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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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Velde, Henry van de: G. Serrurier-Bovy, Lüttich
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https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0051

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INN EN-DEKORATION.

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in dem Sinn einer Revolution der gotischen Kunst
in Belgien unter dem Einfluss von Charles Albert
und der Schule von St. Luc, in Deutschland unter
dem Einfluss Sempers vollzog) vor dem Auftreten
Serrurier-Bovys und der Ausstellung seines Herren-
arbeitszimmers im Zirkel der »Libre Esthötique« in
Brüssel. Diese Ausstellung fand im Jahre 1894
statt, und Serrurier bestätigt meine Behauptungen
betreffs dieses Gegenstandes in folgender Notiz:

»Ich betrachte als erste Kundgebung des
modernen Mobiliars, von meiner Seite, das Ensemble,
das im Jahre 1894 im ersten Salon der »Libre
Esthetique« ausgestellt war. Ich hatte schon früher
einige schon sehr wenig zahlreiche Versuche ge-
macht, aber abgesehen davon, dass es nur ver-
einzelte, und an sich wenig interessante Gegen-
stände waren, standen sie andererseits zu sehr unter
dem klassischen oder englischen Einfluss, um irgend
einen Wert zu haben. Ich betrachte dies Arbeits-
zimmer, das im Jahre 1894 ausgestellt wurde, als
gänzlich frei von den Reminiszenzen des alten und
des englischen Stils.

Jetzt, wo ich nach 8 Jahren seine Pläne wieder-
sehe, versichere ich Ihnen, ohne irgend welche
Eitelkeit, dass ich noch heute ebenso zufrieden
damit bin, wie am ersten Tage, und wenn ich
seitdem auch Besseres geschaffen habe, schuf ich
nichts, was mir mehr oder ebenso grosse Freude
gemacht hätte. Es wurde mir gesagt und geschrieben,
dass der englische Einfluss sich in meinen Schöpfungen
zu sehr bemerkbar mache; ich glaube aber, dass
das vollkommen falsch ist, denn dieses Ensemble als
erster Versuch weist es aufs Entschiedendste zurück.«

Ich kann nicht umhin, ehe ich fortfahre, eine
Minute bei dem Gedanken zu verweilen, dass eine
grosse eigenartige Freude die Seele dieses Mannes
erfüllen musste am ersten Tage nach der Schöpfung
einer Zimmerausstattung, welche in ihm selbst oder
besser aus der Empfänglichkeit seines Gehirns ent-
standen war, in welches die mächtigen Faktoren,
die ich erwähnt habe, ihren Samen gestreut hatten,
Er hatte die P'urche frei gelegt, das Unkraut und
die Pflanzen ausgejätet, die dort wucherten, und
deren Keime schon von einer früheren Generation
herrührten. Dieses Jätewerk ist sein Eigentum und
ihm muss das Verdienst zuerkannt werden. Ihm
verdanken wir, dass aus der so gesäuberten Furche
die Saat entspross, deren Reichtum und verheissene
Schönheit wir in der Folge geniessen werden.

Ausserdem enthält diese Notiz eine Appellation
an die Kritik. Sie besteht darauf, dass das Gut-
achten, das Serrurier hinstellt, als ob er von der
englischen Kunst »inspiriert« wäre, geändert würde,
und als kräftigen Beweis dafür bringt er uns einen

Beleg: die Reproduktion des Arbeitszimmers von
1894. Dieses Dokument ist in der That ein un-
umstösslicher Beweis; das Mobiliar weist nur wenige
Spuren des englischen Möbels auf, und wodurch die
Kritiker getäuscht und auf Irrwege geführt wurden,
ist einesteils der Grund, dass sie die englische Kunst
nur wenig kannten und geneigt waren, alles »eng-
lisch« zu nennen, was sie nicht kannten, und anderer-
seits, dass das Ornament der Tapeten und Gewebe,
die in diesem Interieur zur Anwendung gekommen
waren, unbestreitbar englischen Ursprunges war.

Für uns lagen andere wenig markante Spuren
darin, welche in nichts den Geist der Schöpfung
beeinflusst hatten; es waren die Füsse aus ge-
drehtem Holz, die in sich die Zeichen einer ver-
gangenen Epoche und eines veralteten Stils trugen.

Serrurier-Bovy machte sich auch von dem Ge-
brauch dieser Rudimente frei und erkannte bald,
dass er durch sie, trotz seiner Bemühungen, noch

serrurier-bovv —lüttich. Etagrre figooj.
 
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