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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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Mourey, Gabriel: Georg de Feure, Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0012

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INNEN-DEKORATION.

zupassen und unter Ludwig XVI. ist die dekorative
Kunst wenigstens bezüglich der Ornamentierung zu
vernünftigen und einfachen Grundsätzen zurück-
gekehrt. Man muss sie verstehen lernen, die Meister-
werke der Handwerker von ehemals die sie für
die königlichen und fürstlichen Residenzen schufen,
kaum zu reden von den unvergleichlich schönen
kleinen Innenräumen des Versailler Schlosses, des
Trianons. In den Museen, in alten Landhäusern
französischer Provinzen gibt es noch diese einfachen
bürgerlichen Zimmer, die geradezu entzückend sind,
mit ihren holzbekleideten Wänden, den grossen
Wandschränken, deren Lhüren so überaus feine
Profilierungen aufweisen, mit ihren Sitzmöbeln,
ihren Stühlen und Tischen von ebenso einfacher
wie harmonischer Linie. Fast keine Bildhauerarbeit,
kein Ornament, alles ist vornehm und in den Propor-
tionen und in seiner Zweckmässigkeit von einem
unbeschreiblichen Reiz, dessen Geheimnis die
Künstler und Handwerker dieser glücklichen Epoche
mit sich ins Grab genommen zu haben schienen.

Es ist traurig zugestehen zu müssen, dass fast
ein ganzes Jahrhundert hindurch dieser Geist der
anmutigen Einfachheiten und einfachen Anmut, der
diesen Werken der oben angeführten Epoche einen
solch hohen Wert verlieh, aus der französischen
Kunst verschwunden war; damit erklärt sich mühelos

die Vorliebe der Leute von feinem Geschmack für
alte Möbel, sowie die eines noch zahlreicheren
Publikums für Kopien — diese niederträchtigen
Kopien — die in so bedauerlicher Weise jeden
Aufschwung zu neuen Ideen hemmte und die be-
klagenswerte Armut der dekorativen Kunst bis in
die letzten Zeiten hinein, die ebenso sehr Ursache
wie Folge dieses Zustandes war.

Da muss man vor allen Dingen George de
Feure bewundern, der wieder an diese schönen
Ueberlieferungen, von denen ich oben sprach, an-
geknüpft hat. In der That ist seine Auffassung
der dekorativen Kunst die gleiche wie sie die besten
Künstler des XVIII. Jahrhunderts gehabt hatten.
Jedoch lässt er sich keineswegs von der Formenwelt,
die uns aus jener Zeit überkommen, beeinflussen;
ebensowenig ordnet er seine Ideen alten Vorbildern
unter; er ist in den Geist, in die Seele jener Werke,
die mit Recht so gefeiert werden, eingedrungen,
um ihnen das Geheimnis der Anmut und Feinheit
zu entreissen. Es ist wohl eher sein Instinkt, wie
sein Wollen, davon bin ich überzeugt, das ihn diese
Auffassung hat finden lassen und die Ursprünglich-
keit seiner Begabung »die Unmittelbarkeit« seines
Talents haben es ihm ermöglicht das zu sein was
er ist — so unbestreitbar modern.

Der »Modernismus« de Feures ist ein Modernis-
 
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