Schiff nicht so sehr durch die — nur wenig
vortretenden — Seiten-Schiffe verdeckt. Ich hielt um so mehr eine solche Anordnung bei dem
vorliegenden Fall für geeignet, als sich damit leicht Tribunen verbinden lassen, welche die
ungewöhnliche Menschen-Menge, die bei besonders festlichen Anlässen einer bischöflichen
Cathedral-Kirche zuströmt, aufnehmen, ohne dass gerade die Kirche, wenn bei dem gewöhn-
lichen Gottes-Dienst die Tribunen unbevölkert bleiben, leer aussähe.

Wie der zweite Grnndriss zeigt, führen auf jeder Seite der Kirche zwei Treppen zu

diesen Tribunen, welche ununterbrochen im Innern herum laufen und zunächst dem Chor auf

jeder Seite einen schicklichen Raum für die Orgeln — eine grössere und eine kleinere, wie es

in bedeutenden Kirchen gebräuchlich ist — gewähren, von wo aus man auf den Haupt-Altar

15
 
Annotationen